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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Das Fleisch zerfiel in ihrer Hand, fettig und mürbe. »Kein Mann von Ehre und Gewissen würde Sklavenhändlern Handelsrechte zugestehen«, erwiderte sie und fügte dann, weil es laut ausgesprochen werden musste, noch hinzu: »Sollen wir das etwa so verstehen, dass der neue Gouverneur kein Mann von Ehre und Gewissen ist?«
    Theophilus beugte sich zur Hitze des Feuers vor. »Suetonius Paulinus ist ein General«, erklärte er. »Er hat bereits zahllose Armeen in die wildesten Teile des Kaiserreichs geführt. Der Befehl, den er von Rom erhalten hat, lautet, die Stämme des westlichen Britanniens zu unterjochen oder bei dem Versuch zu sterben. Könnten wir unter dem Druck eines solchen Befehls wohl noch wie Menschen von Ehre und Gewissen handeln? Oh, danke! Ich dachte schon, Ihr wolltet erst die Hunde versorgen, ehe Ihr mich bewirtet.«
    »Die kommen gleich dran.« Gedankenverloren warf Breaca Stone, der ihr am nächsten war, ein Stück Bratenkruste hin und schnitt dann etliche weitere Brocken Fleisch für die graue Hündin und ihre Welpen ab, die in ein paar Schritten Entfernung warteten. »Wir sollten ganz offen miteinander sein«, fuhr sie fort. »Wollt Ihr damit sagen, dass der neue Gouverneur den Sklavenhändlern Handelsrechte zugestanden hat?«
    »Ja«, antwortete Theophilus, »obgleich die tatsächliche Entscheidung über die Handhabung dieser Dinge beim Prokurator liegen wird, diesem elenden Blutsauger, der gerade mit einer Wagenladung Eures Goldes Richtung Süden abgezogen ist. Falls dieser Mann also überhaupt so etwas wie Mitgefühl besitzen sollte, dann ist es auf jeden Fall gut versteckt. Wenn ich an Eurer Stelle wäre, würde ich alles Notwendige tun, um meine Kinder zu schützen.«
    Er sagte dies zu Breaca, doch seine Augen - und auch die ihren - ruhten dabei auf dem König der Eceni, der ebenfalls Theophilus’ Neuigkeit vernommen hatte und nicht im Geringsten überrascht schien.
    Tagos wurde verdächtig rot und machte ein großes Getue darum, den Torques, den er um den Hals trug, zurechtzurücken und die Kriegerfeder so zu arrangieren, dass sie flach auf seinem Schlüsselbein lag. »Graine wird nichts passieren«, sagte er schließlich. »Er hat es versprochen. Der alte Gouverneur sagte damals, sie sollte nach Rom geschickt werden, um in den Sitten und Gepflogenheiten des kaiserlichen Hofes unterwiesen zu werden, wie es sich für das Kind eines Königs geziemt. Ich habe gesagt, dass die Eceni das nicht erlauben würden, dass Graine dafür aber hier unterrichtet wird. Der Prokurator hat geschworen, dass niemand sie anrühren wird.«
    » Der Prokurator hat geschworen ?«
    Der Morgen schien plötzlich dünn und zerbrechlich, wie eine Eisschicht auf einer Pfütze. Sehr ruhig und beherrscht sagte Breaca: »Wenn du mir jetzt sagst, dass du dich mit diesem widerlichen Halsabschneider oder mit dem Gouverneur oder mit sonst irgendjemandem auf eine Sklavenquote aus Eceni-Ländern geeinigt hast, dann bringe ich dich um.«
    Tagos schluckte trocken. »Ich habe in keinerlei Quote eingewilligt«, erwiderte er. »Davon ist auch überhaupt keine Rede gewesen.«
    »Aber sie werden hierher kommen, um Menschenhandel zu treiben, hier, in den Eceni-Gebieten? Sie werden Eceni-Eltern ihre Eceni-Kinder abkaufen? Oder werden sie sich die Kinder einfach mit Gewalt nehmen oder sie kurzerhand verschleppen, wenn sie gerade einmal unbeaufsichtigt sind?«
    Soll ich dir zeigen, wie es ist für ein Volk, geschröpft und ausgebeutet zu werden ...
    » Ich glaube, selbst der Prokurator würde nicht erlauben...«
    »Aber natürlich würde er das«, warf Theophilus mit scharfer Stimme ein. »Schließlich hängt das Leben des Prokurators davon ab, dass er Profit aus Britannien herausschlägt, und die Handelsund Gewerbesteuer ist seine größte Einnahmequelle. Sklavenhändler machen mehr Profit als alle anderen Händler zusammengenommen. Die erste Gruppe von ihnen ist bereits mit der Flut bei Vollmond hier angelandet. Sie sind Latiner, Männer aus dem Gebiet um Rom herum, die nicht die uneingeschränkte römische Staatsbürgerschaft besitzen. Sie betrachten sich selbst als Beinahe-Römer und fühlen sich ihrer wahren Rechte beraubt; sie sind darüber verbittert und daher doppelt gefährlich. Acht von ihnen haben zusammen mit einer Gruppe von gallischen Geschirrmachern den Ozean überquert und sind nun auf dem Weg nach Norden, um Euren Frühjahrspferdemarkt zu besuchen. Wenn ich für das Wohl und Wehe der Eceni verantwortlich wäre, würde ich

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