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Die Seevölker

Die Seevölker

Titel: Die Seevölker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Immanuel Velikovsky
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Zweifel zu ziehen. Nachdem eine Reihe be-
    rühmter Wissenschaftler 50 Jahre lang die Buchstaben auf den Kacheln
    als griechisch identifiziert hatte, wurde eine neue Idee geboren: Man
    versuchte, sie als hieratische Zeichen zu interpretieren.9 Hieratische
    Schrift wurde als vereinfachte fließende Schreibweise von den Priestern
    verwendet, wobei die ornamentalen Formen und Ausschmückungen
    der Hieroglyphen weggelassen wurden. Von etwa zehntausend Zeichen
    in der hieratischen Paläographie10 – die die mannigfachen divergie-
    renden Formen umfaßt, wie sie in einer Vielzahl von Handschriften in
    zahlreichen Generationen von Schreibern benutzt worden waren –
    konnten vielleicht einige wenige eine zufällige Ähnlichkeit mit griechi-
    schen Buchstaben aufweisen. Obwohl man die 10 000 hieratischen Zei-
    chen nach allen Richtungen hin- und hergewendet hat, um einen Ver-
    gleich zu ermöglichen, sehen sie aber trotzdem nicht wie griechische
    Buchstaben aus.

    9 M. Hamza: Annales du Service des Antiquités de l'Egypte, XXX (Kairo 1930), S. 58.
    10 G. Moller. Hieratische Paläographie (2. Auflage 1927-36) enthält 2145 Hieroglyphen-Zeichen und etwa 10000 mit ihnen korrespondierende hieratische Formen.

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    Um dies zu verdeutlichen, zeige ich hier Mahmud Hamzas »Äqui-
    valente«. Das umgekehrte und nach oben geöffnete alpha wurde als ein
    neues hieroglyphisches Zeichen in Form einer geöffneten Lotosblüte
    interpretiert, obschon man ihm niemals vorher auf einem Papyrus oder
    auf einem Stein begegnet war, und es natürlich auch nicht in dem voll-
    ständigen Katalog der hieratischen Zeichen enthalten ist. Man muß
    sich auch vor Augen halten, daß sich auf der Rückseite der Kacheln
    nur entsprechend viele verschiedene Buchstaben und Zeichen befin-
    den, und daß es sich bei fast allen um wohlgeformte griechische Buch-
    staben handelt. Wie konnte es dann dazu kommen, daß alle die vielfäl-
    tigen hieratischen Zeichen weggelassen und geradezu ausgiebig nur
    diejenigen benutzt wurden, die ausgerechnet griechischen Buchstaben
    ähnlich zu sein schienen?
    Griechische Buchstaben auf ägyptischen Gegenständen, die einer
    Zeit vier oder fünf Jahrhunderte vor Homer zugeschrieben wurden
    und die angeblich dem Zeitalter angehörten, das der legendären Bela-
    gerung von Troja vorausging oder mit ihm zeitgleich war, stifteten
    auch weiterhin Verwirrung. Haben Achilleus und Odysseus bereits das
    griechische Alphabet in der uns bekannten Form benutzt und mit ihnen
    zugleich auch die Handwerker und Arbeiter? Warum hat man denn
    aus dem 13. und 12. Jahrhundert keine griechischen Inschriften, die auf
    diesem von den Phöniziern abgeleiteten Alphabet beruhen, in Grie-
    chenland selbst oder in Kleinasien finden können? Und vor allem, wie
    konnten griechische Handwerker in Ägypten im 12. Jahrhundert Buch-
    staben in einer Form verwenden, wie sie sich erst 800 oder 900 Jahre
    später herausgebildet hat?
    Das Problem der klassischen griechischen Buchstaben auf den Ka-
    cheln Ramses' III. aus dem 12. Jahrhundert und älterer griechischer
    Buchstaben, die ein Jahrhundert früher zu datieren sind, ist niemals
    gelöst worden, und wird heute weitgehend so behandelt, als handle es
    sich dabei um ein parapsychologisches Phänomen. »Irgendwann wird
    diese Frage greifbar werden«, schrieb einer der oben erwähnten Ge-
    lehrten resigniert, als er das Problem in vollem Umfang erkannte und
    sich der Sackgasse, in die man geraten war, bewußt wurde.11 Aber seit
    drei Generationen haben sich die Gelehrten von diesem Problem ab-

    11 Griffith in Naville: The Mound of the Jew, S. 41.

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    gewandt, ohne Aussicht auf eine Lösung.
    Wir haben uns bisher vorwiegend mit der Rückseite der Kacheln be-
    faßt. Auf ihrer Vorderseite sehen wir ein Reliefmuster auf blauem Feld
    mit einer Glasierung, die in zarter und einheitlicher Weise das Relief
    und die Fläche bedeckt.
    Naville schreibt: »Diese Arbeit erinnert uns auffallend stark an die
    persische Kunst, und zwar sowohl an die moderne als auch an die an-
    tike. Sie scheint in Persien in weit größerem Maße verbreitet gewesen
    zu sein als in Ägypten.«12 Diese Beobachtung türmt auf das »griechi-
    sche Problem« noch ein »persisches Problem«, wenn die Kacheln mehr
    als sechshundert Jahre vor der Unterwerfung Ägyptens durch Kamby-
    ses hergestellt worden sind. Die Griechen kamen erstmals nach Ägyp-
    ten und ließen sich dort im 7. Jahrhundert während der Regierungszeit
    von Psammetich nieder

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