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Die schwimmende Stadt

Die schwimmende Stadt

Titel: Die schwimmende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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konnte Mythor eine Entscheidung erzwingen. Das Alter ließ Scida schneller erlahmen und unsicher werden.
    Unvermittelt wirbelte der Krieger der Lichtwelt mit der Spitze des Gläsernen Schwertes sein altes Gewand hoch. Er bekam das Beinkleid zu fassen und schleuderte es Scida entgegen, wobei er ein Ende in der Hand behielt.
    Für einen Augenblick schien die Amazone dadurch verwirrt. Fahrig schnitt ihre Waffe durch die Luft, und beinahe wäre es Mythor gelungen, ihr das Schwert zu entreißen.
    Für die Dauer eines Herzschlags begegneten sich ihre Blicke und ruhten ineinander. Der Sohn des Kometen las Zufriedenheit in Scidas Augen.
    Als sie dann erneut zuschlug, offenbarte sich ihre ganze Stärke. Rein instinktiv wehrte Mythor die rasch aufeinanderfolgenden Hiebe ab. Ihm blieb keine Zeit, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Auch Scida rann der Schweiß in Strömen von der Stirn. Aber ihre Haltung strahlte noch immer Würde und einen unbeugsamen Stolz aus.
    Wieder versuchte Mythor, sie mit einem alten Beinkleid zu treffen und in ihren Bewegungen zu behindern. Wütend ließ sie ihre Klinge in die andere Hand gleiten und durchtrennte das Fell. Scida führte ihr Schwert linkshändig mit ebensolcher Geschicklichkeit wie rechts.
    Zum erstenmal kam ein lautes Lachen über ihre Lippen, das unterbrochen war von keuchenden Atemzügen.
    »Eine gute Klinge allein… wie du sie besitzt… genügt nicht«, stieß die Amazone hervor. »Auf ein geschultes Auge, einen wachen Verstand und vor allem… eine flinke Hand kommt es an.«
    Scida täuschte einen Ausfall vor, warf sich im nächsten Moment herum und hatte die Tür erreicht, bevor Mythor ihr folgen konnte.
    Wieder war er allein. Und er begann sich zu fragen, was die Frau von ihm wollte.
*
    Der Tag verging in quälender Langsamkeit, was zum einen daran liegen mochte, daß weder Scida noch einer ihrer Sklaven sich mehr blicken ließ, zum anderen an der Ungewißheit über das Schicksal seiner Freunde, die Mythor empfand.
    Ein Beuteldrache läßt sich nicht unterkriegen, dachte er bitter. Und Ramoa hat es als Frau ohnehin leichter.
    Mit der hereinbrechenden Dämmerung erklangen gespenstische Laute. Sie waren wie das leise Säuseln des Windes, aber gleichzeitig von einer Ausdruckskraft, die schaudern machte. Keine Sturmbö konnte solche Töne hervorrufen. Sie schienen aus dem Innern Gondahas zu kommen, doch sicher war Mythor sich dessen nicht. Die Schwammwucherungen verzerrten den Klang und machten es unmöglich, die Richtung festzustellen.
    Als der letzte Lichtschimmer der Nacht wich, zog endlich Stille ein. Lediglich das monotone Plätschern der See drang noch von unten herauf in die Höhle.
    Mythor wurde von unguten Gefühlen geplagt, bis er endlich einschlief. Alton hatte er griffbereit neben sich liegen.
    Aber nichts geschah.
    Nur einmal glaubte der Sohn des Kometen, daß feurige Augen ihn anstarrten. Doch der Spuk verschwand, bevor er schlaftrunken aufsprang.
    Schweißgebadet erwachte Mythor am anderen Morgen. Er wußte, daß Träume ihn geplagt hatten, erinnerte sich aber an nichts mehr, was damit zusammenhing.
    Wieder stand Essen für ihn da. Diesmal waren es Früchte, wie er sie nie zuvor gesehen hatte. Sie mundeten ausgezeichnet und stillten auch den Durst.
    Sogar an Fackeln und Feuersteine hatte der nächtliche Besucher gedacht.
    Dieser Tag verlief nicht anders als der vorangegangene. Anfangs wartete Mythor darauf, daß Scida wieder erschien, denn er hatte viele Fragen zu stellen, die ihm auf den Lippen brannten. Später wurde er ungeduldig und begann, mit Alton Scheingefechte zu veranstalten. Es bedurfte wirklich keiner großen Anstrengung, um das Gläserne Schwert weniger mit Kraft als vielmehr mit Geschick und Schnelligkeit zu führen. Beides ließ sich erlernen, wenngleich Zeit und Geduld erforderlich waren.
    Der Abend brach dann schnell herein. Mythor entzündete eine der Fackeln und steckte sie in die eiserne Halterung neben der Tür.
    Während er unverwandt in die Flammen stierte, weilten seine Gedanken bei Scida. Das Verhalten der Amazone gab ihm Rätsel auf. Zweifellos hätte sie ihn abermals töten können. Weshalb sie es nicht getan hatte, wußten die Götter. Sicher nicht, um ihn zu demütigen. Es mußte andere Gründe geben.
    Das Geräusch leiser Schritte schreckte Mythor auf. Das Gläserne Schwert in der Rechten, wartete er.
    Schließlich wurde die Tür aufgestoßen. Es war tatsächlich Scida, die kam. Von ihrer Rüstung trug sie nur das leichte Kettenhemd und

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