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Die schwimmende Stadt

Die schwimmende Stadt

Titel: Die schwimmende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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davonzurennen.
    Donnernd schoß eine gigantische Fontäne in den Himmel und erhob sich schäumend weit über die Wipfel der Bäume hinaus, bevor sie auseinanderfiel und in dicken, schweren Tropfen herabregnet. Dampfschwaden krochen gleich einem unersättlichen Molch nach allen Seiten.
    Mythor fühlte Spritzer auf Gesicht und Händen. Sie brannten wie Feuer und verursachten eine deutliche Rötung.
    Heißes Wasser?
    »Wir müssen weiter«, drängte der Insulaner ungeduldig. »Dieser Ausbruch ist zu heftig, als daß er lange anhalten würde.«
    Blumen von bunter Farbenpracht säumten nun ihren Weg. Dicht beieinander lagen die riesigen Blütenblätter, denen ein süßer Duft entströmte. Mythor hatte das Gefühl, daß sie sich unter seinen Schritten zusammenzogen, um ihn festzuhalten. Blütenstaub färbte seine Beinkleider gelb.
    Hinter einer kleinen Anhöhe erstreckte sich eine Ansammlung unscheinbarer Gebäude. Sie verschmolzen nahezu mit ihrer Umgebung zu einer Einheit. Der Schwamm hatte begonnen, an ihnen emporzuwachsen, und mit ihm kamen Pflanzen, die auf den flachen Dächern wucherten.
    Die Häuser wirkten verlassen, obwohl manches darauf hindeutete, daß sie bis vor kurzem noch bewohnt gewesen waren. Fenster und Türöffnungen hatte man fein säuberlich aus der porösen Masse herausgeschnitten. Erst mit der Zeit würden diese wieder zuwachsen.
    Der Sklave näherte sich einem abseits gelegenen Hügel. Vorsichtig folgte Mythor ihm. Noch war er nicht bereit, dem Mann bedingungslos zu vertrauen.
    Der hatte inzwischen die nur wenig mehr als mannshohe Erhebung umrundet. Hinter einem dichten Vorhang aus Moosen und Lianen zeichnete sich undeutlich eine Öffnung ab. Mythor mußte sich bücken, um hindurchzukommen, und er glaubte, kaum daß er den Schritt getan hatte, in eine andere Welt gelangt zu sein.
    Nicht nur, daß fremdartige Gerüche ihn umfingen – ein Gleißen und Funkeln, wie das Meer es bei Sonnenaufgang zeigte, erfüllte den Raum.
    »Hier sind wir vorerst sicher«, sagte der Sklave und ließ sich niedersinken. »Keine der Frauen weiß von dem Versteck.«
    Mythor sah sich um. Verschiedentlich standen noch die Bambusstangen, die das Dach der Hütte trugen und gleichzeitig fest mit dem Wandgeflecht verknüpft gewesen waren. Zwischen ihnen wucherte der Schwamm. Planzensäfte hatten das Holz aufgelöst und hauchdünne aber anscheinend äußerst widerstandsfähige Gespinste entstehen lassen. Von außen wirkten sie wie natürlicher Fels.
    »Nicht!« rief der Sklave entsetzt, als Mythor eine Hand nach der Wand ausstreckte. »Es lebt und würde dir jede Berührung übelnehmen.«
    Winzige Tropfen einer Flüssigkeit schwebten in dem zarten Geflecht wie Tau im Netz einer Spinne. Von draußen hereinfallendes Licht ließ sie aufflammen und brach sich im Farbenspiel des Regenbogens in ihnen.
    »Sieh nicht hin«, warnte der Insulaner. »Mit der Zeit verwirren sich sonst deine Sinne.«
    Herausfordernd stemmte Mythor die Hände in die Hüften.
    »Was willst du eigentlich?« fauchte er. »Bis hierher bin ich dir gefolgt, ohne zu fragen – nun habe ich genug. Während du mich in die Irre führst, müssen meine Freunde vielleicht sterben, weil ich ihnen nicht helfen kann.«
    »Ich bitte dich, sei leise.« Der Sklave hob beschwichtigend die Hände. »Alles hat seinen Grund.«
    »Welchen?« platzte Mythor heraus. Mit zwei schnellen Schritten war er bei dem Mann, der über einen Kopf kleiner war als er, packte ihn an den Schultern und hob ihn hoch. »Ich habe es satt, ins Ungewisse zu rennen. Entweder sagst du mir endlich, wer du bist und was du von mir willst, oder ich werfe dich Galee und den anderen vor. Ich bin sicher, daß sie ihren Spaß an dir haben würden.«
    »Bei allen Dämonen der Finsternis, schrei nicht so herum«, bat der Insulaner in fast flehentlichem Tonfall. »Ich sage dir, was du wissen willst, aber schweig endlich.«
    Mythor entließ ihn aus seinem Griff. Täuschte er sich, oder war das Licht im Innern der Hütte dunkler geworden?
    »Ich bin Jerka, ein Sklave der Scida«, begann der Insulaner leise. »Ich soll dich zu meiner Meisterin bringen.«
    »Woher weiß sie…?«
    »Es spricht sich schnell herum, daß Schiffbrüchige aus dem Wasser gezogen wurden. Scida war ganz in eurer Nähe, als sie mich losschickte. Stimmt es, Honga, daß du ein Heroe der Tau bist?«
    Mythor nickte.
    Von draußen ertönte lautes Rufen. Wortlos wandte Jerka sich um und hastete zu einem schmalen Spalt im Schwamm, durch den er mehr recht

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