Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)
tut. Seine Aufgabe ist der Dienst an unserem Volk und dessen Führung, aber nicht, Vampire zu jagen. Wir haben viele Jäger und nur einen Anführer. Mikhails Bruder ist mächtig, doch er ist auch stark geschädigt durch die Folter, die er zu ertragen hatte. Er kann unser Volk nicht führen. Falls es den Untoten oder menschlichen Vampirjägern gelänge, Mikhail zu töten, wäre das eine tödliche Verwundung für unsere Rasse, fürchte ich.«
Traian strich mit der Hand über Joies Haar. Es widerstrebte ihm, die Umwandlung vorzunehmen, wo Joie dem Tod so nahe war. Falls er versagte …
»Du hast keine andere Wahl«, sagte Gary. »Wenn du es nicht tust, wird sie auf jeden Fall sterben.«
»Erklär es ihren Geschwistern. Sie sollten eigentlich gar nicht hier sein«, wandte Traian ein.
Er blickte nicht auf, um zu sehen, ob Gary ihm darin zustimmte oder nicht, sondern drückte Joie noch fester an sich. Du musst mein Blut nehmen, sivamet . Das wird dich endgültig zu einer Karpatianerin machen, aber es ist keine angenehme Erfahrung, die dich erwartet.
Traian spürte ihre sanfte, zärtliche Berührung an seinem Gesicht, obwohl sie regungslos in seinen Armen lag. Ein schwaches Lächeln erreichte sein Bewusstsein, als amüsierte seine Warnung sie.
»Er wird einen Blutaustausch vornehmen, was bedeutet, dass er ihr Blut nehmen und ihr dann sein eigenes geben wird«, erklärte Gary. »Ihr menschlicher Körper wird sterben, und wenn alles gut geht, wird sie voll und ganz Karpatianerin sein. Der Ablauf kann allerdings sehr schmerzhaft und strapaziös sein. Sowie er beginnt, gibt es kein Zurück mehr«, fügte er behutsam an Gabrielle gewandt hinzu. »Das Beste wäre, wenn ihr gehen würdet, denn das Zusehen wird sehr schmerzlich für euch sein.«
»Wir bleiben«, entschied Jubal. »Der Vampir könnte versuchen, ihn wieder anzugreifen, und wenn Joie so etwas Schweres durchmachen muss, bleiben wir so oder so, um sie zu beschützen.«
Gabrielle nickte. »Ohne uns einzumischen.«
Traian veränderte ein wenig seine Haltung, weil er nicht noch mehr Kraft darauf verwenden wollte, vor den Geschwistern zu vertuschen, was er tat. Wenn sie bleiben wollten, würden sie so oder so sehen, wie schwierig der Übergang für ihre Schwester war.
Im Zimmer verbreitete sich der wohltuende Duft der Kräuter und Kerzen und vertrieb den ekelerregenden Vampirgestank. Gary begann leise in der uralten Sprache der Karpatianer zu skandieren. Der Singsang überflutete Traians Geist, als andere, weit entfernte Stimmen auf dem üblichen Kommunikationsweg der Karpatianer in den uralten, heilenden Gesang einstimmten.
Ich biete dir das Leben, Joie. Traian senkte den Kopf und grub die Zähne so sachte wie nur möglich in die Stelle über ihrer Brust, wo er ihren flachen, langsamen Pulsschlag spürte.
Ihr Blut strömte in ihn hinein und vermischte sich mit seinem uralten karpatianischen. Komm zu mir. Gib dich mir hin. Ihr Geist war schwach, doch sie versuchte nicht, ihn abzuwehren. Stattdessen bewegte sich dieses helle Licht in ihr, das immer mehr verblasste, schwach und kraftlos auf ihn zu.
Er spürte, wie das Vertrauen, das sie in ihn setzte, und ihre Wärme ihn umgaben. Erleichtert schloss er die Augen, um die Empfindung zu genießen, und sandte ein stummes Stoßgebet zum Himmel, dass sie die Umwandlung überleben möge.
Sehr sanft schloss er die kleine Wunde, als er sicher war, dass er genug von ihrem Blut für einen endgültigen Austausch hatte. Jetzt musst du mein Blut für den dritten Austausch nehmen. Dein Nacken ist zerfetzt, und du bist sehr schwach, aber ich werde dir helfen.
Mit diesen letzten Worten öffnete er sein Handgelenk. Er wusste, dass sie seinen Lebenssaft nicht selbst würde nehmen können, dass er ihn irgendwie in ihren Mund würde bringen und ihre Kehle würde streicheln müssen, um sie zu zwingen, das Geschenk eines neuen Lebens anzunehmen. Anfangs reagierte Joie nicht, und ein paar Tropfen liefen aus ihren Mundwinkeln heraus.
»Bitte, Joie. Bitte nimm es zu dir!«, sagte Gabrielle beschwörend und barg mit einem erstickten Aufschluchzen ihr Gesicht an Garys Hemd.
Tu es für unsere Kinder! Für mich. Für deine Familie. Du kannst es, Joie, ermutigte Traian sie. Versuch es mir zuliebe, Joie!
Es ging hier nicht um Akzeptanz. Joie hatte ihr Leben bereits in Traians Hand gegeben. Das Problem war nur, die Kraft für diese letze Anstrengung zu finden.
Du bist eine Kämpfernatur, Joie, genau wie ich. Ich werde alles tun, um dich
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