Die Seevölker
hieroglyphischer Text mit
irgendeinem Hinweis auf »Atika« gefunden worden- und Sinai lag an
der Türschwelle Ägyptens.
Das Erz wurde in »ihren Galeeren« gefördert, das bedeutet, daß
nicht ägyptische Schiffe zum Abtransport verwendet wurden, sondern
Schiffe aus dem Land, in dem das Erz gewonnen worden war. Man
denkt unwillkürlich an seefahrende Nationen wie Phönizier, Zyprio-
ten, Lydier und Griechen. In Zypern hat es umfangreiche Kupferminen
gegeben, und es gibt sie dort noch heute – ja, gerade der Name der
Insel hat diesem Metall den Namen gegeben – oder umgekehrt, die
Insel erhielt ihren Namen von dem dort geförderten Metall. Aber die
Aussage, Atika sei zur See und zu Lande erreichbar gewesen, schließt
Zypern aus. Der langanhaltende Krieg, den König Euagoras jahrzehn-
telang gegen die Perser führte, hielt Zypern von größeren Handelsak-
tivitäten ab, und man suchte wahrscheinlich nach neuen Erzquellen in
Ländern, die es normalerweise aus Zypern importiert haben würden.
1 Breasted: Ancient Records, IV, 408.
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Auch die Phönizier waren für ihre Erzeugnisse auf die Erzeinfuhr aus
Zypern angewiesen.
Wenn das Problem der Lokalisierung von Atika von der Vorausset-
zung abhinge, daß es zur See und zu Lande erreichbar sein müßte, wie
Breasted es auffaßte, dann könnte nachgewiesen werden, daß Attika in
Griechenland, jener Einzelstaat, dessen Hauptstadt Athen gewesen ist,
diese Voraussetzungen erfüllt. Die Überquerung des Hellesponts (der
Dardanellen) war eine Errungenschaft, die sowohl im Frieden als auch
im Krieg regelmäßig gelungen war, sei es mit Hilfe von Galeeren, von
Flößen oder von aus Booten errichteten Schiffsbrücken; Xerxes voll-
brachte das Manöver auf dem Weg nach Griechenland –481 und Alex-
ander wiederholte es in umgekehrter Richtung, als er 150 Jahre später
gen Osten marschierte.
Aber der Text ist auf eine derartige Voraussetzung gar nicht ange-
wiesen. In der Tat ist dort von Erz die Rede, das auf »ihren« (d.h. dem
Volk von Atika gehörenden) Eseln von den Kupferminen zu den Schif-
fen transportiert wurde, und dann von einem Transport zu Schiff nach
Ägypten – wiederum auf »ihren« Schiffen (»der Leute von Atika«).
Die Frage der Identität des Landes Atika, das in den Papyri erwähnt
wird, mit dem Land Attika, dessen Hauptstadt Athen war, beschränkt
sich also auf das Problem, ob dort, in Attika, tatsächlich ungewöhnlich
hartes Metall oder Legierungen davon gefunden wurde. Im Großen
Papyrus Harris wird das in den Minen von Atika geförderte Metall mit
hmt bezeichnet, das Breasted als »Kupfer« übersetzt – allerdings mit
Einschränkungen, denn hmt ist nicht der üblicherweise für dieses Me-
tall verwendete Begriff. In einem anderen Text wird dasselbe Wort hmt
für drei verschiedene Arten von Erz oder Metallegierungen verwendet,
von denen keine näher benannt wird, aber die Härte des Erzes bzw.
der Legierung wird nachdrücklich betont.2 Dieses Wort wurde also
ganz allgemein für Metall (oder Erz) benutzt. Heutzutage wird in Grie-
chenland kein Kupfer produziert, aber Erze nehmen auf der Exportli-
ste einen hohen Rang ein, und bei ihnen handelt es sich vorwiegend
um Pyrit (Eisenkies) und um Chromeisenerz.
Pyrit hat das Aussehen von Messing – es ist ein blaßgelbes Mineral,
2 Alan Gardiner: »The Torab of a Much Travelled Theban Official«, in: Journal of Egyptian Archaeology, IV (1917). S. 28ff.
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das Bisulfid von Eisen; andere Metalle, die gelegentlich einen Teil des
Eisens ersetzen, sind Kobalt, Nickel und Kupfer. Das Pyrit hat den
Spitznamen »Narrengold«, und nicht selten enthält es etwas Gold.
Das Chromeisenerz setzt sich aus Eisen und aus Chrom zusammen.
Das zuletzt genannte Element wird in seinem Härtegrad nur noch von
Boron und von Diamanten übertroffen; mit einer Beimischung von Blei
wird das Chromeisenerz gelb. Metallenes Chrom gewinnt man, indem
man das Oxid mit Hilfe von Kohlenstoff reduziert. Wegen seiner Härte
und seiner nicht anlaufenden Eigenschaft wird es zur Plattierung an-
derer Metalle benutzt. In der Stahlindustrie wird Chrom weithin zur
Härtung einer Metalllegierung angewendet.
Die Härtung des Eisens, das sich in Verbindung mit Chrom im
Chromeisenerz befindet, würde es sehr begehrt zur Herstellung von
Waffen erscheinen lassen und auch zur Herstellung von Werkzeugen
für die Steinbearbeitung. In der Tat ließe sich die bisher ungelöste Fra-
ge –
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