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Die Seelenjägerin - 1

Die Seelenjägerin - 1

Titel: Die Seelenjägerin - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Zeichen.
    »Außerdem«, sagte er leise, »kehrten die Monde einander den Rücken. Wie hätte es also Wirklichkeit sein können?«
    »So ist es«, flüsterte sie.
    Dann stand sie einfach nur da. Die Bäume ächzten leise im Wind; eine einzelne Eisträne fiel zu Boden und zerschellte. Plötzlich überfiel ihn der Wunsch, sie in die Arme zu nehmen und sanft auf die Stirn zu küssen wie ein Kind. Um sie zu trösten. Aber das war nicht seine Art … und auch nicht die ihre.
    »Danke«, flüsterte sie. Ein Hauch nur. Dann zog sie sich die Kapuze wieder über den Kopf, hüllte sich in die Schatten der Nacht, bis sie mit ihnen verschmolzen war, und entschwand langsam seinen Blicken. Er wartete schweigend und reglos, bis er sie nicht mehr sehen konnte, und kostete die letzten Augenblicke ihrer Gegenwart aus. Würde er ihr im wirklichen Leben noch einmal begegnen? Am Himmel wurden die blutroten Monde bleich und silbrig, und unten warfen die Kiefern ihre Eismäntel ab. Die Welt wurde wieder normal.
    Nur der Schmerz in seinem Herzen blieb, und er war schlimmer als alle körperlichen Schmerzen jemals sein konnten.
    Geh mit den Göttern , dachte er.

Kapitel 23
    Der Palast der Hexenkönigin leuchtete im Sonnenlicht wie ein Fanal, die äußeren Kolonnaden strahlten so hell, dass man sie kaum ansehen konnte. Das elegante Gebäude stand, vor dem Türkisblau und den weichen Wolken des Spätsommerhimmels schon aus meilenweiter Ferne zu erkennen, auf einer Bergkuppe über der Hafenstadt Sankara. Friedlich, dachte Colivar. Hier sah es immer friedlich aus.
    Vor seiner Ankunft war es drei Tage lang windstill gewesen, deshalb lagen im Hafen viele verschiedene Schiffe, die auf die Durchfahrt durch die Meerenge ins Ostmeer warteten. Von den Gärten oben auf der Klippe aus betrachtet, wirkten sie wie ein Schwarm weißer Vögel, die mit dem Wellenschlag sanft auf dem Wasser auf und ab hüpften. Einige Kapitäne hatten sicherlich eine Hexe oder einen Magister in ihrem Bekanntenkreis, den sie um Wind hätten bitten können, aber entweder wollten andere Zauberer, dass es ruhig blieb, und hatten entsprechende Bemühungen vereitelt, oder man fand sich eben damit ab, dass man warten musste. Warum auch nicht? Die Stadt war schön und seit Jahrhunderten gewöhnt, Reisende gut zu betreuen. Alle Kauffahrer machten hier Halt, bevor sie sich auf das östliche Meer hinauswagten, und manche hielten es für einen Glücksfall, wenn gerade zu dieser Zeit Flaute herrschte.
    Die meisten Magister wählten irgendeine geflügelte Gestalt, wenn sie den Palast besuchten, aber Colivar reiste lieber auf Morati-Art und ritt auf einem Pferd die Terrassengärten hinauf. Ganz oben warteten stets Diener, um sich um das Wohl der Gäste zu kümmern, und ein solcher nahm ihm die Zügel ab, sobald er aus dem Sattel gestiegen war, während ein anderer in den Palast eilte, um ihn anzukündigen. Er hatte sich nicht vorher angemeldet, aber das war nicht weiter schlimm; die Frau, die man die Hexenkönigin nannte, war jederzeit bereit, einen Magister zu empfangen, ob er nun erwartet wurde oder nicht. Solche Besuche hatten Vorrang vor allen anderen Geschäften.
    Bald erschien ein junges Mädchen, um Colivar zu seiner Herrin zu bringen. Es war ein zartes kleines Ding in seidenen Gewändern, die bei jeder Bewegung wie Schmetterlingsflügel flatterten, und mit einem Schleier aus durchsichtigem Tüll, der die Züge weniger verbarg, als dass er die Aufmerksamkeit darauf lenkte. Wahrscheinlich aus der Wüste, dachte Colivar. Sidereas Diener kamen aus allen Teilen der Welt, und sie ließ ihnen bei der Wahl ihrer Kleidung freie Hand, was ihrem Hof eine bemerkenswerte Vielfalt verlieh. Dieses Kind hatte sie sicherlich deshalb zu Colivar geschickt, weil sie ihn mit den Stämmen von Anchasa in Verbindung brachte und glaubte, ihm damit eine Freude zu machen. Hätte sie ihn allerdings besser gekannt, so hätte sie ihm stattdessen eine handfeste Blonde in nordischen Fellen zugeteilt.
    Siderea Aminestas empfing ihn in einem Audienzsaal, wo nach Art des Südens überall niedrige Liegestätten mit seidenen Überwürfen und dicken, flauschigen Polstern verteilt waren. Sie war eine auffallende Erscheinung, nicht schön im herkömmlichen Sinn, aber mit einer Ausstrahlung, die ihre Umgebung prägte, wo sie auch war. Sankaras Sonne zauberte warme Lichter auf ihre kaffeebraune Haut, und in ihr langes schwarzes Haar waren Edelsteine eingeflochten, die bei jeder Bewegung blitzten. Die Augen waren dünn mit

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