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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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berichtet hatte: Ein Schoner hatte den Großteil der Besatzung abgeborgen, mußte sich aber davonmachen, als ein spanisches Kriegsschiff auf der Bildfläche erschien.
    Commander Price saß in seinem Alter noch auf keiner Kapitänsplanstelle, und wenn das Kriegsgericht gegen ihn entschied, was sehr wahrscheinlich war, mußte er alles verlieren. Bestenfalls würde man ihn zum Leutnant zurückstufen. Der schlimmste Fall war nicht auszudenken.
    Während Price in einem kleinen, regierungseigenen Haus die Verhandlung erwartete, hatte er viel zu bedenken. Nicht zuletzt, daß Gefangenschaft oder gar der Tod im Gefecht besser für ihn gewesen wären. Denn sein Schiff war wieder flottgemacht worden und gehörte nun zum Geschwader Seiner Allerkatholischsten Majestät in La Guaira auf dem spanischen Festland. Fregatten aber waren ihr Gewicht in Gold wert, und England bedurfte ihrer immer dringender. Als Bolitho noch im Mittelmeer diente, waren zwischen Gibraltar und der Levante nur sechs Fregatten verfügbar gewesen. Der Vorsitzende der Kriegsgerichtsverhandlung würde dies bei seinen Erwägungen nicht ignorieren können.
    In seiner Verzweiflung hatte der junge Kommandant den Vizeadmiral gefragt, was wohl bei der Verhandlung herauskommen würde. Bolitho hatte ihm gesagt, er müsse erwarten, die Spitze des Degens auf dem Tisch gegen sich gerichtet zu sehen. Sein Schiff aufs Spiel zu setzen, war eine Sache, es an den verhaßten Feind zu verlieren, war eine völlig andere. Er konnte Price nichts vormachen, das Urteil vermochte er nicht zu beeinflussen. Price hatte viel riskiert, um die spanische Stärke zu erkunden. Zusammen mit dem, was Bolitho schon wußte, konnten seine Informationen äußerst wertvoll sein. Aber dem Kommandanten der
Consort
würde das jetzt nicht helfen.
    Eine Standuhr schlug.
    Bolitho sagte: »Ich glaube, es ist Zeit. Sind unsere Offiziere schon da?«
    Jenour nickte und zuckte zusammen, als der Schmerz wieder durch seine Schenkel und Hüften schoß. Der Admiral war ein prächtiger Reiter, und das gleiche hatte er auch von sich selbst gedacht. Bolithos kleiner Scherz über die Leute aus Hampshire hatte ihn angespornt, doch zu keiner Zeit hatte er Bolithos Tempo halten können. Er entgegnete: »Der Erste Leutnant traf mit ihnen ein, als Sie sich umkleideten, Sir Richard.«
    Bolitho schaute auf seine makellosen Strümpfe hinunter und dachte an die Zeit, als er noch ein kleiner Leutnant mit nur einem feinen Paar Strümpfe für derartige Anlässe gewesen war. Die anderen waren über und über gestopft, ein Wunder, daß sie überhaupt noch zusammengehalten hatten. Dann fiel ihm wieder ein, daß Kapitän Haven ersucht hatte, an Bord bleiben zu dürfen. Haven hatte dies damit begründet, ein Sturm könne ausbrechen und seine rechtzeitige Rückkehr an Bord verhindern. Die Luft war wirklich schwer und feucht und die Sonne blutrot untergegangen. Der Segelmeister der
Hyperion,
Isaac Penhaligon aus Cornwall, bestand allerdings darauf, daß ein Sturm sehr unwahrscheinlich wäre. Vielleicht zog Haven es vor, sich abseits zu halten, auch wenn ihm jemand auf dem Empfang seine Abwesenheit verübeln sollte.
    Wenn nur Keen sein Flaggkapitän gewesen wäre! Bolitho hätte ihn nur zu fragen brauchen, und Keen wäre mit ihm gekommen, aus Treue, Freundschaft, Zuneigung. Aber Bolitho hatte Keen genötigt, in England zu bleiben, bis dieser seine Probleme mit der reizenden Zenoria gelöst hatte. Mehr als alles andere hatte Keen sich nämlich gewünscht, das dunkeläugige Mädchen mit dem vollen kastanienbraunen Haar zu heiraten. Sie waren so sehr ineinander verliebt, daß Bolitho es nicht über sich brachte, die beiden wieder zu trennen, kaum daß sie sich gefunden hatten.
    Verglich er ihre Liebe mit seiner eigenen Ehe? Da hörte er lieber auf, sich Gedanken zu machen. Es war jetzt nicht die rechte Zeit dazu. Vielleicht würde es das niemals mehr sein. Jenour fragte höflich: »Sollen wir gehen, Sir Richard?«
    Bolitho betastete sein linkes Auge, hielt dann aber inne und starrte statt dessen auf das nächste Sturmglas und seinen zarten Rauchfaden, der kerzengerade zur Decke stieg. Alles war hell und klar. Keine Trübung, keine Schatten, die ihn manchmal so plötzlich behinderten.
    Zwei Lakaien, die sich bisher zurückgehalten hatten, rissen die hohen Türflügel auf. Musik und Stimmengewirr brandeten in den Raum. Bolitho spannte seine Muskeln, als gälte es, einer Musketenkugel zu widerstehen. Den von Pfeilern flankierten Korridor

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