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Die Seevölker

Die Seevölker

Titel: Die Seevölker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Immanuel Velikovsky
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und Kunstexperte T. H. Le-
    wis, dem man die Kacheln zur Begutachtung vorlegte, schrieb: »Am
    bemerkenswertesten ist die Tatsache, daß bei mehreren Platten auf der
    Rückseite griechische Buchstaben zu finden sind, die offensichtlich
    dort im Verlauf des Herstellungsprozesses angebracht wurden.«1
    Aber wie konnten in der Zeit von Ramses III., also zu Beginn des 12.
    Jahrhunderts vor unserer Zeit, griechische Buchstaben verwendet

    1 T. H. Lewis: »Tel-el-Yahoudeh«, Transactions of the Society of Biblical Archaeology , VII, 1881 (1882), 182.

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    werden? Das griechische Alphabet wurde erst viel später vom phönizi-
    schen oder hebräischen Alphabet abgeleitet; in Griechenland selbst, auf
    den Inseln und in Kleinasien hat man keine Spuren davon aus der Zeit
    vor –750 finden können. Das Problem der griechischen Buchstaben auf
    den Kacheln aus dem Palast Ramses' III. kann nicht einmal dadurch
    gelöst werden, daß man von der Annahme ausgeht, das aus dem Phö-
    nizischen abgeleitete griechische Alphabet stamme nicht aus dem 7., 8.
    oder 9. Jahrhundert, sondern es sei einige Jahrhunderte älter. Worauf
    es wirklich ankommt, ist die Tatsache, daß die griechischen Buchsta-
    ben auf den ägyptischen Kacheln nicht wie die frühen griechischen
    Buchstaben aus dem 7. Jahrhundert aussehen, sondern wie die klassi-
    schen Buchstaben aus der Zeit Platons.
    Urteilt man nach diesen Buchstaben, dann müßten die Kacheln in
    einem der späteren Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung hergestellt
    worden sein. Die spezielle Form des alpha wurde nämlich erst zu dieser
    Zeit eingeführt.2 Auch die Form einiger anderer Buchstaben deutet auf
    ihre Entstehung in einem späteren Jahrhundert hin. So erscheint das
    sigma als C und nicht als Σ . Aufgrund dieser ins Auge fallenden Tatsachen waren die Gelehrten zunächst sicher, daß die Kacheln im letzten
    Jahrhundert der Spätzeit (also im 4. Jahrhundert) entstanden sind,
    möglicherweise sogar erst während der nach Alexander dem Großen
    einsetzenden Periode der griechischen Herrschaft unter den Ptolemä-
    ern.
    »Die griechischen Buchstaben, die man auf den Fragmenten und
    Scheiben vorfindet, vor allem das alpha, erlauben keinen Zweifel [ ne
    laissent aucun doute ] daran, daß diese Arbeiten während der letzten
    Jahrhunderte des Ägyptischen Reiches ausgeführt worden sind, wahr-
    scheinlich zur Zeit der Ptolemäer; die Sache wird allerdings schwieri-
    ger, wenn wir uns die Frage stellen, wer dieses Werk geschaffen hat.«3
    So schrieb Emil Brugsch.
    Wer hat nun dieses Werk geschaffen? Hier ergab sich ein innerer
    Widerspruch: Urteilt man nach den Titeln und nach den Entwürfen auf
    ihrer Vorderseite, dann wurden diese Kacheln zur Zeit Ramses' III.

    2 a.a.O., S. 189.
    3 E. Brugsch: »On et Onion«. Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l'archéologie égyptiennes et assyriennes , VIII (1886), 5.

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    Abb. 2: Kacheln aus den Ruinen des Palastes Ramses' III. bei Teil el-Jahudija im Delta.
    Die persischen Motive der Reliefmuster auf blauem Feld weisen auf die gleiche Epoche
    des frühen 4. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung wie die griechischen Buchstaben,
    die ebenfalls vor dem Brennen auf der Rückseite der Kacheln von den ausländischen
    Künstlern angebracht worden sind.

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    hergestellt; urteilt man aber nach den griechischen Buchstaben auf
    ihrer Rückseite, dann können sie frühestens im vierten Jahrhundert
    entstanden sein.
    »Etwas erscheint seltsam an diesen Scheiben, die in so großer An-
    zahl gefunden wurden; einige von ihnen haben auf der Rückseite grie-
    chische Buchstaben, andere ägyptische Zeichen. Die griechischen
    Buchstaben zeigen, daß gelegentlich auch Ausländer bei diesen Arbei-
    ten beschäftigt wurden... Es ist kaum anzunehmen, daß spätere Könige,
    wie beispielsweise die Saiten oder die Ptolemäer, sich die Mühe ge-
    macht haben könnten, für ihren Vorgänger Ramses III. einen so
    prachtvollen Palast zu bauen, dessen Saalwände nicht nur mit Darstel-
    lungen von Pflanzen und Tieren geschmückt waren, sondern auch mit
    Darstellungen der kriegerischen Heldentaten von Ramses III.«4 So
    schrieb Edouard Naville.
    Das Dilemma war sehr deutlich, aber es gab dafür keine Erklärung;
    die griechischen Buchstaben konnten unmöglich zur Zeit Ramses' III.
    zu Beginn des 12. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung geschrieben
    worden sein; sie konnten aus den letzten Jahrzehnten des Ägyptischen
    Reiches oder der darauffolgenden Zeit der

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