Die Seevölker
Mit welchen Werkzeugen haben die Ägypter in der Bronzezeit,
von der frühesten Bronzezeit an, Hieroglyphen in harten Granit, in
noch härteren Basalt oder in das von allen am härteste Diorit eingeritzt
(Bronze, eine Legierung aus Kupfer und Zinn, wäre bereits nach weni-
gen Schlägen stumpf geworden), oder Steinskulpturen mit ungemein
scharfen Konturen an Augenlidern, Lippen und Ohren gemeißelt? –
beantworten, wenn Chromeisenerz für die Herstellung von Werkzeu-
gen oder auch nur als Schmirgelpulver benutzt wurde. Während frü-
herer Zeiten, seit der Zeit des Pyramidenbaus, hätte Chromeisenerz
aus Rhodesien gebracht werden können, das reiche Vorräte davon be-
sitzt.
Es ist wahrscheinlich, daß Ramses III. Chromeisenerz und auch Py-
rit (Eisenkies) gemeint hat – Erze, die es in Griechenland reichlich gibt
und gegeben hat –, als er von Metall und Erz schrieb, das auf Galeeren
von Atika nach Ägypten zur Vorbereitung auf den bevorstehenden
Krieg gegen Persien gebracht worden ist. Wenn das der Fall gewesen
ist, dann war das Erz aus Griechenland auf jeden Fall dem Kupfer vor-
zuziehen, das aus Zypern oder Sinai kam.
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Kapitel IV
Über Sprache, Kunst und Religion
Der semitische Einfluß auf Sprache und Religion in Ägypten
Nach dem Fall von Jerusalem hat in Ägypten über 200 Jahre lang eine
jüdische Kolonie existiert. Der Einfluß der hebräisch-syrischen Spra-
che, sichtbar schon im sechsten Jahrhundert, muß zur Regierungszeit
Ramses III. noch ausgeprägter gewesen sein. Das ist in der Tat der Fall.
Häufig traten semitische Wörter an die Stelle von ägyptischen, und die
Schreiber von Ramses III. »ließen oft ein durchaus passendes ägypti-
sches Wort« zugunsten seines hebräischen Äquivalents fallen. So ist
beispielsweise bei den Inschriften am Tempel von Medinet Habu – um
nur ein beliebiges Beispiel anzuführen – das semitische Wort »ba-rech«
(segnen) an die Stelle des korrespondierenden ägyptischen Wortes ge-
treten.1
»Die Texte aus Medinet Habu gehen in ihrer Wortwahl bis an die
äußersten Grenzen. Sie zeigen eine Bemühtheit um ungewöhnliche
Wörter und Redewendungen … Sie gefallen sich besonders darin,
fremdsprachliche Wörter zu verwenden, die sich in der Regel aus se-
mitischen Sprachen ableiten. Darin zeigt sich ein Streben nach dem
Eindrucksvollen, ein etwas kindliches Bestreben, einen möglichst ho-
hen Bildungsgrad erkennen zu lassen, aber auch ein zunehmender
Internationalismus. Daß semitische Ausdrücke so häufig in den Texten
von Medinet Habu vorkommen, weist auf ein hohes Ausmaß an wech-
1 Im Papyrus Harris wird das hebräische Wort aschek statt des ägyptischen Begriffs für
»unterdrücken« benützt. Weitere Beispiele sind: aliah für »Rampe«, keseth für »Decke«, marcheschet für »Pfanne«, und tzaek für »Schrei«. Siehe J. H. Bondi: Dem hebräisch-phönizischen Sprachzweige ungehörige Lehnwörter in hieroglyphischen und hieratischen Texten. (Leipzig 1886).
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selseitigen kulturellen Beziehungen im gesamten Raum des alten Ori-
ent hin.«2
Dieses Charakteristikum wird verständlich, wenn man dabei auch
den Einfluß der jüdischen Kolonie in Ägypten berücksichtigt; es
kommt allerdings sehr ungelegen, wenn Ramses III. ein Zeitgenosse
der Richter Gideon, Jephta oder Samson sein soll – und das vor allem
deswegen, weil in dem gesamten Buch der Richter keinerlei Kontakt
zu Ägypten erwähnt wird.
Ramses III. schrieb: »Ich gehe auf den Wegen … des Herrn des Alls,
meines erhabenen göttlichen Vaters, des Königs der Götter.«3 Der Ein-
fluß der jüdischen Siedlungen in Ägypten könnte auch einige Spuren
im ägyptischen religiösen Gedankengut hinterlassen haben.
Ramses III. hat auch häufig Baal erwähnt, und es wurde schon dar-
auf verwiesen, daß der bislang in Ägypten kaum bekannte Baal-Kult
zu dieser Zeit stark in den Vordergrund rückte. Das Aufblühen dieses
Kults in Ägypten muß dem Einfluß der nichtjüdischen Bevölkerung
von Palästina und ihren Wechselbeziehungen zu Ägypten zugeschrie-
ben werden.
Sehr tiefgehend oder dauerhaft ist der Einfluß der hebräischen Reli-
gion auf die ägyptische Konzeption vom höchsten göttlichen Wesen
offensichtlich nicht gewesen. Im Tempel von Medinet Habu finden
sich zahlreiche Abbildungen von Göttern mit menschlichen Körpern
und den Köpfen von Vögeln und Tieren, denen der König seine Vereh-
rung entgegenbringt; er tritt auch vor
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