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Die schwimmende Stadt

Die schwimmende Stadt

Titel: Die schwimmende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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»sollst mir folgen.«
    »Wohin? Wenn jemand etwas von mir will, so soll er herkommen.«
    Ein scheuer Blick in Richtung Galee. Mythor verstand, daß der Mann davor zurückschreckte, in ihrer Gegenwart zu sprechen. Dennoch zögerte er. Genausogut konnte es sein, daß man ihm eine Falle stellte. Abschätzend wog er Alton in der Hand.
    »Wer bist du?«
    »Komm endlich!« drängte der Mann.
    Gar nicht weit entfernt hob wütendes Geschrei an. Es mochten zwei Dutzend Frauen sein, die schwertschwingend heranstürmten. Ein Rachedämon hätte nicht hämischer lachen können, als Galee es in diesem Augenblick tat.
    »Sie werden dich töten«, hauchte der Sklave erschrocken. »Ihre Übermacht ist zu groß.«
    »Ja«, höhnte Galee. »Fliehe nur. Du wirst dich nicht lange vor uns verbergen können.«
    Mythor hob das Schwert auf, das er ihr aus der Hand geschlagen hatte, und gab es dem Mann. Es war wirklich an der Zeit, zu verschwinden, denn die ersten der Angreiferinnen waren bereits bis auf weniger als dreißig Schritte heran.

2.
    Der Sklave, von dem Mythor nicht einmal wußte, wie er ihn nennen sollte, hastete vor ihm her. Es gab einen schmalen Pfad zwischen den Klippen, gerade breit genug, daß sie sich hindurchzwängen konnten.
    Gondaha, die sich von hier aus in überraschender Größe darbot, lag halb im aufsteigenden Dunst verborgen. Der Himmel war mittlerweile fast wolkenlos und erstrahlte in hellem Blau. Die Sonne brannte hoch vom Zenit herab; ihre Strahlen leckten gierig über die See.
    Wie feiner Nebel hingen Wasserschleier in der Luft. Mythor konnte nur ahnen, was hinter ihnen lag. In der Nähe sah er von Ranken und blühenden Pflanzen überwucherte Hütten, die sich eng an die Felsen schmiegten.
    Die Schwimmende Stadt schien durchwegs aus schwammähnlichen Wucherungen zu bestehen, die eine endlose Kette von Hügeln bildeten, hin und wieder unterbrochen von größeren Erhebungen oder langgestreckten Senken.
    Der Sklave verließ den ausgetretenen Pfad und führte Mythor durch verfilztes Gestrüpp einen sanft abfallenden Hang hinunter. In der Mulde hatte sich Humus angesammelt, der den verschiedensten Pflanzenarten ein üppiges Gedeihen ermöglichte. Da waren Ranken, die schlangengleich über den Boden peitschten, vor den Herannahenden aber zitternd verharrten. Ihre Blätter legten sich dabei eng an den Strunk und nahmen eine schmutzigbraune Färbung an wie verdorrtes, saftloses Holz. Dazwischen reckten sich weit ausladende Bäume in die Höhe, deren Laub gläsern schimmerte und dem Wind eine eigentümliche Melodie anvertraute.
    Mythor bemerkte, daß sie deutliche Spuren hinterließen. Die Abdrücke füllten sich schnell mit Wasser, das von unten her durch das Erdreich einsickerte.
    »Wir müssen auf festeren Boden ausweichen«, sagte er.
    Aber der Sklave schüttelte nur den Kopf.
    »Noch nicht.«
    Manchmal, wenn der Gesang der Bäume leiser wurde, hörte Mythor Geräusche, die eindeutig von den Verfolgerinnen stammten. Die Frauen bahnten sich rücksichtslos mit ihren Waffen einen Weg durch das Unterholz. Zweifellos kamen sie dabei immer näher.
    An einer Stelle umsäumten Büsche eine fast kreisrunde Lichtung. Zwischen ihnen war der meist bräunlich bis weiß gefärbte Schwamm von Algen und Flechten überwuchert, wie man sie sonst nur an den Küsten der Meere fand oder an den Wracks von Schiffen, die seit langer Zeit im Wasser lagen.
    Der Insulaner hob Galees Schwert, hielt es einen Moment lang wie andächtig vor seine Augen und stieß es dann ruckartig in ein Loch im Boden, das von Kalkablagerungen umgeben war. Mythor kam zu spät, um ihn daran zu hindern.
    »Was tust du?« fuhr er den Mann zornig an.
    »Die Götter des Meeres werden unsere Spuren verwischen und Galee und ihre Meute aufhalten«, erwiderte der Sklave ernst. Er ließ sich auf die Knie sinken und murmelte unverständliche Beschwörungen.
    Mythor zerrte ihn zurück.
    »Was soll der Unfug?« heischte er.
    Stumm schüttelte der Insulaner den Kopf. Den Bruchteil eines Herzschlags später begann es im Innern der Schwimmenden Stadt zu rumoren. Ein Tosen und Brodeln hob an, als würde eine aufgewühlte See Gondaha verschlingen wollen. Dabei war es nahezu windstill geworden.
    An verschiedenen Stellen zischte Wasserdampf aus dem Boden hervor. Mythor fühlte heftiger werdende Erschütterungen und begriff, daß der Sklave mit seinem Handeln irgendeinen Zauber ausgelöst hatte. Er folgte ihm, der sich unverhofft losriß, um mit weitausgreifenden Sätzen

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