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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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richtete sich zur vollen Größe auf, salutierte vor seinem Sohn und Nachfolger und wartete darauf, dass Phoebus es ihm gleichtat.
    Das ging zu schnell! dachte Phoebus. Nein, das konnte nicht alles gewesen sein! Doch er hatte bereits auf dem Absatz kehrt gemacht. Nun reichte Niko ihm den Dreizack, den Blick nach innen gewandt. Ein Gefühl unendlicher Einsamkeit drückte ihn nieder, und plötzlich bekam Phoebus Angst, dies hier nicht durchzustehen. Er hatte schon Irmentis verloren, seine Jugend - und nun seinen Vater?
    Wieder drehte er sich um und ging zurück in den Ring. Zelos, den Dreizack locker in beiden Händen, stand entspannt auf den Fußballen. Seine Erhabenheit war Ehrfurcht gebietend, selbst jetzt, in der letzten Schlacht seines Lebens.
    Eine Giftschlange wurde auf den Boden geworfen, damit war der Kampf auf Leben und Tod eröffnet. Frühling gegen Winter, Jugend gegen Alter, Wille gegen Wille.
    Phoebus bewegte sich in einem engen Kreis, ohne dabei Ze-los’ Dreizack aus den Augen zu lassen, in den Ohren nur das unheimlich laute Schleifen ihrer bloßen Füße im Sand. Ein leises Zischen lenkte ihn ab, und er machte im letzten Moment einen Satz zurück, ehe die Hornviper nach ihm schlug.
    Seine Hände waren feucht, er hielt den Dreizack fest um-klammert. Zelos kam näher, und Phoebus wich dem ersten Schlag seitlich aus, parierte den zweiten und duckte sich unter dem dritten weg. Was würde geschehen, wenn keiner von beiden gewann? Das war ein unmöglicher Gedanke, der vom ersten Moment an zum Sterben verurteilt war. Nur ein einziger Mann würde den Kampfplatz lebend verlassen. Er würde seinen Vater nicht beschämen.
    Zelos griff erneut an, doch Phoebus rollte sich unter den Zinken ab und packte seinen Dreizack, ehe Zelos sich umgedreht hatte. Wenn er Zelos nicht tötete, würde er Ileana niemals bestrafen dürfen. Das Bild einer gebrochenen und bettelnden Ileana - flehend, das hübsche Gesicht entstellt, den alternden Leib entblößt - stieg Phoebus wie ein Rausch zu Kopf.
    Er stach nach Zelos, wenngleich nicht in einer Attacke, sondern nur um seinen Kampfgeist zu zeigen. Sein Vater lächelte, und Phoebus begriff, dass er ihn töten und dann speisen würde, so wie es Generationen goldenhaariger, blauäugiger Männer vor ihm getan hatten.
    Er würde Ileana nicht leiden lassen.
    Eine zweite Giftschlange wurde in den Sand geworfen. Zwei, denen er ausweichen musste, während er Zelos angriff. Phoebus schlug zu, dass der Aufprall auf Zelos’ Dreizack Schockwellen durch seinen Arm laufen ließ, die seine Knochen bis zu den Zähnen hinauf klingen ließen. Er öffnete den Mund, verringerte den Druck auf den Kiefer, und wich seitwärts aus.
    Wieder stießen sie zusammen, erst oben, dann unten; näher, weiter auseinander. Es war ein fast rhythmisches Klirren, zu dem Phoebus praktisch durch die Arena tanzte, laufend, ausweichend, zuschlagend. Zelos war erfahren, aber langsam, und Phoebus begriff, dass sein Vater mit seinen achtunddreißig Sommern alt und müde war. Phoebus drängte näher.
    Das erste Blut zeigte sich an Zelos’ Wade, durch Zufall, als Phoebus sich abrollte. Eine rote Linie perlte auf, woraufhin Zelos zum Angriff überging. Das stumpfe Ende von Phoebus’
    Dreizack traf Zelos erst in den Bauch, dann auf das Kinn, wodurch Phoebus sich Zeit zum Rückzug verschaffte.
    Eine dritte Giftschlange.
    Blitzschnell wischte Phoebus seine Hände an den Beinen ab, weil er nicht wagte, sie mit Sand zu bestäuben. Zelos’ Triton knallte auf seinen linken Arm, und die augenblicklich einsetzende Taubheit bewirkte, dass er die untere Hälfte des Dreizacks fallen ließ. Er war nicht in der Lage, sich zu verteidigen, und spürte wie Zelos’ Zinken über seine Bauchdecke schabten.
    Drei blutige Spuren. Er sah zu seinem Vater auf. Das zweite Blut. Noch eine Runde. Das Entsetzen in Zelos’ Miene verschwand unverzüglich wieder unter einer Maske, doch Phoebus war klar, dass dies der letzte entschiedene Angriff seines Vaters gewesen war.
    Zwei weitere Giftschlangen.
    Das Tempo des Todestanzes hatte sich gesteigert, jetzt griff Phoebus an, weit ausholend, seinen Hass auf Ileana ganz auf den Vater gerichtet, den er stets bewundert hatte. Zelos verteidigte sich geschickt, doch er schlug nicht zurück. Die Schlangen waren unruhig, rastlos, durch den Kampf verwirrt, und schlugen nach allem in ihrer Nähe - einander, den Schatten.
    Phoebus krachte gegen Zelos, sodass ihre Dreizacks über Kreuz kamen und durch ihre gegeneinander

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