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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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sind, bildet sich schon im Brutstadium so etwas wie eine magische Abschirmung; man kann unmittelbar vor einem Nest stehen, ohne es wahrzunehmen.« Lange betrachtete er das Stück Schale in seiner Hand. Dann zerdrückte er es. »In jener Zeit konnten nur Hexen die Nester aufspüren. Und sie mussten dafür viele Lebensjahre opfern. Anfangs waren dazu nur wenige bereit.«
    »Und später?« Sula sprach leise, als fürchte er, den Gedankenfluss seines Lehrers zu stören. In all den Jahren, die er bei Colivar verbracht hatte, hatte der nie so offen von den Finsteren Zeiten gesprochen, als die Menschen verzweifelt gegen die Bestien kämpften, die sich von ihren Seelen nährten – und in diesem Krieg alles verloren, was ihnen teuer war.
    »Später verfinsterten ganze Schwärme von Ikati den Himmel und töteten alles, was Intelligenz oder schöpferische Kräfte besaß.« Jetzt flüsterte er nur noch, seine Stimme übertönte kaum den Wind, der durch die Bäume strich. »Sie hatten die Menschen zu ihrer Lieblingsspeise erkoren, und es hieß, zwischen den beiden Rassen könne es keinen Frieden geben – entweder die eine oder die andere müsse zugrunde gehen.
    Schließlich verbündeten sich die Hexen und Hexer und brachten die Ikati zur Strecke oder vertrieben sie. Als kein Ikata mehr übrig war, gab es auch keine Hexen mehr.« Er drehte die Handfläche nach unten und ließ die Eierschalentrümmer zu Boden fallen. »Das Zweite Königtum wurde mit dem Blut der Hexen erkauft.«
    »Alle Hexen sind umgekommen?«
    »Entweder im Kampf oder bald danach.«
    »Davon hast du mir nie erzählt.«
    Colivar sah den Jüngeren an. »Du bist kein Hexer. Und als du noch mein Schüler warst, gab es keine Ikati. Wozu die alten Geschichten immer wieder aufwärmen?«
    »Und woher kamen die ersten Magister?«
    »Das war später. Sie kamen erst später.« Er streifte sich die letzten Eierschalenkrümel an seinen Kniehosen ab. »Es scheint, als müssten wir die Erinnerung an all das doch wieder auffrischen.«
    Er richtete sich so langsam neben dem Hügel auf, als laste das gesamte Gewicht der Steine auf seinen Schultern. Dann wandte er sich nach Norden und blickte in den kalten Himmel, als ließen sich dort die Antworten finden. Sula tat es ihm gleich, fand aber keine Erleuchtung in der Wolkenlandschaft – der Blick seines Lehrers war wohl mehr in die Vergangenheit gerichtet – und schlug schließlich die Augen nieder.
    Ihm stockte der Atem.
    Colivar sah ihn fragend an. »Was ist?«
    Sula versagte die Stimme, er streckte nur die Hand aus. Und zeigte auf einen etwa zehn Meter entfernten Steinhaufen, der zwischen den hohen Gräsern kaum zu sehen war.
    Colivar stieß einen leisen Fluch aus und ging darauf zu. Der Hügel war kleiner als der erste, aber genauso aufgebaut. Diesmal ging der Magister nicht so behutsam vor, sondern beschwor mit einer raschen Geste so viel Seelenfeuer, dass er alles auseinandersprengte. Die Steine flogen zwischen die Bäume, und darunter kam ein Haufen zerbrochener Eier zum Vorschein.
    »Das kann nicht sein«, flüsterte der Magister und starrte die Scherben an. »Das würden sie nicht tun …«
    Da Sula nun wusste, worauf er zu achten hatte, entdeckte er bald nur wenige Meter weiter die nächste kahle Stelle. Auch dort erhob sich eines der großen Nester, im Schein der Sonnenstrahlen, die durch die Wolken fielen, konnte er sogar die einzelnen Steine unterscheiden.
    »Da ist noch eins, mein Lehrer.« Er sprach leise, aber seine Worte hatten eine ungeheure Wirkung. Ein Schauer durchlief Colivars Körper, und als er sich dem neuesten Fund zuwandte, glomm in den Tiefen seiner schwarzen Augen etwas auf, das Sula bei ihm noch nie gesehen hatte.
    Colivar hatte Angst.
    »Sie sind feindselig«, flüsterte er, »selbst zu ihresgleichen. Wären sie es nicht, hätten sie es geschafft, sich in großer Zahl zu verbünden und gemeinsam zu handeln, die Menschheit wäre rettungslos verloren gewesen. Dass mehrere Weibchen sich einen Nistplatz teilen … das ist … das war … undenkbar.«
    »Dann haben sie sich geändert.«
    Colivar antwortete nicht. Er wandte sich nach Norden und starrte zum Himmel, als wäre dort eine Antwort zu finden.
    »Daran ist das Dorf gestorben, nicht wahr?«, drängte Sula. »Es waren zu viele auf einmal, und das Dorf war die nächste erreichbare Quelle, aus der sie ihre Lebenskraft ziehen konnten.«
    Colivar nickte. »Ja. Zu viele auf einmal … mehr, als eine Menschensiedlung verkraften konnte.«
    Ohne ein

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