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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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können, wie sie dafür büßen musste?
    Mit einer gleichermaßen verführerischen und abstoßenden Geste leckte sie das Blut aus ihrem Mundwinkel. »Fühlst du dich jetzt wie ein richtiger Mann, Dion, und nicht mehr wie eine Frau im falschen Körper?«
    Nestor fing Dions Hand ab, ehe er ein zweites Mal zuschlagen konnte. Mit finsterem Blick trat er vor Ileana.
    »Zerbrich mir einen Krug, Dion«, sagte er.
    »Du auch, Spiralenmeister.«
    »Wie süß, du möchtest Phoebus rächen. Begreifst du nicht, dass du immer noch ein unbedeutender Laufbursche wärst, wenn er nicht tot wäre?«
    Nestors blaue Augen vereisten. »Viele haben geschworen, dich zu vernichten, Ileana. Es war Phoebus’ innigster Wunsch. Auf ganz eigene Weise wird er ihm nun erfüllt. Als erste offizielle Pflicht werde ich jetzt den Tod von Phoebus Apollo, dem verstorbenen Hreesos, rächen. Lasst sie los«, befahl er den Seesoldaten. »Dann verlasst diesen Boden und kehrt nicht mehr zurück. Nie mehr. Ihr seid von eurer Sippe und eurer Aufgabe entbunden.«
    »Wieso, Meister?« »Aztlan geht unter. Flieht um euer Leben«, antwortete Dion.
    Die Männer salutierten, und die fünf Zurückbleibenden hörten ihre Schritte die Treppe hinaufhasten. Ileana sah von einem zum anderen. Cheftu konnte spüren, wie sie seinen Geist auf der Suche nach einer schwachen Stelle auszuloten versuchte. »Sollen wir jetzt Frieden schließen?«, sagte sie zu Nestor, wobei sie mit einem Finger über seine Brust strich. »Ich kann dir dienen, während dein Spiralenmeister mir dient und Dion endlich alle Windungen in der Muschel des Spiralenmeisters erforschen kann«, ergänzte sie mit einem Lachen, das wie das einer Dirne klang.
    Nestor gebot ihrem Finger Einhalt, indem er ihn brach.
    Ileana schrie auf und barg den abgeknickten Finger an ihrer nackten, wogenden Brust. »Wie kannst du es wagen?«
    Atenis trat aus dem Schatten. Ausnahmsweise stand sie mit stolz erhobenem Kopf vor ihnen, und aus ihrem Profil und ihrer Haltung sprach eine bislang unbekannte Eleganz.
    »Du hast Nestors Mutter, Phoebus’ Mutter, Dions Mutter, deine eigene Mutter und zwei Generationen von Kela-Atas ermordet, Iii, Ileana? Du hast Irmentis und Sibylla ins Labyrinth geworfen. Dann hast du meinen Sippenbruder und deinen Gemahl Phoebus umgebracht.«
    »Du kannst nichts davon beweisen«, zischte Ileana.
    »Wieso hast du Niko das angetan?«, mischte sich Dion ein.
    »Du hast ihn nicht einmal gebadet, oder?«, hakte Atenis nach.
    »Atenis, liebes Kind«, spottete Ileana, die Hand schützend an der Brust geborgen.
    »Das ist die größte Ironie dabei, nicht wahr?«, antwortete Atenis mit einem traurigen Lächeln. »Ich bin genauso wenig dein liebes Kind wie Irmentis. Du hast kein Mutterherz, Ilea-na.«
    »Überhaupt kein Herz«, knurrte Dion.
    »Ich habe dich nicht dazu erzogen, so mit mir zu sprechen!«, herrschte Ileana sie an.
    »Du hast mich überhaupt nicht erzogen, Ileana. Du hast all deine Kinder gemieden, stattdessen hast du dich und deine Gunst lieber deinen Liebhabern geschenkt, während du gleichzeitig Zelos dafür gehasst hast, dass er dieselbe Abwechslung suchte.«
    Cheftu sah die Ältere erbleichen. Sein Blick fiel wieder auf Atenis und auch er wurde blass, als er das Werkzeug in ihrer Hand bemerkte. Mon Dieu! Sie ging langsam auf Ileana zu. »Erkennst du das hier, Ileana?«
    Die Frau hatte sich immer noch im Griff, doch in ihren Augen stand inzwischen nackte Angst. »Nein, das habe ich noch nie gesehen.«
    »Dann willst du behaupten, du wüsstest nicht, wie es schneidet? Was es schneidet?«
    Cheftu und Nestor tauschten einen Blick aus. Worauf spielte Atenis an? Dion sah wie gebannt zu. Irgendwo über ihnen heulte ein Hund. Ileana begann sichtbar zu zittern.
    »Du weißt, was dein größtes Verbrechen war, Ileana.
    Es sind nicht die Morde. Es ist dir gelungen, Liebe, Träume, Hoffnungen, Ziele auszulöschen, doch nicht dafür wirst du sterben«, prophezeite Atenis.
    Alle beobachteten schweigend die Himmelskönigin. »Wofür dann?« Nach wie vor lag eine schwache Ahnung von Erhabenheit in ihrer Stimme.
    »Jeden, den du getötet hast, hast du für alle Ewigkeit getötet. Du hast sie gemeuchelt, ohne sie zu baden, und damit ihre Psyche in die Vergessenheit verbannt. Für dieses schrecklichste aller Verbrechen wirst du sterben.«
    »Langsam«, mischte sich Dion ein. »Qualvoll.« Er legte den Kopf schief. »Ich höre Irmentis.«
    Jetzt ließ Ileana alle Masken fallen. »Nicht Irmentis, Atenis. Bei

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