Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwesternschaft des Schwertes - 8

Die Schwesternschaft des Schwertes - 8

Titel: Die Schwesternschaft des Schwertes - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
zog weitere stirnrunzelnde Blicke von den Frauen in ihrer Nähe auf sich. Wie gut, dass ich nicht wirklich Varzils Barragana bin. Die Atmosphäre hier ist so eisig, dass sie auch die heißeste Leidenschaft abkühlen würde. Sie lächelte die Frauen an; es war ein absichtlich überlegenes Grinsen, das nur besagte: »Ihr könnt mich wahrscheinlich nicht ausstehen, aber jetzt habe ich die Macht, und das solltet ihr lieber nicht vergessen.«
    Denn genau das, dies wusste sie, würde man von einer teuren Hure erwarten.
    Die Tische füllten sich, der Raum erwärmte sich mit dem Gemurmel der Gespräche und dem Duft des Essens. An der Luke reihte sich das Personal auf, um dampfende Teller und Schalen aus dem Speiseaufzug zu holen. Als die Gerichte an den Tisch kamen, behielt Tayksa sämtliche Lakaien im Auge und suchte nach Anzeichen verstohlener Bewegungen, die vielleicht ein Ausrutschen der Hand anzeigten. Seit Kriegsende war kein Neuling mehr in der Küche angestellt worden - und außerdem hatten sich die dort tätigen Menschen nach der ersten Drohung bereitwillig Varzils Laran geöffnet. Doch das Personal unterlag einer großen Fluktuation, es wäre sehr leicht gewesen, jemanden in ihre Reihen einzuschleusen und wieder verschwinden zu lassen, bevor auch nur irgendwem ein zusätzliches Händepaar auffiel. Auf dem Höhepunkt des Abendessens richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Teller, nicht auf die fleißigen Hände.
    Die meisten verdächtigen Bewegungen erwiesen sich als folgenlos.
    Tayksa war nicht darauf aus, ein Giftattentat zu verhindern. Sie speicherte alles in ihrer Erinnerung, für ein späteres Ereignis, falls es zu einem solchen kam. Wenn sie wusste, woher ein Gericht stammte, wusste sie auch, wer es serviert hatte und ob es irgendeine Stelle gab, an der man es hätte ›veredeln‹ können.
    Dies ging nun ergebnislos seit mehreren Tagen so, doch Tayksa wusste genau, dass ihre Wachsamkeit nicht nachlassen durfte.
    Schließlich hatte sie dieses Spiel einst selbst gespielt …
    Weswegen Varzil seine Mahlzeiten auch kalt einnahm.
    Er musste mit den anderen speisen; alles andere wäre für den Meuchelmörder ein Signal gewesen. Doch auch dafür hatte Tayksa eine Lösung: Varzil ließ zwar zu, dass man ihm eine Portion eines Gerichts vorsetzte, er aß sie jedoch erst, wenn alle anderen den Gang beendet hatten. Einschließlich Tayksa, die wenigstens teilweise immun gegen alle Gifte war, mit denen sie einst hantiert hatte. War ein Gericht vergiftet, würde sie die Wirkung des Stoffes - hoffentlich in abgemilderter Form - wahrnehmen, bevor Varzil es auch nur gekostet hatte.
    Natürlich bedeutete dies, dass der Fürst mehrheitlich kalte und gefrorene Nahrung zu sich nahm.
    »Ich fürchte, Eure Schutzmethoden sind so unerfreulich wie jedes Gift«, sagte Varzil leise zu seiner Beschützerin, während sie mit dem tauben alten Krieger tratschte, der neben ihr saß. Sie fuhr mit einem beständigen Strom dümmlicher Unterhaltung weiter, damit sie auf die Lakaien aufpassen konnte, ohne den Eindruck zu erwecken, dass sie sie beobachtete.
    »Kaum, mein Fürst«, flüsterte sie trocken zurück. »Ihr habt keine Ahnung von diesem Thema, wenn Ihr glaubt …«
    Ihre Kehle zuckte und verschluckte die letzten Worte. Ein Stück weiter am Tisch stand jemand jäh auf und brach ebenso plötzlich zusammen
    Garbenasamen, erkannte sie geistesabwesend und zwang ihre Kehle, sich zu entspannen, als sie sich erneut verengte. Ruft eine Lähmung der Schweißdrüsen hervor … Im gleichen Moment, in dem sie die Substanz identifizierte, fegte sie Varzils Teller mit einer Hand zu Boden, bevor er auch nur einen Bissen zu sich nehmen konnte. Mit der anderen Hand zückte sie ein Messer.

    Der Aufprall von Varzils Teller auf den Steinboden blieb im allgemeinen Pandämonium unbemerkt.
    Die Wirkung des Giftes auf jene, die es verzehrt hatten, wie auch auf jene, die es nicht verzehrt hatten, breitete sich aus. Schon brachen andere Speisende keuchend und mit blau angelaufenen Gesichtern zusammen Der Rest der Anwesenden befand sich in einem Zustand der Panik. Einige bemühten sich tatsächlich, irgendetwas zu tun, doch die meisten führten sich auf wie verängstigte Schafe.
    Es muss im Rabbithorn gewesen sein; vermutlich in der Fennelkornsoße.
    Tayksa blieb genau dort, wo sie war, beobachtete die Menge und suchte nach irgendetwas Ungewöhnlichem. Es war das Mädchen mit den breiten Hüften und dem nichts sagenden Gesicht. Aber ich sehe sie nicht mehr …

Weitere Kostenlose Bücher