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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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wie die Kinder mit hölzernen Knütteln üben? Hat mac Calma denn gesagt, dass es ein echtes Schwert sein müsste?«
    »In der Tat, das hat er gesagt. Und überhaupt, selbst Kinder üben nicht mit Knütteln, sofern sie ihre erste richtige Schlacht überleben wollen. Krieger, die mit Holzwaffen üben, sterben im Kampf nämlich gleich nach denen, die meinen, sie wären zu groß, um Angst zu haben. Das Holz lehrt einen nicht jene Reflexe, die man braucht, um es mit Eisen aufnehmen zu können.«
    »Aber ich werde es ja auch nicht mit Eisen aufnehmen, von deinem einmal abgesehen. Zudem wirst du mich ohnehin gewinnen lassen, damit wir wieder nach Hause zurückkehren können. Gerade du wirst doch nicht versuchen, mich zu töten. Das Ganze ist also sinnlos.« Bellos schleuderte seine Waffe zu Boden. Klirrend schlug sie gegen einen Felsen. »Im Sitzen kann ich schon zwei deiner Schläge abwehren. Das reicht. Jetzt muss ich nur noch aufrecht stehen können, und du darfst nicht so... Julius? Hörst du mir zu? Ich sagte, ich muss jetzt nur noch stehen können, dann können wir...«
    Er verstummte. Leider war es Bellos bereits viel zu sehr zur Gewohnheit geworden, in die leere Luft zu sprechen, besonders, wenn diese Luft erfüllt war von einem lebenden Mann, oder, genauer gesagt, dem Abbild jenes Mannes, dessen Aufmerksamkeit sich gerne auf etwas ganz anderes richtete. Bellos ließ den Blick in jene Richtung schweifen, in die auch Valerius starrte, und sah, wie auf dem Pfad hinter dem Großen Versammlungshaus mit den gemessenen Schritten einer Trauergesellschaft eine Abordnung von Träumern entlangwanderte, in ihrer Mitte eine von Hand getragene Totenbahre. Von dem Leichnam, der darauf lag, konnte man nichts erkennen, nur die Farbe des Haares, die von dem Kupferrot eines Fuchses im Winter war. Die Träumer wurden angeführt von einem Mann, der nicht Luain mac Calma war, in dessen Haltung sich aber die gleiche Autorität ausdrückte.
    Mit einer Stimme bar jeder Empfindungen flüsterte Valerius einen Namen - » Efnís« - und war gleich darauf verschwunden.
    Es war noch nicht Vollmond, und der Tag war noch jung und warm. Bellos, den man wegen eines Mannes verlassen hatte, der offenbar größeres Interesse hervorzurufen vermochte, machte sich also daran, aus eigener Kraft die letzte von mac Calmas Bedingungen zu erfüllen.
     
    Als Valerius zurückkehrte, lag Bellos neben dem Strom, den Kopf hügelaufwärts gebettet, so wie es mac Calma befohlen hatte. Wie mac Calma aber nachdrücklich nicht befohlen hatte, lag der Kopf des Jungen auf einer Kante des Zaunkönigsteins; allmählich gerinnendes Blut verklebte sein Haar zu einem dunklen Durcheinander, und ein bisschen davon tropfte sogar auf den Boden hinab.
    »Bellos...«
    »Ich weiß. Brüll mich nicht an. Ich habe Kopfschmerzen.« Zu plötzlich und zu weit öffnete Bellos beide Augen. »War das deine Schwester auf der Bahre?«
    »Was? Nein, das war eine Träumerin, die versucht hatte, in die Festung der Zwanzigsten Legion einzudringen. Drei Tage lang hatten die Inquisitoren sie in ihrer Gewalt. Der Legat hatte schließlich befohlen, das, was von ihrem Körper noch übrig war, in Sichtweite der Fähre zu deponieren. Aber was hast du...«
    »Und ist der Träumer, Efnís, nun wieder dein Freund?«
    »Nein. Er hasst mich. Wenn wir nicht unter mac Calmas Schutz stünden, würde er uns das Gleiche antun, was Rom gerade mit der Träumerin angestellt hat. Und das weißt du. Ist etwa Efnís der Grund, weshalb du...«
    »Nein. Ich wollte nur mal wieder wissen, wie die Welt für einen aussieht, wenn man aufrecht steht. Das ist schon so lange her, dass ich es ganz vergessen habe.« Bellos’ Grinsen war nur noch ein Schatten seiner morgendlichen Fröhlichkeit. »Oder wenn du dich gerne in Selbstbeschuldigungen suhlen willst, dann könnten wir auch sagen, dass es allein deine Schuld ist, weil du wolltest, dass ich wieder aufrecht stehe und kämpfe. Also, wenn man uns beiden nun schon gleichermaßen die Schuld geben muss, brauchen wir uns darüber wenigstens nicht mehr zu streiten. Aber könntest du mich vielleicht bald mal aus der Sonne herausschaffen, was meinst du? Sie ist zu stark und tut mir in den Augen weh. Ich kann dich nicht richtig sehen.«
    Sein Kopf fiel zur Seite, und nun wurde deutlich, dass er weinte; zarte, nur ganz langsam kullernde Tränen hatten bereits eine Spur auf seinen Wangen hinterlassen. Sein Blick, mit dem er eindeutig Valerius ansehen wollte, fixierte stattdessen die

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