Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)
zurück. »Nur Traian kann ihr jetzt noch helfen.«
Gabrielle schluckte. »Was kannst du tun?«
»Sie ganz in meine Welt hinüberbringen. Das ist die einzige Möglichkeit. Und Joie ist damit einverstanden, Karpatianerin zu werden«, erklärte Traian.
Jubal erwiderte ruhig Traians Blick. »Dann los. Tu, was immer du auch tun musst! Lass sie nur nicht sterben!«
Forschend betrachtete Traian die Gesichter der Geschwister, die von den Insektenstichen geschwollen und gerötet waren. Sie waren tapfer, die beiden, aber es wäre vielleicht sogar für sie zu viel, ihre Schwester einen solch schwierigen Prozess durchmachen zu sehen. »Sollte irgendetwas schiefgehen, werde ich ihr folgen und mich um sie kümmern, doch du solltest wissen, Jubal, dass die Chancen, dass irgendein Jäger den entkommenen Vampir erwischt, sehr gering sind, und dass er versuchen wird, dich umzubringen. Also vergiss ihn nie – und auch nicht, wie er sich in deinem Kopf anfühlte, falls er dir in anderer Form begegnen sollte.« Dann blickte Traian zu Gary auf. »Ich werde Kerzen, Kräuter und Erde benötigen. Alles, was Joie über das Kommende hinweghelfen kann, und zwar so schnell wie möglich.«
Gary zog an Gabrielles Arm. »Komm mit! Mirko wird die meisten Kräuter und Kerzen haben. Und ich werde deine Hilfe brauchen.«
Sie eilten aus dem Zimmer.
Jubal verfolgte jede Bewegung, als Traian die Hände auf Joies Wunden und Insektenstiche legte. Wieder löste er sich von seinem Körper, um in Joies einzudringen, und Jubal blieb wachsam für den Fall, dass der Vampir zurückkehrte. Er hielt sich bereit, sich erneut als Schutzschild zwischen den Karpatianer und den Untoten zu stellen. Er konnte sehen, wie sich die Linien im Gesicht des Jägers vertieften und er wieder sichtlich blasser wurde, als würde ihm nach und nach seine Kraft entzogen.
Diesmal dauerte es nicht lange, bis Traian in seinen eigenen Körper zurückkehrte. Er schwankte ein wenig, und sein Gesicht war von Erschöpfung gezeichnet, aber er nahm Joie in die Arme und drückte sie ganz fest an sich.
Wenige Minuten später kamen Gary und Gabrielle zurück. Der junge Wissenschaftler stellte eine Schüssel mit heilkräftiger schwarzer Erde auf den Boden neben dem Bett, und Gabrielle zerbröselte verschiedene Kräuter in einer zweiten Schüssel.
Gary reichte Jubal Kerzen. »Verteile sie im Zimmer und zünde sie an! Wir wollen kein künstliches Licht, nur das der Kerzen. Gabrielle, du vermischst die Kräuter in der Schüssel. Es ist wichtig, dass die verschiedenen Düfte einander durchdringen.«
Traian wiegte Joie sehr sanft in den Armen und flüsterte ihr im Geiste liebevolle Worte zu. Er hatte sein Möglichstes getan und ihren Körper weit genug geheilt, um sie durch die Umwandlung zu bringen. Dies war ihr und sein Moment. Die Umwandlung könnte sie töten, falls sie zu schwach war.
Gary legte die Hand auf Traians Schulter, als erriete er, was er dachte. »Sie ist stark. Und sie hat auch einen starken Willen. Joie war eine Überraschung für Valenteen. Sie war wunderbar, unglaublich. Sie hat nicht einmal gezögert. Dieser Vampir hätte wohl nie damit gerechnet, dass eine Frau sich zwischen andere und die Gefahr stellen würde. Und schon gar nicht, dass sie den Mut besitzen würde, ihm ein Messer ins Herz zu stoßen.«
Gary griff mit der Hand in die Mischung und packte noch mehr davon auf Traians Brust. »Trotz allem, was ich weiß, war der Drang, zu ihm zu gehen, so übermächtig, dass ich bezweifle, dass wir ohne Joie noch leben würden.«
»Er war ein Meister, der sich mit einem anderen, noch viel mächtigeren Meistervampir herumtrieb.« Traian hob den Kopf, um Gary anzusehen. »Den anderen habe ich nie ganz klar gesehen. Er nahm in der Höhle mein Blut, doch er hielt sich dabei in den Schatten. Vorhin habe ich ihn für einen Moment gesehen, und falls er der Krieger ist, an den ich mich erinnere, ist er extrem gefährlich. Halte Jubal von ihm fern und beschütze Joies Geschwister! Ich kann nicht in die Nähe unseres Prinzen gehen, deshalb wirst du ihm alle Informationen übermitteln müssen. Bis der Vampir gefunden wird – und ich bezweifle sehr, dass er jetzt noch in diesem Land bleiben wird –, werde ich mich von Mikhail fernhalten. Wir dürfen sein Leben nicht gefährden.«
»Das wird er anders sehen«, wandte Gary ein.
»Du weißt, dass ich recht habe. Er sollte sein Leben nicht riskieren, indem er sich an Schlachten und Kämpfen beteiligt, wie er es bedauerlicherweise
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