Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
Vom Netzwerk:
leise, mit rauer Stimme: »Und wenn es dazu kommt, dass er den Thron nicht mehr halten kann«, flüsterte er, »was habe ich dann zu tun?«
    »Noch ist es nicht so weit«, sagte sie ruhig. Und fragte sich gleichzeitig, ob das auch der Wahrheit entsprach.
    Ruricks schmale Lippen wurden noch schmaler. »Ich habe gehört, was er mit Corialanus vorhat. Solche Pläne hätte der alte Danton niemals geschmiedet. Inzwischen scheint er das Blutvergießen um seiner selbst willen zu genießen. Als hungerte er nach Grausamkeit, auch ohne dass sie politisch erforderlich wäre.« Er hielt inne und sah Gwynofar an, als wollte er bis auf den Grund ihrer Seele blicken. »Du hast doch auch bemerkt, wie sehr er sich verändert hat, nicht wahr?« Er flüsterte nur noch. »Deine Augen verraten es mir.«
    »Du meinst seinen Hunger nach Grausamkeit?«, fragte sie. Die Worte blieben ihr fast in der Kehle stecken. »Seinen Jähzorn, der jetzt stärker ist als die Vernunft?« Sie nickte langsam und traurig. »Es ist, wie du sagst.«
    Sogar noch schlimmer, als du ahnst, mein Sohn.
    Er setzte sich neben sie. »Warum, Mutter? Hat Andovans Selbstmord diese Wandlung ausgelöst? Oder war es etwas anderes? Es muss doch Gründe geben, wenn ein Mensch sich so sehr verändert.«
    Sie nagte an ihrer Unterlippe und überlegte, wie viel sie preisgeben durfte. Endlich sagte sie sehr leise: »Manchmal genügt es, wenn jemand unter den Einfluss eines anderen gerät.«
    »Du meinst Kostas?« Rurick spuckte aus. »Von diesem elenden Wurm würde ich mir nicht einmal die dreckigen Hosen waschen lassen. Vater braucht jemand, dem etwas an ihm liegt, der ihm hilft, das Maß nicht zu verlieren. Du bist die Einzige, die dazu fähig ist. Aber du – du ziehst dich von ihm zurück. Du lässt dich bei Hofe nicht mehr blicken. Früher warst du immer an seiner Seite, jetzt bist du fast wie eine Fremde im Palast. Währenddessen bringt ihn dieser abscheuliche Zauberer noch vollends in seine Gewalt. Warum lässt du das zu?«
    Sie wandte sich ab. In ihrem Magen hatte sich ein winziger Knoten gebildet. »Es gibt Dinge, die ich nicht ändern kann.«
    »Früher hättest du es wenigstens versucht.«
    »Früher …« Die Worte blieben ihr in der Kehle stecken. »Heute ist alles anders.«
    »Wovor hast du Angst? Vor Kostas?« Rurick schnaubte verächtlich. »Er fürchtet dich mehr als du ihn, Mutter.«
    » Mich? « Ein müdes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Jetzt glaube ich wirklich, dass du den Verstand verlierst. Warum sollte ein Magister mich fürchten?«
    »Das weiß ich nicht, aber ich habe es in seinen Augen gelesen. Du kannst es mir glauben. Sooft dein Name fällt, ist es wie – wie … weißt du, wie sich ein Hund verhält, wenn ihm ein unangenehmer Geruch in die Nase steigt, wie er die Nackenhaare sträubt? Genau so.« Ein kurzes Prusten. »Dabei ist er in meinen Augen der Letzte, der sich über unangenehme Gerüche beklagen dürfte.«
    Ihr blieb fast das Herz stehen. »Wie meinst du das?«
    Er seufzte. »Nun wirst du mich endgültig für verrückt halten, Mutter. Es tut mir leid, aber der Mann riecht für mich wie verwestes Fleisch. Und nicht nur, wenn er in der Nähe ist – er zieht den Gestank hinter sich her wie ein Iltis. Der Geruch hängt manchmal sogar noch in den Gängen, wenn er längst wieder fort ist. Eigentlich … ist es gar kein Geruch.« Er runzelte verwirrt die Stirn. »Der Wind trägt ihn nicht fort. Er wird auch niemals schwächer. Und noch etwas ist sonderbar daran, Mutter …« In den Tiefen seiner dunklen Augen flackerte die Angst. »Wenn ich mit anderen darüber spreche, sehen sie mich an, als redete ich irre. Nur wenige außer mir nehmen es wahr – alle Übrigen halten mich für geistesgestört.«
    Sie war froh, dass er nicht hören konnte, wie ihr Herz hämmerte, als sie mit möglichst fester Stimme fragte: »Wer sind diese wenigen?«
    »Valemar. Salvator. Vielleicht auch Tiresia. Jedenfalls erwähnte sie bei ihrem letzten Besuch Kostas’ verderbte Aura . Ich habe nicht gefragt, ob sie das wörtlich meinte. Damals hielt ich die Sache noch nicht für wichtig.« Er schüttelte den Kopf. »Niemand sonst kann den Gestank riechen, Mutter. Weder die Diener noch andere Adelige, nicht einmal die Kinder … alle starren mich an wie einen Schwachsinnigen, wenn ich davon anfange. Für den Rest der Welt verbreitet Kostas keinen stärkeren Geruch als jeder andere Zauberer.«
    Valemar. Salvator. Tiresia. Sie alle waren Gwynofars Kinder. Ob auch

Weitere Kostenlose Bücher