Die Schwesternschaft des Schwertes - 8
alles ganz anders aus.«
Inmitten des Durcheinanders, zu dem es am nächsten Tag kam, fielen Shaya ihre Worte ein. Sie schleppte gerade heißes Waschwasser, als jemand an die Tür klopfte. Sie glaubte, es sei der Gerber mit den Fellen, die Caitha auf dem Markt bestellt hatte.
»Mellina, machst du bitte mal auf? Ich habe beide Hände voll.«
Kurz darauf, als sie bis zu den Ellbogen im Seifenschaum steckte, kam Mellina in den Raum zurück. »Shaya, ich glaube, du solltest mal rauskommen. Wir haben ein interessantes Problem.«
Im Empfangsraum saß eine ältere Frau vor dem Feuer. Sie trug ein fein besticktes Gewand mit Pelzbesatz. Ihr Rücken war zwar durchgestreckt, doch sie saß auf dem primitiven Holzstuhl, als sei sie bereit, jederzeit aufzuspringen. Als Shaya eintrat, erhob sie sich.
»Ihr seid sicher Shaya n’ha Margali. Es ist mir eine Ehre, Euch kennen zu lernen, Mestra. Ich bin Magwyn Delleray.«
Die Frau war zwar freundlich und sprach sie mit der gebührenden Höflichkeit an, doch Shaya war bei Frauen, die außerhalb der Gilde standen, an derartige vertrauliche Direktheit nicht gewöhnt. »Woher kennt Ihr denn meinen Namen, Domna?«
»Mein Sohn, Regald Delleray, hat euch dieses Jagdhaus verpachtet. Er wollte zwar anfangs keine Geschäfte mit allein stehenden Frauen machen, aber ich habe ihm verdeutlicht, dass die Entsagenden einen ehrlichen Ruf haben und redliche Geschäfte machen und dass ihr gewiss gute Pächter abgeben würdet.«
Shaya war der Ansicht, dass Regald Delleray seiner Mutter keine Ehre antat. Er hatte versucht, sie bei der Pacht zu übervorteilen.
Aber natürlich durfte man eine Frau nicht nach ihrer männlichen Verwandtschaft beurteilen. Domna Magwyn schien aus anderem Holz geschnitzt zu sein.
»Dann stehen wir in Eurer Schuld, Domna. Wie können wir Euch zu Diensten sein?«
»Nicht ich brauche Hilfe, sondern mein Enkel Dennor. Können wir uns hinsetzen, solange wir uns unterhalten? Die Situation bedarf einiger Erklärungen, und ich fürchte, wenn ich stehe, wird es Euch leichter fallen, mich dorthin zurückzuschicken, wo ich hergekommen bin. Und zwar, bevor ich Gelegenheit hatte, Euch zu bitten, Euch meiner Sache anzunehmen.«
Shaya lächelte. Die Offenheit der Frau gefiel ihr. »Ich verspreche Euch, Domna, weder Ihr noch eine andere Frau wird aus diesem Raum geschickt, bevor wir sie zu Ende angehört haben. Bitte, nehmt doch Platz. Eure Geschichte muss lang sein, denn ich kann mir einfach nicht vorstellen, was wir mit einem kleinen Jungen zu tun haben könnten.«
»So klein ist er nun auch nicht mehr. Er ist fast elf Jahre alt. Und obwohl er früher immer besonders klein und niedlich war, konnte man ihn in letzter Zeit kaum noch zähmen. Ich glaube, er leidet an den ersten Symptomen der Schwellenkrankheit. Seine Mutter hatte Laran, und ich vermute, dass diese Gabe sich natürlich auch auf Dennor auswirkt.«
»Dann solltet Ihr nicht mit uns sprechen, sondern mit einer Leronis aus einem Turm.«
»Natürlich, das ist das Offensichtliche«, sagte Magwyn ungeduldig. »Aber Regald will nichts damit zu tun haben. Er hat selbst kein Laran. Er tut die Ungebärdigkeit seines Sohnes als schlechtes Benehmen ab. Seine Lösung besteht darin, dass er den Jungen verprügelt und ihm Strafarbeiten aufgibt. Er misstraut den Türmen. Er will nicht, dass eine Leronis sein Haus betritt.«
»Ach, der arme Junge!«, warf Mellina ein. Shaya hatte vergessen, dass sie zuhörte und ergriff schnell das Wort, um zu verhindern, dass Mellinas Mitgefühl sie überwältigte und sie mehr als nötig in diese Geschichte einbezog.
»Ja, es ist eine traurige Angelegenheit, aber ich verstehe nicht, wie wir Euch dabei helfen können.«
»Der Junge ist möglicherweise gefährdet«, sagte Magwyn. »Er braucht Schutz und Unterweisung. Ich möchte ihn der Obhut seines Vaters entziehen. Ich werde sagen, er sei mit seinen Vettern auf die Jagd gegangen. Aber ich bringe ihn zu Euch, damit Ihr ihm helft.«
»Domna«, stammelte Shaya. »Es tut mir Leid … Das können wir nicht tun … Ich weiß nicht, wie … Erstens sind Jungen über fünf Jahre in den Gildenhäusern nicht zugelassen. Und selbst wenn wir es täten … Wie kommt Ihr darauf, dass wir ihm helfen können?«
Mellina schaute sie fragend an. Shaya wünschte sich, dass sie damit aufhörte.
»Zunächst einmal«, erwiderte Magwyn, »könnt ihr tun und lassen, was ihr für richtig haltet. Ich kenne den Eid der Entsagenden und weiß, dass er das, worum ich euch
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