Die Shopping-Prinzessinnen
-Angestellte, allgemeine Oberhexe und berüchtigte Verräterin Brooke (Gattung Wolfes-Rudel ).
Also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen, um meiner Chefin mit allen rhetorischen Tricks klarzumachen, dass sie mich (in ihrem eigenen Interesse natürlich) mit dem nächstbesten Flug nach Paris schicken musste. Verblüffenderweise traf ich auf keinerlei Widerstand. Mein Plan wurde sofort akzeptiert, und ich wurde als wahre Gedankenleserin herzlich gefeiert. Wisst ihr, es war nämlich so: Ihr dritter oder fünfter Ehemann (sie wusste nie genau, welcher) hatte Spring bei der Scheidung eine Immobilie mitten im Herzen von Paris überschrieben, die sie jetzt endlich verkaufen wollte. Und da kam es ihr echt gelegen, dass sie eine Praktikantin nach Paris schicken konnte, die ihr (neben ihren sonstigen Aufgaben) ein paar von den lästigen Laufereien abnehmen konnte. Aber das konnte mich natürlich nicht abschrecken. Im Schatten des Eiffelturms auf die Seine zu blicken, war einfach zuuu schön.
Und was das Beste war: Evie und ich würden bei meiner Tante Tamara wohnen, das heißt also praktisch
allein. Ich sage praktisch , weil meine und Evies Eltern, die genau wussten, dass meine Tante Tamara sich »meistens in der Weltgeschichte herumtrieb«, wie meine Mutter es nannte, in enger Zusammenarbeit dafür gesorgt hatten, dass wir in der Wohnung »unter ständiger Überwachung« standen – rund um die Uhr. Diese 24/7-Überwachung sollte von einem Wesen namens Leslie ausgeübt werden, das nach vertrauenswürdigen Angaben schon seit fast einem halben Jahr zu Tamaras Haushalt gehörte und für diese Aufgabe bestens geeignet sein sollte. Wie ich Tamara kannte, war Leslie eine sittsame, ältliche Haushälterin, die es längst aufgegeben hatte, Tamaras Exkursionen zu kontrollieren, und sich für uns hoffentlich auch nicht viel mehr interessieren würde. Immer vorausgesetzt, dass ich es überhaupt schaffen würde, noch vor meinem achtzehnten Geburtstag durch den Zoll hier zu kommen.
Abgesehen davon war alles ganz großartig. Obwohl der Sommer leider mit einem bedauerlichen Ereignis in meinem Liebesleben begonnen hatte – ich sag nur: Paolo – und ich den totalen Zusammenbruch hatte. Also zumindest ein bisschen. Er verbringt den Sommer in Italien bei seiner Familie, wir nehmen also beide eine Art Auszeit von unserer Beziehung.
Was ich dabei empfinde? Na, das werden wir sehen. Ich meine, so viel ist klar: Ich strengte mich mächtig an, nicht mehr an Paolo zu denken. Und den Sommer in Paris zu verbringen war eine optimale
Methode, um das zu erreichen. Ehrlich gesagt: Ich bin insgeheim eine Sonnenanbeterin, aber angesichts der tragischen Umstände übte Long Island dieses Jahr nicht den gewohnten Reiz auf mich aus, und ich hatte mich daher entschlossen, mich auch in Europa zu tummeln – ganz wie der berühmte Musketier d’Artagnan, der sich nur mit wenigen Habseligkeiten und den Segenswünschen seines Vaters auf den Weg nach Paris machte.
Allerdings machten mein Vater (und erst recht meine Mutter) sich ziemliche Sorgen und waren sich gar nicht sicher, ob sie ihr einziges Kind – also mich – so lange Zeit in ein fremdes Land schicken sollten. Tante Tamara (die Schwester meiner Mutter) versicherte ihnen, dass es ein unvergessliches Erlebnis für mich werden würde und dass ich mir nichts Besseres wünschen könnte. Schließlich hätten meine Mutter und sie ja in meinem Alter dasselbe getan. Allerdings war nur meine Mom zurück in die Staaten gekommen, während Tante Tamara in Paris blieb und niemals zurückkehrte. Was wahrscheinlich einer der Gründe für die Besorgnisse meiner Mutter war, wenn ich es recht überlege.
Als ich schließlich den Schalter der Zollbehörde erreichte, erwartete ich, mit meinen schicken Jeremy-Scott-Koffern, die ich mir dank einer überraschenden Vermehrung meiner Bargeldbestände (dazu kommen wir gleich) hatte zulegen können, anstandslos durchgelassen zu werden.
Ich überprüfte ein letztes Mal meine Handtasche.
Es war alles da: Pass und Travellerschecks, grüne Versicherungskarte, Führerschein, American-Express-Karte, Toys Impfbescheinigungen und veterinärmedizinische Gesundheitszeugnisse von seinem Tierarzt, internationaler Mitgliedsausweis vom Automobilclub, Adressen und Telefonnummern für alle erdenklichen Notfälle, Presseausweis von Première Vision und vor allem: die Einladungen zu sämtlichen Modeschauen der künftigen Wochen! Ganz abgesehen von meinem iPhone und Quadband-Chip, dem Camcorder
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