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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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sein mochten, ganz gleich, wie sonderbar ihre Sprache oder Kleidung, jeder Mann und jede Frau unter ihnen erkannte einen scharfen, auf den Mann dressierten Hund auf den ersten Blick. Und so war Graine - während überall um sie herum das Chaos herrschte und Verkaufsstände aufgebaut wurden und die ersten leidenschaftlichen Verhandlungen begannen - vollkommen unbehelligt und von einem Ring der Leere umgeben durch das Getümmel geschritten, und Trauben von eifrig feilschenden Erwachsenen hatten sich bei ihrem Herannahen schlagartig geteilt, um eine Gasse zu bilden, und sich erst dann wieder geschlossen, nachdem sie und der Hund vorbeigegangen waren.
    Graine war schnurstracks zum Stand ihrer Mutter marschiert, was zwar rührend war, aber nicht unbedingt förderlich fürs Geschäft; Breaca wollte nicht, dass die Händler und Marktbesucher ihr Angebot an Speerspitzen und Messern mieden und einen großen Bogen um ihren Stand machten - aber Stone bot nun einmal selbst im Schmucke seines königlichen Halsreifs aus Gänseblümchen und Butterblumen noch immer einen derart Respekt einflößenden Anblick, dass er niemanden zum Nähertreten verlockte.
    Breaca setzte sich ins Gras und kraulte den Hund im Nacken. Zu Graine sagte sie: »Ich glaube, die Männer, die hinter dir um das Feuer herumsitzen, sind die Sklavenhändler - und das ist auch der Grund, weshalb ich mich genau hier niedergelassen habe. Es wäre also vielleicht ganz gut, wenn du bei Ardacos bleiben würdest. Er ist für die Bratgruben zuständig. Du könntest ihm dort ein bisschen zur Hand gehen.«
    Graine blickte stirnrunzelnd auf den gespaltenen Stängel eines Gänseblümchens. »Oder könnte ich nicht auch Stone bei Ardacos lassen und dann wieder zu dir zurückkommen?« Sie legte den Kopf schief, ähnlich einer Drossel, die eine Schnecke im Gras entdeckt hat, während sie ihre Mutter auf eine Art ansah, die diese zu deuten gelernt hatte.
    »Gibt es einen speziellen Grund dafür, weshalb du hier bei mir sein solltest? Hast du vielleicht etwas geträumt, von dem ich wissen müsste?«
    »Nein, ich möchte nur gerne sehen, wie du mit den Leuten handelst und deine Waren an den Mann bringst. Du hast all diese Dinge von Eburovic und Macha gelernt, als du in meinem Alter warst. Eines Tages, wenn wir das Land von den Römern gesäubert haben, werde auch ich das alles wissen müssen.«
    »Und ich habe es dir nie beigebracht! Es tut mir Leid. Manchmal vergesse ich einfach, was es bedeutet, Mutter zu sein.« Breaca legte sieben Häutemesser in einer Reihe auf ihrer Decke aus. Die Sonne drang durch den Morgennebel, und das erste wässrige Licht verwandelte das Metall in Spiegel, so dass Breaca sich gleich sieben Mal hintereinander sah - zu ernst, zu fürsorglich, zu sehr darum bemüht, die Dinge recht zu machen. Ihr Vater war auch alles das gewesen, aber auf eine behutsame, zurückhaltende Art, so dass das Kind, aus dem einmal die Bodicea werden sollte, genügend Raum gehabt hatte, um zu wachsen und sich zu entwickeln.
    Breaca drehte ein wenig den Kopf und fuhr fort: »Stone sollte besser bei einem von uns bleiben, sonst jault er nachher wieder vor Kummer. Setz dich hinter die Decke dort und behalte ihn in deiner Nähe. Wenn du mich etwas tun siehst, was du nicht verstehst, frag mich anschließend danach, nicht, während ich mit den Leuten verhandele.«
    »Danke.« Vergnügt ließ Graine sich ein paar Schritte abseits des Verkaufsstandes im Gras nieder. Dann zog sie eine Hand voll schmuddeliger, aus Bernstein geschnitzter Amulette aus dem Beutel an ihrem Gürtel und begann, eines davon am Saum ihrer Tunika zu polieren. Die Amulette waren ganz eindeutig Erzeugnisse aus dem Norden, von den Kaledoniern gefertigt oder vielleicht sogar von einem Stamm, der noch näher am Dach der Welt siedelte: liebevoll geschnitzte Hirsche mit einem Menschengesicht unterhalb des Geweihs; Pferde, die stehen blieben, wenn man sie auf die Füße stellte, und Eulen, die gegen die dunklen Ängste der Nacht beschützen sollten. Bestimmt hatte Airmid Graine die Amulette überlassen, oder vielleicht war es auch Ardacos gewesen; jeder der beiden würde erkannt haben, dass das Mädchen etwas lernen musste und dass seine Mutter möglicherweise nichts mitgebracht hatte, was sich als Übungsmaterial eignete.
    »Wenn du die da verkaufen möchtest«, erbot Breaca sich, »dann können wir sie ja auf der Decke arrangieren.«
    Das war es, was von ihr erwartet wurde, und sie hatte ihre Rolle gespielt. Graine

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