Die See Der Abenteuer
möglich, daß jemand in der Nähe ist, der uns kennt. Und dann geht die Reise los.«
Das klang alles recht aufregend und geheimnisvoll.
Man hätte fast glauben können, daß ihnen wieder einmal ein Abenteuer bevorstände. Die Kinder hätten auch nichts dagegen gehabt, aber was sollte sich schon auf den einsamen Inseln ereignen? Dort gab es ja nur Vögel, Vögel und nochmals Vögel.
Gegen Abend schlüpfte Bill aus dem Haus. Niemand hatte ihn gesehen. Nicht einmal Fräulein Baum, die sich in dem kleinen Ankleideraum neben Frau Mannerings Zimmer eingerichtet hatte, wußte von seiner Anwesenheit im Hause. Die Kranke hatte Bill versprechen müssen, kein Wort von ihm zu erwähnen, um ihn nicht in Gefahr zu bringen. Sie war den ganzen Tag über so schläfrig, daß sie keinen klaren Gedanken zu fassen vermochte. War Bill nun eigentlich wirklich dagewesen, oder hatte sie das nur geträumt?
Die Kinder begannen eifrig zu packen. Sonntagskleider waren überflüssig. Sie brauchten Shorts und Pullover, Turnschuhe, Badeanzüge und Regenmäntel und dazu ein paar Handtücher. Ob sie auch Wolldecken mitnehmen sollten? Bill hatte nichts davon erwähnt, wo sie schlafen würden. Vielleicht in Zelten? Das wäre herrlich! Sie beschlossen, ohne Decken zu fahren. Bill würde schon für alles Notwendige sorgen.
»Ferngläser — Notizbücher — Bleistifte — Fotoapparat — und ein Tau«, zählte Jack auf, um nur ja nichts zu vergessen.
Lucy sah ihn erstaunt an. »Ein Tau? Wozu denn das?«
»Zum Erklettern der Felsen, wenn wir die Vogelnester untersuchen wollen«, erklärte Jack.
»Na, du kannst ja meinetwegen Felsen erklettern, wenn du willst, aber ohne mich!« Lucy schauderte. »Ich danke dafür! Steile Felsen zu erklettern — nur mit einem Strick um den Bauch — und kaum ein Plätzchen, wo man die Füße hinsetzen kann.«
»Kiki hat deinen Bleistift genommen!« rief Dina. »Sei nicht so ungezogen, Kiki! Sonst nehmen wir dich nicht mit zu den Lunden.«
»Lunde, Hunde, Runde, Kunde«, plapperte Kiki und lachte begeistert. »Lunde, Hunde ...«
»Hör auf damit!« rief Dina.
Da nahm Kiki eine gerade Haltung an und schmetterte:
»Gott erhalte den König!«
Lucy kicherte. »Was werden bloß die Vögel auf den Inseln von ihm denken? Hör mal, Jack, sollten wir Kiki nicht lieber in einen Korb packen? Du weißt doch, wie er sich unterwegs immer benimmt. Bald schreit er ‘Vorsicht!’, bald macht er eine Signalpfeife nach, bald sagt er allen Leuten, sie sollen sich die Füße abwischen.«
»Ach, ich denke, er kann auf meiner Schulter reisen«, sagte Jack. »Wir werden ja im Schlafwagen fahren. Hör jetzt endlich auf zu krächzen, Kiki! Du sollst nicht immerzu Faxen machen.«
»Ungezogener Polly!« krähte der Papagei. »Klimmerkit-schikatscha Bombamirabelladikaraffa.«
Philipp warf ein Kissen nach ihm, und Kiki zog sich beleidigt auf die Gardinenstange zurück. Die Kinder wurden es nicht müde, über die bevorstehenden Ferien zu sprechen.
»Was für ein Glück, daß wir mit Bill fahren können!«
meinte Jack. »Das wird bestimmt viel netter als mit Dr.
Johns. Ob wir wohl ein eigenes Boot haben werden? Ach, wie freue ich mich auf die nächsten Wochen! Vielleicht sehen wir sogar einen Riesenalk.«
»Du mit deinem Riesenalk!« Philipp zuckte die Achseln.
»Fang nur nicht wieder davon an. Du weißt doch ganz genau, daß die Riesenalke ausgestorben sind. Aber vielleicht sehen wir Eisalke oder Tordalke, ganz bestimmt aber Tausende von Lummen.«
Der nächste Tag wurde den Kindern furchtbar lang.
Frau Mannering verschlief die meiste Zeit. Fräulein Baum ließ die Kinder nicht einmal zu ihr herein, um sich zu ver-abschieden.
»Wir wollen die Kranke lieber nicht stören«, sagte sie.
»Ich werde Grüße von euch bestellen. Und denkt daran, regelmäßig zu schreiben. Ist das etwa schon das Taxi?
Ich komme noch mit hinaus.«
Da kam das Taxi wirklich schon vorgefahren. Die Kinder stürzten, mit ihrem Gepäck beladen, darauf zu. Nun ging es zuerst nach London. Dort würden sie Dr. Walker treffen und dann Hunderte von Kilometern immerzu nach Norden fahren. Diesmal würden sie zwar keine Abenteuer, dafür aber herrliche Ferien mit ihrem Freund Bill erleben.
»Alle Mann an Bord!« rief Kiki mit tiefer Stimme, so daß der Taxifahrer erschreckt zusammenfuhr. »Eins, zwei, drei, los!«
Wir fahren weit...
Mit Koffern und Mänteln beladen, steuerten die Kinder auf die Stelle des Bahnhofs zu, an der sie sich mit Bill verabredet hatten.
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