Die Seherin der Kelten
Messer macht, schallt weiter, als man meinen würde, und einer von den Latinern spitzt immer die Ohren und horcht auf das verabredete Zeichen. Wenn sie es hören, kommt der Große mit der Schulterbrosche in Form des springenden Fisches, um sich mit ihm zu treffen.«
»Der Echsen-Mann von den Coritani verließ die Lichtung, als es dunkel wurde. Wenn er noch nicht hier gewesen ist, dann deshalb, weil er auf jemanden wartet.«
»Auf dich vielleicht? Hatte er irgendwie gemerkt, dass du ihn beobachtest?«
»Schon möglich.«
Breaca wirbelte herum und lauschte auf die nächtlichen Geräusche des Waldes. Irgendwo in der Ferne bewegten sich Männer in Rüstung schwerfällig zwischen den Bäumen hindurch. Ein mattes Licht leuchtete, das heller war als die Lagerfeuer und schwächer als der Mond. »Bleiben die beiden Sklavenhändler mit den Kettenpanzern immer dicht bei dem Fischbroschen-Mann?«, wollte Breaca wissen.
Auch Cunomar hatte gehört, was sie vernommen hatte. Er ging in die Hocke und hob das Messer mit dem Bärenheft auf. »Nur einer von ihnen kommt derart weit mit in den Wald hinein«, erklärte er. »Der andere wartet in der Nähe des Marktgeländes, um Vorübergehende fern zu halten.«
»Für alle Fälle, damit sie nicht dahinterkommen, dass die Coritani dazu übergegangen sind, Menschenleben für Gold zu verkaufen, und dass ein Latiner, der eine Fischbrosche trägt, sie kauft.« Breaca zog nun auch ihr eigenes Messer aus dem Gürtel. »Sie sind unterwegs. Sie haben Fackeln dabei, ausgerechnet, aber der grelle Lichtschein müsste sie eigentlich blind machen für alles, was sich nicht in ihrer Reichweite befindet. Gut. Wir zwei sollten uns jetzt besser in den Hintergrund verziehen...«
Sie wichen ein Stück zurück, und der Raum um sie herum war pechschwarz im Vergleich zu dem Licht der Harzfackeln, die die Sklavenhändler mitbrachten; und jedes etwaige Geräusch, das Breaca und Cunomar verursachen mochten, ging unter in dem Getrampel und Gepolter von Männern, die nicht gelernt hatten, einen nächtlichen Wald lautlos zu durchpirschen.
Der latinische Händler erschien als Erster, begleitet von dem kettenpanzerbewehrten Exlegionär, der als sein Leibwächter fungierte. Der mit Juwelen besetzte Fisch an seiner Tunika glitzerte hell im Licht der Fackel. Der Coritani-Krieger ließ sich mit seiner Ankunft Zeit, und er kam ohne Licht und bewegte sich vollkommen geräuschlos durch den Wald; er war einst ein Jäger gewesen, hatte sowohl auf Tiere als auch auf Menschen Jagd gemacht. Er sprach Lateinisch mit einem gallischen Akzent, und sein Gegenüber antwortete in derselben Sprache, wobei Losungsworte ausgetauscht wurden, die beide Seiten kannten. Wenn der Coritani wusste, dass er beobachtet wurde, so ließ er sich zumindest nichts davon anmerken.
Beide Männer waren es gewohnt, Bedingungen auszuhandeln und Tauschgeschäfte abzuwickeln, und sie machten keine Konzessionen; der Handel ging glatt und problemlos vonstatten, so als ob sie einen für den Kampf dressierten Junghengst gegen eine Wagenladung Häute tauschten. Breaca lauschte den Verhandlungen, achtete dabei aber weniger auf die Details als auf den Ton. Es war kein neues Unternehmen, und es war auch nicht das erste Treffen, sondern lediglich das jüngste in einer ganzen Reihe von knallhart kalkulierten Geschäften.
Neben ihr stützte Cunomar sich auf ein Knie, und seine eine Hand ruhte auf seinem Speer, während seine gesamte Aufmerksamkeit auf die Männer konzentriert war. Er zitterte leicht am ganzen Körper, ganz ähnlich wie Stone, wenn dieser auf der Jagd war und wie gebannt einen Hasen beobachtete. Die gleiche äußerste Angespanntheit und Konzentration hatte Breaca auch schon bei Ardacos beobachtet, unmittelbar vor einer Schlacht, wenn der Geist der Bärin ihn am stärksten erfüllte. Sie wünschte sich so sehr, dass Ardacos Cunomar jetzt sehen könnte.
Die Abmachung war getroffen: Ein Dutzend fast erwachsene Jugendliche sollten in den Seehafen unmittelbar südlich von Camulodunum geliefert werden, gegen Zahlung von dreißig Flaschen guten Weins, die mit dem Siegel des Kaisers gekennzeichnet waren, drei Deckelkrügen mit Oliven und einer nicht näher genannten Summe in Gold, die auf der Stelle den Besitzer wechselte und als Sicherheit diente. Der Echsen-Krieger zählte die Münzen und verstaute sie dann in seinem Gürtelsack. Sie klirrten gedämpft, wenn der Beutel gegen seinen Schenkel schlug.
Auf ein Zeichen des Latiners mit der Fischbrosche hin
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