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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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einbezögen.
    Und das ist auch gut so , hatte sich Sula damals überlegt. Eine Hexe konnte große Verwirrung stiften, bevor sie starb, aber mehr auch nicht. Ein Magister konnte dagegen die ganze Welt verändern, zumindest war das denkbar. Wobei nur die Götter wussten, wie viele Menschen sterben müssten, um die Energie für ein solches Vorhaben zu liefern, oder wie es danach um die Seele des Magisters bestellt wäre.
    Nur wenn du Mäßigung und Zurückhaltung übst, bleibst du ein Mensch , hatte Colivar ihn gewarnt. Vergiss das nie.
    Sula hatte ihn oft gefragt, warum es so wichtig sei, »ein Mensch« zu sein, obwohl er den Eindruck habe, auf viele Magister treffe gerade das nicht zu. Es war eine von vielen Fragen, die ihm sein Lehrer nie beantwortet hatte.
    Die beiden gingen langsam durch das Dorf und entnahmen den Gebeinen, die entlang der Straße verstreut waren, was sich hier abgespielt hatte. Einmal blieb Colivar stehen und öffnete die Tür eines Häuschens, um zu sehen, wie es da aussah, wo die Tiere nicht hinkamen. Ein Schwall von Verwesungsgeruch schlug ihnen entgegen, und er gebot dem Wind, ihn fortzutragen, bevor sie eintraten.
    Auch hier waren von den Bewohnern nur noch die Skelette übrig, aber sie wirkten noch unheimlicher, denn sie befanden sich noch mehr oder weniger in der gleichen Stellung wie zu dem Zeitpunkt, als der Tod eingetreten war. Auf dem Boden lagen Tausende von toten Maden, die bei jedem Schritt unter Colivars Füßen knirschten. Eine Handvoll Fliegen umschwirrte seinen Kopf, aber die meisten hatten das Haus offenbar auf dem gleichen Wege verlassen, auf dem sie hereingekommen waren. Und natürlich gab es Rattenkot. Rattenkot gab es überall.
    Sula schwieg verbissen, während sein Lehrer sich umsah. Er hatte das Dorf schon mehrfach inspiziert und wusste, was Colivar finden würde.
    Endlich nickte der andere ihm zu, und sie gingen hinaus. Die frische Luft war eine Wohltat, der scharfe Nordwind fegte den Gestank fort. Colivar atmete tief durch, dann fragte er: »Wie sieht die nähere Umgebung aus?«
    »Meistens Wälder. In dieser Richtung …« Er streckte die Hand aus. »… liegt ein Fluss.«
    »Keine Lichtungen? Irgendwo müsste es eine geben, nicht weit vom Siedlungsgebiet der Menschen entfernt.«
    »Ich weiß es nicht. Nach einer Lichtung habe ich nicht gesucht.«
    Colivar nickte. Mit einer Geste beschwor er wie nebenbei ein Fünkchen Seelenfeuer und befahl ihm, sich zu verdichten. Vor ihm erschien eine nebelhafte Skizze der Landschaft im Umkreis des Dorfes. Die wenigen baumfreien Stellen in der Nähe waren zumeist Äcker, umgrenzt von niedrigen Steinmauern, die man bei der Rodung aufgeschichtet hatte. In größerer Entfernung befand sich eine natürliche Lichtung, ein schmaler Streifen, wo die Erdschicht so dünn war, dass kein Baum Wurzeln schlagen konnte, der sich aber wohl auch nicht für den Getreideanbau eignete.
    »Da«, flüsterte Colivar. »Da muss es sein.«
    »Was?«, fragte Sula. »Was suchst du?«
    »Etwas, das ich nicht zu finden hoffe«, sagte Colivar leise, »aber wohl leider finden werde.«
    Weitere Fragen beantwortete er nicht mehr. Er rief die Pferde und bestieg das seine schweigend und mit einer Miene so finster wie eine Gewitterwolke. Und Sula kannte ihn als sein ehemaliger Schüler gut genug, um nicht weiter in ihn zu dringen.
    Wild war der Wald um die schmale Lichtung, und wild waren auch die Tiere, die in den Schatten zwitscherten und quakten, als Colivar und Sula sich durch das dichte Unterholz ins Freie kämpften.
    Danach stand Colivar erst einmal still und betrachtete, was vor ihm lag. Sula fühlte sich an ein Raubtier erinnert, das sich eben zwischen den Bäumen hervorgewagt hatte und die umliegenden Wälder nach Feinden … oder nach Beute absuchte. Doch so einfach war es sicherlich nicht, denn Colivar suchte weder Wölfe noch Rehe. Sula hatte ihn noch nie in so düsterer Stimmung erlebt, und als sein Lehrer nun das Land taxierte, konnte er die Aura des Bedrohlichen förmlich schmecken.
    Der fragliche Geländestreifen war schmal, aber lang, und wand sich zwischen einzelnen Granitvorsprüngen am Fuß eines Berges entlang. Bei der Entstehung dieses Gebiets hatte sich aus unbekannten Gründen hier nur so wenig Erdreich abgelagert, dass kein Baum sicheren Halt fand, außerdem war der unebene Felsboden für Menschen nicht nutzbar, deshalb war die Fläche trotz ihrer Nähe zum Dorf Gräsern und niedrigen Sträuchern überlassen geblieben.
    »Hier sind wir

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