Die Schwesternschaft des Schwertes - 8
beauftragen, Euch ein heißes Getränk zu bringen. Nach einer solchen Reise müsst Ihr doch erschöpft sein.«
Geremy nahm sie also nicht in Empfang. Nun ja, sie hatte es auch kaum erwartet. Ob es ihr gelang, ihm während ihres gesamten Aufenthalts aus dem Weg zu gehen? Wie lange sollte die Einladung überhaupt dauern? »Vielleicht später … Ich möchte jetzt gern Lanilla sehen. Ist sie wach?«
Kurz darauf stand Renata vor der Tür von Lanillas Kammer. Es war die gleiche, die sie schon als Kind bewohnt hatte. Auf ihr Klopfen hin öffnete die alte Annelys - eine kleine Frau, ihr Rücken war noch gerade, doch ihr schwarzes Haar war von silbergrauen Strähnen durchzogen. Renata unterbrach Annelys’ Knicks mit einer Umarmung.
»Ihr habt uns gefehlt, Dame Renata. Seid Ihr möglicherweise für immer zurückgekommen … ?«
Die ehemalige Hausherrin unterbrach sie. »Nur um Lanilla zu besuchen.« Es wäre ihr nicht eingefallen, ihren Entschluss auch nur ansatzweise zu erklären. Annelys hätte ohnehin reagiert wie schon vier Jahre zuvor: Sie hätte den Kopf geschüttelt und gegackert, als hätte ihre Herrin den Verstand verloren.
Renata hörte nur mit halbem Ohr, wie hinter der Kinderfrau die Tür ins Schloss fiel. Lanilla saß in einem mit dicken Kissen gepolsterten Sessel neben dem Bett und machte Anstalten, sich zu erheben. Eilig durchquerte Renata den Raum und ergriff die Hände ihrer Tochter. »Bleib sitzen, Chiya.« Sie beugte sich über Lanilla, um sie zu küssen.
Die junge Frau drehte den Kopf, so dass der Kuss ihre Wange traf.
»Du bist also gekommen, Mutter. Ich wusste nicht genau, ob du die Zeit erübrigen konntest.«
Ein Anflug von Verletztheit und Verärgerung durchfuhr Renata.
Sie schluckte den Impuls herunter, anzumerken, dass Lanilla und nicht sie die letzte Begegnung in einem Streit hatte enden lassen. Sie wollte mich in ihrer Nähe haben, damit ich ihr helfe, meine Enkel aufzuziehen. Junge Leute glauben immer, ihre Eltern seien nur dazu da, es ihnen bequem zu machen. »Auch wenn ich mein eigenes Leben führe, bedeutet es nicht, dass ich dich verlassen habe«, sagte sie so sanft wie nur möglich.
»Was war falsch an deinem Leben hier? Ach, fangen wir nicht wieder damit an.« Lanilla rutschte rastlos hin und her. Renata zog einen kleinen Sessel heran und registrierte bestürzt die Veränderungen ihrer Tochter. Ihr rotbraunes Haar wirkte trocken und leblos, ihre Haut war bleich wie Lehm. Renatas ausgebildetes Auge konzentrierte sich auf Lanillas geschwollene Fußgelenke. Ihr aufgedunsenes Gesicht bot einen heftigen Kontrast zu ihren schlanken Armen.
»Ich habe gehört, dir geht es nicht gut. Was sagt die Hebamme?«
Lanilla legte die Hände auf ihren dicken Bauch. »Sie beharrt darauf, dass ich die nächsten zweieinhalb Monde in dieser Kammer bleibe und mich nur vom Bett zum Sessel und zurück bewege.
Gnädige Göttin, ich kann es jetzt schon nicht mehr ertragen!«
»Wenn es für deine und die Gesundheit deiner Kinder hilfreich ist, musst du es tun«, sagte Renata. Innerlich empfand sie Wut über die unnötigen Schmerzen und die Gefahr. Die Terraner besaßen Arzneien, welche die Gifte neutralisierten, die der Körper einer Schwangeren produzierte. Doch der eh wie je konservative Geremy würde nie zulassen, dass man seine Tochter mit derlei neuen Methoden behandelte. Gareth, Lanillas Mann, war wahrscheinlich ebenso traditionsverbunden.
Als Renata sah, dass Lanilla sich die Stirn rieb, fing ihr rudimentär entwickeltes Laran ein Aufblitzen der chronischen Kopfschmerzen auf, an denen ihre Tochter litt. »Ich werde alles tun, damit diese Schwangerschaft gut verläuft. Ich habe so viele …« Lanilla wischte über ihre feuchten Augen und schluckte ein Aufschluchzen herunter. »Es ist das erste Mal, dass ich es über den dritten Mond hinaus schaffe. Aber ich bin so müde.«
Renata tätschelte ihr die Schulter. »Dann ist es ein gutes Zeichen.
Vielleicht klappt es diesmal wirklich. Aber du darfst dich nicht aufregen. Für Säuglinge ist es schädlich.« Wie konnte Lanilla sich nur Jahr für Jahr dieser Tortur unterziehen? Und warum blieb sie bei einem Mann, der sie zu diesen Leiden zwang? Es gab doch bestimmt genügend elternlose Kinder, die jemanden brauchten und die man adoptieren konnte. Doch da Renata diese Gedanken nicht laut aussprechen konnte, sagte sie: »Jetzt bin ich hier. Ich freue mich, dass du nach mir geschickt hast.«
In Lanillas Augen schwelte Groll. »Es ist schwer zu glauben,
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