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Die seltsame Welt des Mr. Jones

Die seltsame Welt des Mr. Jones

Titel: Die seltsame Welt des Mr. Jones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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hat ja das Formular ausgefüllt. Ich erkenne ihr Gekritzel.«
     »Ja«, wiederholte Cussick. »Bei uns haben sich viele unbefriedigte Damen aus der besten Gesellschaft gemeldet«, sagte Jones. Sein Körper wurde von nervösen Zuckungen geschüttelt. Seine Stimme klang monoton; die Worte waren kaum verständlich. »Als eine Art Ausgleich für sexuelle Befriedigung. Wahrscheinlich – kitzelt sie das enorm. Mit Typen von der Art Ihrer Frau habe ich manchmal das Gefühl, ich betreibe ein Bordell, statt – «
     Cussicks Hand zog die Pistole aus dem Jackett. Er war sich keines Entschlusses bewußt; die Hand bewegte sich aus eigenem Antrieb. Instinktiv, reflexartig, zielte er und drückte ab.
     Er hatte auf den größeren der beiden Männer gezielt. Dunkel erschien es ihm notwendig, sie zuerst umzubringen. Aber Jones, der das Metall aufblitzen sah, war plötzlich aufgesprungen. Wie eine hagere Marionette hüpfte er zwischen Cussick und die beiden Bewacher; das Geschoß traf ihn direkt über dem rechten Auge.
     Die beiden Leibwachen waren gelähmt vor Fassungslosigkeit, sie standen wie angewurzelt, ohne auch nur die Waffen zu heben.
     Auch Cussick vermochte sich nicht zu bewegen. Er stand da, die Pistole in der Hand, ohne auf die Leibwachen zu schießen, ohne beschossen zu werden. Jones’ Leiche lag auf dem von Papieren übersäten Schreibtisch.
    Jones war tot. Er hatte ihn umgebracht. Es war vorbei. Es war unmöglich.

    XIX

     Als er die Wohnung öffnete, stieß Nina einen Schrei aus und lief schluchzend auf ihn zu. Cussick fing sie auf und hielt sie fest. Er war noch immer kaum zur Besinnung gekommen.
    »Mir fehlt nichts«, murmelte er. »Er ist tot. Es ist vorbei.«
     Sie wich zurück; sie war tränenüberströmt, und ihre Augen waren rot und feucht.
     »Du hast ihn umgebracht?« Sie starrte ihn ungläubig und verständnislos an. Er tat es genauso; ihr Ausdruck spiegelte den seinen wider. »Aber wie!«
     »Ich habe ihn erschossen.« Die Pistole hielt er noch immer in der Hand. Man hatte ihn aus dem Gebäude gehen lassen. Niemand hatte versucht, ihn aufzuhalten. Niemand begriff, was geschehen war… er war nur auf Betäubung, Schock, starre Gestalten, leblose Gesichter gestoßen.
     »Aber du kannst ihn nicht umgebracht haben«, wiederholte Nina. »Hat er nicht damit gerechnet?«
     »Ich habe nicht auf ihn geschossen. Er saß in seinem Sessel – ich feuerte auf eine seiner Leibwachen.« Cussick rieb sich unsicher die Stirn. »Es war instinktiv. Er sprach von dir – ich riß die Waffe heraus und drückte ab. Vielleicht war es das. Ich plante nichts. Vielleicht habe ich die Zeit verändert. Vielleicht ist durch mein reflexartiges Handeln die Zukunft verändert worden. Vielleicht lassen sich unbewußte Vorgänge nicht voraussehen.«
     Er glaubte es beinahe. Jeder Strohhalm war ihm recht. Er hatte beinahe eine überzeugende Lösung gefunden. Er war beinahe bereit, sie zu akzeptieren – bis er das kleine braune Päckchen auf dem Sofa sah. »Was ist das?« fragte er.
     »Das?« Nina hob es auf. »Keine Ahnung – es war schon da, als ich zurückkam. Von der Organisation.« Sie hielt es ihm hin. »Es ist an dich adressiert. Es lag im Korridor an der Wohnungstür.«
     Cussick griff danach. Der Umriß war ihm vertraut; eine Spule Magnetband. Mit gefühllosen Fingern riß er die Verpackung auf und trug die Spule zum Wiedergabegerät an der Wand über dem Kaffeetisch.
    Die Stimme war keine Überraschung für ihn. Inzwischen formten sich die Bruchstücke zu einem Ganzen.
     »Cussick«, begann die dünne, gereizte Stimme, »Sie sollten sich lieber eine Weile verstecken. Wahrscheinlich wird es ziemlichen Aufruhr geben. Ich weiß es nicht, ich vermute es nur. Sie verstehen? Ich vermute es nur. Was Sie angeht, habe ich meine Begabung verloren. Sie wissen, warum.«
     Ja, er wußte, warum. Jones hatte alles gesehen, bis zum Augenblick seines Todes. Das war alles; nichts darüber hinaus.
     »Sie haben gute, saubere Arbeit geleistet«, fuhr Jones’ Stimme fort; es war dasselbe rauhe, metallische Murmeln, das er erst vor einer knappen halben Stunde gehört hatte. »Das Verdienst liegt natürlich nicht bei Ihnen. Sie haben nur abgedrückt. Auf mich kam es an, mich davorzustellen. Aber Sie taten, was Sie tun mußten. Das war gut; ich wußte, daß Sie es tun würden. Sie sind kein Feigling.«
    Cussick hielt das Tonband an.
    »Raffinierter kleiner Gauner!« zischte er.
     »Nicht aufhören!« stöhnte Nina. Sie packte seine

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