Die See Der Abenteuer
Er war noch nicht da, und so warteten sie auf ihn.
Philipp sah sich vorsichtig um. »Stellt euch bloß vor, einer von Bills Feinden hätte herausbekommen, daß wir uns hier mit ihm treffen wollen. Vielleicht kommt er plötzlich auf uns zu und sagt, er wäre Bill. Und dann nimmt er uns mit, und wir verschwinden für immer.«
Lucys Augen wurden ganz groß. Entsetzt starrte sie Philipp an. »Ach du lieber Himmel! Glaubst du wirklich, daß das passieren könnte? Ich hoffe doch, daß wir Bill erkennen werden, sonst hätte ich Angst, mitzugehen.«
In diesem Augenblick kam ein großer, dicker Mann lächelnd auf die Kinder zu. Alles an ihm war groß, der Kopf, der Körper und die Füße, ja sogar die Zähne. Lucys Herz begann wie rasend zu schlagen. Konnte das Bill sein? Es war doch wohl nicht gut möglich, daß er sich so groß und dick machen konnte. Gehörte der Mann etwa zu der Bande, die Bill verfolgte? Voller Angst griff sie nach Philipps Hand.
»Kleines Mädchen«, sprach der Dicke sie an.
»Dein Mantel liegt hinter dir auf der Erde. Hebe ihn auf, sonst ist er nachher weg!«
Bei den ersten Worten wurde Lucy ganz bleich. Dann drehte sie sich um, sah den Mantel auf dem Boden liegen und hob ihn auf. Feuerrot geworden, stammelte sie ein paar Worte des Dankes.
Der große Mann lachte. »Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Ich fresse dich bestimmt nicht.«
Er sah aber eigentlich ganz danach aus, fand Lucy und versteckte sich hinter Jacks Rücken.
»Weg ist das Wiesel!« bemerkte Kiki treffend.
»Das scheint ein recht kluger Vogel zu sein.« Der Mann streckte seine Hand aus, um Kiki zu streicheln. Kiki hackte jedoch mit dem Schnabel nach ihm und pfiff dann wie eine Lokomotive.
Sogleich verschwand das wohlwollende Lächeln von dem Gesicht des Mannes. »Das Tier ist ja gefährlich«, brummte er ärgerlich und verschwand in der Menge.
Die Kinder atmeten auf. Sie glaubten nicht im Ernst daran, daß er zu der Verbrecherbande gehörte, das hatte Philipp ja nur zum Spaß gesagt. Aber wenn er sie in ein längeres Gespräch verwickelt hätte, hätte Bill es nicht wagen können, sich ihnen zu nähern. Suchend blickten sie sich nach ihrem Freund um, konnten jedoch niemand entdecken, der ihm auch nur im entferntesten ähnlich sah.
Da kam plötzlich ein leicht vornüber gebeugt gehender Mann mit schlurfenden Schritten auf sie zu. Er hatte einen schwarzen Bart, war mit einem langen Mantel und einer karierten Mütze bekleidet und trug ein Fernglas über der Schulter. Durch eine Brille mit sehr dicken Gläsern blickte er aufmerksam umher.
»Guten Tag, Kinder!« begrüßte er sie. »Ich freue mich, daß ihr pünktlich seid. Nun kann unsere Expedition also beginnen.«
Lucy strahlte über das ganze Gesicht. Das war Bills gute, warme Stimme. Trotz des Bartes und der merkwürdigen Aufmachung hatte sie ihn sofort erkannt. Schon war sie im Begriff, ihm vor Freude um den Hals zu fallen. Aber Jack, der nichts Gutes ahnte, schob sie rasch beiseite und streckte Bill höflich die Hand entgegen. »Guten Abend, Dr. Walker!«
Die anderen Kinder folgten seinem Beispiel. Jeder un-befangene Zuschauer mußte annehmen, daß hier vier Kinder ihren Lehrer begrüßten, der sie auf eine Reise begleitete.
»Kommt, wir gehen hier entlang«, sagte Dr. Walker.
Dann rief er einen Gepäckträger herbei. »Bitte laden Sie dieses Gepäck auf Ihren Handwagen und bringen Sie es zum Zehnuhrzug. Danke sehr!«
Bald befanden sie sich in dem Nachtexpreß. Die Kinder jubelten, als sie die kleinen ‘Schlafzimmer’ erblickten.
Lucy war besonders begeistert davon, daß sich alle Gegenstände nach oben, nach unten und zur Seite klappen ließen, so daß nichts im Wege stand.
»Ich hoffe, ihr werdet hier gut schlafen. Dr. Walker wird euch morgen früh rechtzeitig wecken.« Bill sah die Kinder lächelnd durch die dicken Brillengläser an.
»Wo geht die Reise denn nun hin?« fragte Jack.
»Wir fahren immerfort nach Norden, und zwar zuerst mit diesem Zug, dann noch mit einem anderen und schließlich mit einem Motorboot«, erzählte Bill den Kindern, die mit leuchtenden Augen zuhörten. Nachdem er sich versichert hatte, daß die Tür auch richtig zu war, zog er eine Karte aus der Tasche. »Hier ist eine Karte von den vielen kleinen Inseln, die an der Nordwestküste von Schottland verstreut liegen. Es sind Hunderte, manche davon so klein, daß sie nicht einmal auf der Karte zu finden sind. Sie sind fast unbekannt und nur von Vögeln bewohnt. Ich schlage vor,
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