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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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nicht wiederzuerkennen. Nicht wie damals, als sie in Ägypten erwacht war, was schon irritierend genug gewesen war. Diesmal sah sie aus wie eine Außerirdische. Sie war blau! Vom Schambein an aufwärts war sie mit eleganten, geschwungenen Hieroglyphen bedeckt; darunter mit Wirbeln, Arabesken und Wellen bemalt. Blau. Knallblau.
    Eine Meerjungfrau von Matisse.
    Stöhnend rappelte Chloe sich auf. Jeder Muskel tat ihr weh, weshalb sie die Tränen, die sie zurückblinzeln musste, auf ihren schmerzenden Körper schob, nicht auf ihr durchbohrtes Herz. Früher hatte Cheftu sie auf ganz andere Weise geliebt, und falls sie nicht zuvor eingeschlafen war, dann hatte sie ihm nun schon das zweite Mal keine Erfüllung bieten können. Stimmte etwas nicht mit ihr? Er hätte es ihr doch gewiss verraten?
    Warum also? Der Gedanke ließ ihr keine Ruhe. Sie stieg über ihren Rock und verschwand im Hinterzimmer, wo sie ihr Lager aufgeschlagen hatte. Niemand. Sie schluckte die Tränen hinunter, lief nach vorn und die drei Stufen zur Straße hinauf. Draußen war es absolut still und menschenleer, nur der Wind wehte im bleicher werdenden goldenen Licht.
    Chloe biss sich auf die Lippe und ging die Stufen wieder hinunter. Die boxenden Buben verharrten immer noch in ihrer starren Position, nun allerdings getüpfelt, darum nahm Chloe den Pinsel wieder auf. Die Punkte auf dem Arm und dem Fußgelenk ihres Jungen konnte sie in Perlen verwandeln. Erstaunlicherweise hatte Cheftus Junge nur an ein paar Haarsträhnen Farbe abbekommen. Chloe malte den Boxhandschuh schwarz aus, änderte dann die Richtung der Bauchschärpe, wodurch noch mehr Blau übermalt wurde, und betrachtete schließlich das Ganze mit verzogenem Gesicht. Es war kaum würdig, die
    Jahrtausende zu überdauern.
    Die Wasserurne war eiskalt, und Chloe zögerte, sich zu waschen. Was hatte Cheftu da geschrieben? Den Pinsel in einer Hand, las sie stockend die auf dem Kopf stehenden Glyphen ab und kopierte sie auf den Boden. Der würde irgendwann mit Steinen oder Muscheln bestreut.
    Als sie alles abgeschrieben hatte, las sie: »Mein Herz verzehrt sich nach dem, was es nicht haben kann, und liebt, was es nicht lieben kann.«
    Was hatte das zu bedeuten? Wieso war er verschwunden? Bis jetzt war doch alles recht gut gelaufen, oder? Er glaubte doch nicht wirklich, dass sie eine Affäre mit Dion hatte? Falls etwas los war, hätte er es doch erzählt?
    Hatte er das vielleicht versucht? Eine Beziehung beruhte auf Offenheit und Ehrlichkeit.
    Wonach verzehrte sich Cheftus Herz? Was liebte er, das er nicht lieben konnte? Wieso war er nicht geblieben? Mit Tränen in den Augen fuhr sie die Zeichnungen auf ihrer Haut nach, die Hieroglyphen, Kreise und Arabesken.
    Liebte er sie noch?
    In der Morgendämmerung würde sie aufbrechen, um ihm diese Frage von Angesicht zu Angesicht zu stellen.
    Cheftu war im Laboratorium und ließ sich durch den Kopf gehen, was er während der Nacht zu sehen bekommen hatte. Bei allen Heiligen und der Muttergottes! Diese Leute waren Cannibales! Er war froh, dass Chloe nicht dabei gewesen war, dass sie an diesem grausigen Festmahl nicht teilgenommen hatte.
    Nachdem er sich überzeugt hatte, dass er allein war, holte Cheftu das schwammige, zerfallene Stückchen Gehirn hervor, das er herausgeschmuggelt hatte. Mit bebenden Händen hob er es an, dann hielt er die Lampe hoch, damit ihr Licht durch das Gewebe fiel.
    Löcher.
    Nachdem er das Stück abgedeckt hatte, schickte er nach einem Schreiber. Die Rituale waren doch bestimmt auf irgendwelchen Tafeln und Schriftrollen in der Bibliothek aufgezeichnet, oder? Er hätte einfach fragen können, doch er fürchtete, dass man ihm dabei seinen Ekel anmerken würde. Cheftu konnte sich nicht mehr darauf verlassen, dass sich die Aztlantu wie andere Leute auch verhielten. Kein Wunder, dass die Erde versuchte, sie abzuschütteln!
    Der Schreiber kehrte mit den entsprechenden Schriften zurück - und mit Dion. Sie unterhielten sich kurz, dann konnte Cheftu nicht mehr an sich halten. »Wie lange gibt es dieses Ritual schon?«
    »Dass Zelos in Phoebus’ Körper athanati wird?«
    Cheftu schluckte die hochschießende Magensäure wieder hinunter. »Genau.«
    Dion lehnte sich zurück, streckte die Beine aus und stemmte die Hände in die Hüften. »Seit die Sippe der Olympier herrscht, würde ich meinen.«
    Cheftu verschränkte die Arme.
    »Und wer nimmt normalerweise daran teil?«
    »Nur der Rat und der neue Goldene nehmen den dahingeschiedenen Hreesos in

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