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Die Seelenjägerin - 1

Die Seelenjägerin - 1

Titel: Die Seelenjägerin - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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ihnen war Platz an Dantons Hof.
    Natürlich war jeder Magister, der sich um eine Stellung an diesem Hof bewarb, an Politik interessiert. Natürlich hoffte er, den Großkönig und durch ihn das Schicksal eines ganzen Reiches beeinflussen zu können. Wer das in diesem Saal leugnete, wollte Danton für dumm verkaufen. Und ein Dummkopf war er nicht. Er mochte viele verabscheuungswürdige Eigenschaften besitzen und Dinge tun, über die Männer fluchten und Frauen weinten, aber er war nicht dumm.
    Dieser Magister gefiel ihm immer besser.
    »Erzählt mir etwas von meinem Reich«, verlangte er.
    »Sein Herz ist stark wie das Herz eines Löwen«, erwiderte der Mann und legte den Kopf schief wie ein Raubvogel, der seine Beute beäugte. »Aber es ist riesengroß und deshalb verwundbar. Mit den Fähigkeiten eines Magisters lässt sich die Ordnung in einem solchen Territorium leicht aufrechterhalten, aber auf diese Fähigkeiten müsst Ihr nun schon seit zwei Wochen verzichten, und allmählich treten die Spannungen offen zutage.«
    Dantons schwarze Brauen zogen sich zusammen wie dräuende Gewitterwolken. »Inwiefern?«
    »Was könnte ich Euch Neues sagen, Großkönig? Es ist kein Geheimnis, dass die Grenzen umso schwieriger zu sichern sind, je größer ein Reich ist. In Zeiten des Wohlstands hat es wenig zu bedeuten, wenn sich zwischen einem Landstrich und dem nächsten ein Gebirge erhebt oder ein Sumpfland den Durchzug eines Heeres behindert. Solche Barrieren lassen sich mithilfe eines Magisters mühelos überwinden, doch wenn kein Zauberer zur Hand ist, rennen die Heere vergeblich dagegen an. Die Heere und die Völker.«
    Eine endlose Minute lang musterte Danton ihn nur mit eisigem Blick. Den Zügen des Magisters war nichts zu entnehmen, und das überraschte den Großkönig. Danton war ein gewiefter Menschenkenner.
    Endlich erhob er sich, trat an einen Serviertisch und wandte dem Besucher so demonstrativ den Rücken zu, als wollte er sagen: Ich fürchte dich und deinesgleichen nicht. Auf einem Bord unter dem schmalen Tisch lagen mehrere schwere Schriftrollen. Er zog eine heraus, entfernte das Band, das sie zusammenhielt, und rollte sie aus.
    Das Pergament blieb so flach auf der Tischplatte liegen, als wäre es mit Gewichten beschwert. Kostas hatte sein Stichwort nicht verpasst.
    Danton betrachtete die Karte, die sein Reich in seiner ganzen Größe und Herrlichkeit zeigte. Es war das größte Imperium seit Beginn des Zweiten Königtums, das hatten ihm jedenfalls die Geschichtsschreiber seines Hofes versichert. Schon vor langer Zeit hatte er Schranken überschritten, die seine Vorfahren zumindest für ein Heer als unbezwingbar bezeichnet hätten; das hatten die Könige dem Zeitalter der Magister zu verdanken. Unter Danton Aurelius wurden Völker geeint, die noch nie einig gewesen waren, und wenn es einer starken und manchmal grausamen Hand bedurfte, um diese Einheit zu erhalten, so war ihm das nur recht.
    Natürlich hatte es auch im Ersten Königtum Hexen und Hexer gegeben. Aber die Lebenskraft der Hexen war begrenzt, und es war fast unmöglich, jemanden aus dieser Gruppe dazu zu bewegen, seinen ganzen Vorrat für einen einzigen Feldzug zu opfern. Unüberwindliche geographische Hürden waren im Ersten Reich meist auch unüberwindlich geblieben, es sei denn, der jeweilige Feldherr hätte hundert Hexen und Hexern das Messer an die Kehle gesetzt und sie gezwungen zu tun, was er wollte. Für einen Feldzug hätte er damit Erfolg haben können, aber schon beim nächsten wären ihm wahrscheinlich die Hexen knapp geworden.
    Jetzt war das anders.
    Das sollte nicht heißen, dass Magister mit ihrer Macht immer so großzügig umgingen, wie es einem königlichen Patron lieb gewesen wäre. Offenbar gab es eine Art Kodex, der bestimmte, wie weit sie sich verausgaben durften und wann, und Danton hatte mehr als einen Magister verflucht, der sich geweigert hatte, ihn bei einem seiner Vorhaben rückhaltlos zu unterstützen. Die Schwarzröcke behaupteten, sie dürften das Gleichgewicht der spirituellen Kräfte im Himmel und die innere Stabilität des Universums nicht gefährden, aber … das war alles nur Rattenpisse. Er war überzeugt, dass mehr dahintersteckte, aber anscheinend war es einem einfachen Morati-König nicht möglich, ihnen die wahren Gründe zu entlocken.
    Der hagere Magister trat ruhig an den Tisch und blickte auf die Karte hinab. Von der Seite betrachtet, hatte er große Ähnlichkeit mit einer Eidechse, dachte Danton weniger

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