Die Seele des Feuers - 10
wollen.
»Vielleicht sollte ich…« Richard schloß den Mund sofort wieder, als ihn Kahlans argwöhnisch funkelnder Blick traf. Er räusperte sich.
»Ich wollte sagen, wir haben keinerlei Geheimnisse voreinander.« Richard nahm seine Ausrüstung vom Boden auf. »Kahlan ist stets willkommen, mich zu begleiten. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Gehen wir.«
Chandalen nickte und machte kehrt, um sie ihrem Schicksal entgegenzuführen. Richard glaubte zu sehen, wie der Mann die Augen verdrehte, als wollte er sagen: »Und behaupte nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
Richard vermochte zehn von Chandalens Jägern zu erkennen, die den sieben ihnen entgegenkommenden Reisenden folgten, während drei weitere Jäger ein Stück weit entfernt die Flanken sicherten und die Fremden auf diese Weise umzingelten, ohne übermäßig bedrohlich zu wirken. Die Jäger der Schlammenschen schienen die Fremden lediglich zu begleiten und zu führen, doch Richard wußte, sie waren bereit, auf das geringste Anzeichen von Feindseligkeit hin anzugreifen. Bewaffnete Außenstehende auf dem Gebiet der Schlammenschen waren wie Zunder kurz vor einem Gewitter.
Richard hoffte, daß auch dieses Unwetter abziehen und einen blauen Himmel zurücklassen würde. Kahlan, Cara und Richard eilten hinter Chandalen durch das feuchte, junge Gras.
Chandalens Männer bildeten die erste Verteidigungslinie der Schlammenschen. Daß fast jeder einen weiten Bogen um das Gebiet der Schlammenschen machte, sprach für ihre Erbarmungslosigkeit im Kampf.
Und doch riefen Chandalens geschickte und tödliche Jäger, die gegenwärtig zu einer Eskorte geworden waren, bei den sechs Männern in ihrer weiten Flachskleidung nicht mehr als eine gleichgültige Unbekümmertheit hervor. Irgend etwas an dieser Gleichgültigkeit gegenüber der Tatsache, daß sie umzingelt waren, forderte Richards Erinnerungsvermögen heraus.
Als die näherkommende Gruppe so nahe war, daß Richard sie mit einem Schlag erkannte, hielt er kurz inne.
Ein paar Augenblicke lang mußte er ganz genau hinsehen, bis er glauben konnte, was er sah. Endlich verstand er die furchtlose Unbekümmertheit, die sie Chandalens Männern entgegenbrachten. Er konnte sich nicht vorstellen, was diese Männer so fern ihrer Heimat machten.
Die Männer waren alle auf dieselbe Weise gekleidet und trugen dieselben Waffen. Obwohl Richard nur einen mit Namen kannte, waren sie ihm alle bekannt. Diese Leute hatten sich einem Ziel verschrieben, das vor Jahrtausenden von ihren Gesetzgebern – den Zauberern im Großen Krieg, die ihre Heimat eingenommen und das Tal der Verlorenen geschaffen hatten, um die Neue Welt von der Alten zu trennen – festgelegt worden war.
Ihre schwarzgriffigen Schwerter mit ihren typisch gekrümmten, zu den abgeschrägten Spitzen hin breiter werdenden Klingen blieben in den Scheiden stecken. An einem Ring am Schwertknauf eines jeden Mannes war eine Schnur befestigt; deren anderes Ende führte, als Vorsichtsmaßnahme gegen das Verlieren der Schwerter im Kampf, in einer Schlaufe um den Hals des Schwertkämpfers. Zusätzlich führte jeder der sechs Speere und einen kleinen, runden schmucklosen Schild mit. Richard hatte bereits gleichermaßen gekleidete und bewaffnete Frauen gesehen, die sich denselben Zielen verschrieben hatten, diesmal jedoch handelte es sich ausschließlich um Männer.
Für diese Männer war das Üben mit dem Schwert eine Kunst. Hatten sie tagsüber nicht die nötige Zeit gefunden, praktizierten sie diese Kunst bei Mondschein. Der Umgang mit den Schwertern kam einer religiösen Andacht gleich, der sie mit geradezu frommer Hingabe nachgingen. Diese Männer waren Meister der Klinge.
Die siebte, eine Frau, war anders gekleidet und nicht bewaffnet – zumindest nicht im üblichen Sinn.
Richard war nicht besonders gut darin, diese Dinge nach dem Augenschein einzuschätzen, ein kurzes Nachrechnen ergab jedoch, daß sie mindestens im sechsten Monat schwanger sein mußte.
Ein dichter Schopf schwarzen Haars umrahmte ihr wunderschönes Gesicht, und ihr Auftreten verlieh ihrem Gesichtsausdruck, besonders ihren dunklen Augen, eine gewisse Gereiztheit. Im Gegensatz zu den weiten Männerkleidern aus schlichtem Tuch trug sie ein knielanges Kleid aus fein gewobenem, in einem satten Erdton gefärbten Flachs, der an der Taille von einem Wildledergürtel gerafft wurde. Die Gürtelenden waren mit grob geschliffenen Edelsteinen verziert.
An den Außenseiten der Arme und quer über den Schultern wies das
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