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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Frau los und stieg selbst in die Kutsche. Die Läden vor den Fenstern waren wegen des Regens bereits geschlossen, die einzige Lichtquelle bildete eine kleine Laterne mit heruntergedrehtem Docht. In ihrem flackernden Schein sah er, wie bleich Dantons dritter Sohn selbst für normale Verhältnisse geworden war. Nach Colivars Schätzung hatte Andovan mindestens zehn Pfund an Gewicht verloren, seit er ihn zum letzten Mal gesehen hatte, und der Prinz war ohnehin nicht übermäßig stark gewesen. Das Ende war sehr nahe.
    Töte sie, und es ist vorbei , überlegte er. Wie einfach das klang, seit er dem Pronomen auch ein Gesicht zuordnen konnte. Und wie vielschichtig.
    »Was wollt Ihr hier?«, fragte Andovan. »Habt Ihr die Frau gefunden, die mich verflucht hat? Kann ich meine Suche jetzt beenden und mich mit ihr auseinandersetzen?«
    Colivar war zunächst überrascht. Dann dachte er: Er hat keine Ahnung . Aus seiner Sicht war das schier unvorstellbar. Aber der Prinz wusste nichts von der parasitären Beziehung, die für seinen Zustand verantwortlich war, und er konnte auch nicht ahnen, dass Colivars Zauber seinen Zweck erfüllt hatte und erloschen war. Außerdem … bei vorsichtiger Untersuchung mit einem dünnen Machthauch bestätigte sich der Verdacht, den der Magister von vornherein hätte hegen sollen: Jemand hatte mit fremder Magie und großem Geschick einen Zauber um Andovan gewoben, der jedes Misstrauen des jungen Mannes gegen seine Reisegefährtin verhinderte.
    Sie war gründlich, das musste man ihr lassen.
    Ihre Zauberei war reine Magie. Auch wenn Colivar bei diesem Eingeständnis ein kalter Schauer überlief und sein Universum bis in die Grundfesten erschüttert wurde – das Wesen ihrer Macht war unverkennbar. Sie war kalt wie eine Eisplatte im Nordmeer und glitschig wie eine Reifschicht über einem schwarzen Kristallkern. Hexerei fühlte sich anders an. Mit Hexerei entzog man keinem Menschen die Lebenswärme, bis ihm die Seele gefror. Hexen und Hexer trieben auch keine Spiele mit einem Sterbenden. Das Liebesabenteuer der beiden erschien ihm plötzlich in einem ganz neuen Licht. Die Folgerungen daraus konnten sogar einen Magister das Gruseln lehren.
    Bleib in der Gegenwart, Colivar. Tu das, was jetzt zu tun ist.
    Er holte tief Luft und sagte: »Verzeiht mir, Prinz Andovan. Ich wollte Euch während Eurer Reise nicht stören. Aber in Eurer Heimat geschehen Dinge, die Eure Aufmerksamkeit erfordern. Es ist mir nicht angenehm, dass ausgerechnet ich Euch diese Nachricht überbringen muss.«
    Andovan starrte ihn an, als zweifle er an seinem Verstand. »Ihr meint … ich soll nach Hause zurückkehren? Jetzt?«
    Colivar nickte. Andovan schnaubte kurz und lehnte sich gegen die Wand der Kutsche. »Mein Vater hat mir beigebracht, alle Magister seien verrückt. Er hatte offenbar recht.«
    Ein leises Lächeln, trocken und freudlos, zuckte um Colivars Lippen. »Dennoch, Hoheit, ist mein Anliegen sehr dringend.«
    »Nun denn.« Andovan ermunterte ihn mit hoheitsvoller Geste. »Erzählt mir, worum es geht.«
    Und Colivar erzählte. Er holte zunächst weit aus, um Andovan den möglichen Ernst der Lage deutlich vor Augen zu führen, bevor er ins Einzelne ging. Doch das hätte er sich sparen können. Sobald der Prinz das Wort »Seelenfresser« hörte, erstarrte er und blieb bis zum Ende der Geschichte reglos sitzen.
    Als Colivar endlich schwieg, zischte er fast wie ein Tier. »Sie sind also nicht bloß ein Mythos.«
    »Nein, Hoheit. Sie sind sehr wirklich.«
    »Mutter hat uns von ihnen erzählt. Oft und oft. Sie sind nämlich Teil ihrer Religion. Sie sagte, in ihrem Volk sei man überzeugt, dass sie eines Tages zurückkehren würden. Dann bräche ein großer Krieg aus, der über das Schicksal der Menschheit entschiede.« Er schüttelte den Kopf. »Wer hätte gedacht, dass es zu meinen Lebzeiten dazu kommen würde?«
    »Wenn Ihr die Sagen und Mythen kennt«, sagte Colivar ruhig, »dann könnt Ihr auch die Gefahr ermessen.«
    Andovan sah zu ihm auf. Die Schatten in der Kutsche ließen seine schwarzen Augen unergründlich erscheinen. »Ihr meint, dass die Seelenfresser die ganze Welt verschlängen, wenn sie nur könnten? Ja, das ist mir klar.«
    Colivar atmete tief ein. Unfassbar, dass ich über solche Dinge mit einem Moratus spreche. »Wir halten es für möglich, dass der neue Magister Eures Vaters in irgendeiner Form ein Bündnis mit ihnen geschlossen hat. Und dass Euer Vater ihnen durch die Verbindung mit diesem Magister dient,

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