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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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die Tropfen am Glasrand herabrannen und sich sammelten. »Es sieht so aus.«
    »Das Unsterblichkeitselixier?« Mon Dieu! Es war unbekannt, noch nicht erprobt! Cheftu gab sich alle Mühe, seine Angst im Zaum zu halten. »Das kann doch nicht sein. Wo steckt Sibyl-la?«
    Atenis legte eine Hand auf seine Schulter. »Mein Leid ist mit dir, Ägypter.«
    Cheftu blinzelte. Atenis hatte Mitleid mit ihm? Langsam dämmerte ihm die Erkenntnis, aber Chloe konnte unmöglich tot sein. »Wo ist sie?« »Sie hat ihre Reise angetreten.« Nestor nickte bedauernd.
    »Eigentlich schien es ihr einigermaßen gut zu gehen, doch dann ist sie zusammengebrochen, sodass Dion sie nach draußen zu den anderen legen ließ.«
    »Es war zu spät für das Reinigungsbad«, flüsterte Atenis.
    Schwarzer Zorn verdüsterte das, was von Cheftus Blickfeld noch übrig war.
    »Du lebst!« Dion kam in den Raum gelaufen und schloss Cheftu in die Arme.
    In glühendem Zorn versetzte Cheftu Dion erst einen Hieb aufs Kinn, dann einen in die Magengrube. Seine Fäuste trafen mit einem Klatschen auf, das Musik in Cheftus Ohren war und seinen ganzen Arm betäubte. Er konnte gar nicht glauben, wie gut es ihm tat, diesem Mann weh zu tun.
    »Du hast mir das Elixier verabreicht?«, zischte er.
    »Ich wollte, dass du lebst. An meiner Seite«, flüsterte Dion keuchend. Atenis half ihm auf, und Cheftu feixte grimmig, als er sah, wie sich der Aztlantu zusammenkrümmte.
    »Du hast mir keine Wahl gelassen, Dion!«
    »Ich konnte dich nicht sterben lassen.«
    Immer noch durchbohrte Cheftu, die Hände zu Fäusten geballt, Dion mit Blicken. »Wo - ist - meine - Frau?«
    Er betonte jedes Wort einzeln.
    Stirnrunzelnd rieb sich Dion den Kiefer.
    »Ich habe nicht gewusst, dass du eine Frau hast, Cheftu. Du trägst keine Tätowierung.«
    Die Blasen auf seinem Handrücken drohten zu platzen, so spannte Cheftu sich an. »Wo ist Sibylla?«
    »Sibylla war deine Frau? Sie war deiner nicht würdig.«
    »Bei den Göttern! Bist du von Sinnen, Mann?« Nestor trat zwischen die beiden und brüllte Dion an.
    »Erweise Respekt«, sagte auch Atenis und zog Dion am Arm.
    »Sie hat ihre Reise angetreten, Cheftu. Ich selbst habe sie in die Asche gelegt.«
    Cheftu trat nicht vor und brach dem Mann nicht den Hals. Chloe war am Leben, und jede Sekunde, die er damit vergeudete, Dion umzubringen, fehlte ihm für die Suche nach ihr. »Meine Frau ist eine Kriegerin. Eine Künstlerin. Sie führt ihr Leben mit einer solchen Eleganz und Kraft, dass ich verglichen mit ihr ein Schwächling bin.« Er trat einen Schritt zurück, hob einen Schurz auf, der verloren auf dem Boden lag, und legte ihn an, um dann die Tonscheibe, die er seit Monaten um seinen Leib trug, auf den Boden zu schleudern. Sie zerplatzte in unzählige Stücke. »Du, Dion, bist nicht einmal würdig, ihren Namen in den Mund zu nehmen.«
    »Ich habe dir das Leben gegeben!«, zeterte Dion.
    »Was war das?«, fragte Nestor Atenis, die über den Steinscherben kniete.
    In der Tür drehte sich Cheftu ein letztes Mal um. »Ich bin sicher, dass meine Frau dir dafür dankbar ist, denn an ihrer Seite werde ich es verbringen.«
    Er sah Nestor an. »Hol deinen Umhang und komm mit. Sofort.«
    »Er ist ein Mann aus meiner Sippe und mein Bruder, Cheftu.«
    Atenis sammelte die Tonscherben zusammen, die mit Cheftus Blut befleckt waren. »Was war das, Spiralenmeister?«
    Cheftu blickte von einem Gesicht ins andere.
    »Das Rezept für das Elixier. Spiralenmeister hat es mir hinterlassen. Wir werden nicht länger danach streben, Götter zu sein.«
    Totenstille senkte sich über den Raum.
    Cheftu stolperte durch den Palast in den Garten. Es war unmöglich zu bestimmen, ob es Tag oder Nacht war. Alles war grau. Im Südosten sah er nichts als Zerstörung; doch wenn er auf den Palastabschnitt zurückschaute, aus dem er eben gekommen war, konnte er kaum glauben, dass die Welt sich erhoben und erbrochen hatte.
    »Hier hat man sie hingelegt.« Nestor deutete auf die unter Asche begrabenen Klumpen. Er wich Cheftus Blick aus, doch die Tatsache, dass Nestor ihn begleitet hatte, sprach für sich. Cheftu kniete nieder und tastete unter der warmen Aschedecke herum, auf der Suche nach irgendeinem Gliedmaß, das ihm vertraut vorkam.
    Die Körper lagen dicht an dicht, doch es gab ein paar Lük-ken. Nestor suchte auf der anderen Seite. »Cheftu«, sagte er irgendwann in die Stille, »sieh dir das an.«
    Unter einer dünnen Ascheschicht verborgen, führten Fußabdrücke fort. Abdrücke

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