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Die Seelenjägerin - 1

Die Seelenjägerin - 1

Titel: Die Seelenjägerin - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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durch, und sie sagte nichts und verzog auch keine Miene. Ravi wusste nicht, dass ich eine Hure war , sagte sie sich, und die Magister, die auf dem Fest meine Vergangenheit zu ergründen suchten, hatten keinen Erfolg. Er fischt nur im Trüben, um zu sehen, bei welcher Beleidigung ich die Beherrschung verliere. Er weiß nichts von meinem früheren Leben.
    »Also …« Seine Augen funkelten belustigt, aber sie waren dabei so kalt wie Reptilienaugen, weit entfernt von allem, was ein Mensch unter Humor verstand. »Wirst du all meine Zauberkräfte mit deiner Hexenkunst übertrumpfen, wenn ich fortfahre? Oder läufst du einfach weg?«
    Ich kenne dich und deinesgleichen , dachte sie. Als du jung warst, hast du jeden verprügelt, der dir in die Quere kam, und wahrscheinlich jedes Mädchen, das dir gefiel, mit Gewalt genommen. Du warst gefürchtet bei deinen Altersgenossen, bei deinen Eltern und wahrscheinlich auch bei der Obrigkeit. Jetzt hast du mehr Macht als alle anderen und erwartest, dass die ganze Welt dich fürchtet. Aber ich fürchte dich nicht. Meine Macht kann sich mit der deinen messen, und mein Zorn brennt ebenso heiß wie der deine, wenn nicht noch heißer … du weißt es nur noch nicht.
    »Ich laufe nicht weg«, sagte sie ruhig.
    Der Saum seines Gewands stellte das obszöne Flattern unvermittelt ein. Sie begriff, dass er seine Macht sammelte und sich für ein größeres Werk bereit machte. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Glaubte er, mit ihr spielen zu können wie mit einer Morata? In diesem Fall stand ihm eine unerfreuliche Überraschung bevor.
    … So kannst du mit einem Magister nicht umgehen , flüsterte eine innere Stimme …
    Doch nun wogte der Zorn mächtig auf, die Frustration der vielen Stunden, in denen sie sich als jemand ausgegeben hatte, der sie nicht war, brach sich Bahn. Zu hoch war der Preis, den sie bezahlt hatte, zu weit hatte sie es im Leben gebracht, um sich von dieser Schlange von einem Magister wie eine gewöhnliche Hure behandeln zu lassen. Schön. Wenn er es auf einen Kampf mit ihr anlegte, sollte er seinen Willen haben. Er würde sich noch wundern.
    Er schlug zu.
    Seine Macht erfasste sie wie ein Wirbelwind und riss ihr die Luft aus den Lungen. Benommen rang sie nach Atem, tastete nach der Brüstung und versuchte sich zu wehren, aber der Angriff war von so ungeheurer Gewalt, dass er jeden ihrer Abwehrzauber durchbrach. Seine Magie schlang sich wie mit Fühlern um ihre Beine und sog ihr die Kraft aus den Muskeln. Die Knie wurden ihr weich. Heiß schoss der Zorn in ihr empor, als sie begriff, dass er sie zu Boden zwingen wollte. Nicht mit einem jener raffinierten Zauber, die zu parieren Aethanus ihr beigebracht hatte, sondern wie mit einem Rammbock, primitiv in der Form und brutal in der Absicht.
    NEIN!!!
    Sie tauchte ein in die Tiefen ihrer eigenen Seele – drang vor bis zu dem Konjunkten, der ihre Magie speiste – und beschwor so viel Macht, wie sie nur an sich ziehen konnte. Eine Flut gestohlenen Lebens schwappte durch ihre Adern, sie zwang die Kraft in die gewünschte Form, leitete sie ein in ihren Zorn, verstärkte sie mit ihrer Entschlossenheit … und setzte sie frei. Erschreckend wild, eher dem ihr eigenen feurigen Temperament als der Gelehrsamkeit ihres Mentors gemäß, brach sie in Gestalt eines magischen Feuers, das jeden Morati geblendet hätte, aus ihr hervor. Sie war stark genug, um ihren Körper aus dem Würgegriff des Magisters zu befreien, auch wenn sie seine Magie nicht vollends zurückzudrängen vermochte. Ihre Beine richteten sich wieder gerade, die Muskeln gewannen die gewohnte Kraft zurück, und nur für den Fall, dass er noch immer nicht begriffen hatte, was dies alles bedeutete, streckte sie sich, hob den Kopf und sah ihm mit festem Blick in die Augen.
    »Und ich knie vor niemandem«, sagte sie ruhig.
    Er wirkte eher belustigt als verärgert. Sie war zunächst überrascht, doch dann begriff sie und fröstelte. Der Mann hielt sie für eine Hexe. Und das bedeutete für ihn, dass sie für jedes Mal, wenn sie ihre Macht einsetzte, um ihn abzuwehren, kostbare Augenblicke ihres eigenen Lebens opfern musste. Darum ging es also. Er wollte sie verleiten, ihre Lebenskraft mit Selbstverteidigung zu vergeuden, und lachte sich innerlich wohl halbtot, als sie den Köder schluckte und ihren Tod beschleunigte. Du bist mir nicht ebenbürtig , verkündete sein Verhalten, und wenn du weiterhin so tust, als wärst du es, wirst du deinen Hochmut mit dem Leben

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