Die Seele des Ozeans (German Edition)
Führung, lachte, bis ihr fast die Seiten zerrissen, und keuchte auf, als er sie plötzlich an ein kaltes Geländer drückte.
Der Hafen.
Sie waren irgendwie bis zum Hafen gekommen. Wo war ihr Auto? Wie sollte sie überhaupt …
Kjell küsste sie. Er küsste sie wilder als je zuvor, und Faes Sinne verwandelten sich in einen Schwarm jubilierender Lerchen, die singend in den Himmel hinaufstoben.
Es nieselte wieder. Egal.
Der Wind war eiskalt. Egal.
Sie war hoffnungslos beschwipst. Völlig egal.
So warm war seine Haut noch nie gewesen. Er glühte. Er kochte. Roch nach scharfem, süßem Zimt, Muskat, Kandis und Rum.
Fae stöhnte auf, als er ihre Taille umfasste und sie auf das Geländer hob. Ihre Beine schlangen sich um seine Hüften, kalter Herbstwind zerzauste ihr Haar und trocknete den Schweiß auf ihrer Haut.
Immer verlangender wurden seine Küsse, so hungrig, als wolle er sie sich einverleiben.
Hände kneteten ihre Brüste, streichelten ihre Schenkel und wanderten dazwischen, bis Schwindel und Lust ihr schier die Sinne nahmen.
Es war ihr gleich, was geschehen würde. Alles war ihr gleich. Ihr eigenes Keuchen in den Ohren, verlangte es sie nur noch nach einem:
Sich völlig fallenzulassen.
Fae wollte ihn, nur noch ihn, aber plötzlich fuhr eine unbeschreibliche Kälte durch ihren Körper und löschte das Feuer, als wäre eine eisige Flutwelle über sie hinweggebrandet.
Kjell umfasste mit beiden Händen ihren Hals und verschlang ihre Lippen noch immer mit Küssen. Aber etwas war anders. Fae sah, dass seine Augen einen kleinen Spalt offenstanden, und das türkisfarbene Feuer darin war kalt wie gefrorenes Meerwasser, scharf wie Frostkristalle und unfassbar wild.
Eis schien durch ihre Adern zu treiben. Etwas zog an ihr, wollte sie fortreißen, in einen erstickenden Strudel, aus dem es kein Entrinnen mehr gab. Aus Kjells Kehle kamen leise, knurrende Geräusche. Seine Haut war nicht länger warm, sondern eiskalt und seltsam leblos. Er hielt sie so fest gepackt, dass es schmerzte.
„Nein“, hauchte Fae. „Nein.“
Tatsächlich gab er sie frei, doch der Blick, mit dem er auf sie hinabsah, spottete jeder Beschreibung. Wieder klafften reptilienhafte Pupillen in Seen aus funkelndem Türkis und Silber, tierhaft und glühend. Sein verstandsloser Blick bohrte sich in ihre Seele, als sei sie ein hilfloser Fisch im Schlund eines übermächtigen Räubers.
Was bist du? Was zum Teufel bist du?
Kjell kniff die Augen zusammen, schüttelte den Kopf und stieß sie von sich. Die schreckliche Gier in seinem Blick wich der Verwirrung. Es war, als kämpften in seinem Inneren zwei Geschöpfe um die Macht.
Der Mann, den sie liebte.
Und ein Wesen, so fremd und gefährlich, dass es keine Worte gab, um es zu beschreiben.
„Ich muss gehen.“ Seine Hände zuckten hoch und legten sich auf seine Schläfen. „Jetzt. Sofort.“
Vier Menschen tauchten in der Dunkelheit auf, doch Kjell kümmerte es nicht. Er zog das Jackett aus, fetzte sich das Hemd vom Körper, entledigte sich der Hose, der Unterwäsche, der Schuhe und Socken.
Sprachlos nahm Fae das Bündel, das er ihr reichte.
„Es tut mir leid.“
Da war er wieder. Der vertraute Kjell.
Doch kaum hatte sein sanfter Blick ihre Angst gemildert, fegte frostige Kälte alle Wärme beiseite. Der Fremde gewann erneut die Oberhand. Wilde, fremdartige Augen starrten sie an.
„Kjell …“, flüsterte sie, doch er war schon über das Geländer geklettert und blickte in das schwarze, schwappende Wasser hinunter. Yachten und Boote rumpelten aneinander, auf einigen brannte Licht, das sich im Hafenbecken spiegelte.
Noch einmal wandte er sich zu ihr um, griff nach ihr und zog sie an sich. Kalte Eisenstangen drückten sich in ihr Fleisch. Fae spürte eine Welle heißer Angst, doch ließ sie diese Angst diesmal nicht zurückschrecken, sondern fachte eine fatalistische Lust an, die alles übertraf, was sie je gespürt hatte. Sie loderte und tobte, ließ alle Vernunft in einem infernalischen Feuerwerk verglühen.
Er war so kalt, so fremdartig.
Sie fürchtete sich, und wollte ihn doch nicht gehen lassen.
Denn wenn sie ihn jetzt losließ, würde er für immer verschwinden.
Als Kjell sich mit einem Ruck von ihr löste, konnte sie nichts dagegen tun. Kopfüber sprang er in das Wasser, gerade in dem Moment, in dem die Menschen sie erreichten. Zwei Männer und zwei Frauen starrten zuerst auf das Wasser, dann auf sie und das Kleiderbündel.
„Was war das denn?“, hörte Fae einen der
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