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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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zutiefst bewegt:
    »So hätte ihre Mutter gehandelt!«
    Mr. Corbeck und Dr. Winchester kamen genau zur festgesetzten Zeit und trafen sich mit uns in der Bibliothek. Das große Glück, das ich fühlte, konnte nicht verhindern, daß mir der Ernst unserer Zusammenkunft deutlich wurde. Denn die sonderbaren Dinge, die sich zugetragen hatten, konnte ich nicht vergessen. Und die Vorstellung, daß in Zukunft noch seltsamere Dinge passieren konnten, lagerte wie eine Wolke auf mir und drückte uns nieder. Dem Ernst der anderen entnahm ich, daß alle sich ähnlichen Gedanken hingaben.
    Instinktiv rückten wir unsere Stühle in einem Kreis um Mr. Trelawny zurecht, der sich im großen Lehnsessel in der Nähe des Fensters niedergelassen hatte. Margaret saß neben ihm zur Rechten, ich neben ihr. Mr. Corbeck saß links von ihm, daran schloß sich Dr. Winchester an. Nach wenigen Sekunden des Schweigens sagte Mr. Trelawny zu Mr. Corbeck:
    »Sie haben Dr. Winchester wie besprochen alles gesagt, was sich bis jetzt zugetragen hat?«
    »Ja«, antwortete dieser.
    Mr. Trelawny fuhrt fort: »Und ich habe es Margaret gesagt, also wissen wir es jetzt alle!« Zum Arzt gewandt sagte er: »Ich darf doch annehmen, daß Sie, der jetzt alles weiß wie wir, die wir die Sache über Jahre hinweg verfolgten, sich an dem Experiment beteiligen wollen, das wir zu machen hoffen?«
    Die Antwort kam offen und unverhohlen: »Gewiß! Als ich zu der Sache hinzugezogen wurde, hatte ich die Absicht, bis zum Schluß dabeizusein. Und jetzt, da ich so viel Sonderbares und Interessantes weiß, da möchte ich das Experiment um nichts in der Welt versäumen. Sie können ganz beruhigt sein, Mr. Trelawny. Ich bin als Wissenschaftler an der Erforschung gewisser Phänomene sehr interessiert. Ich stehe ganz allein auf der Welt und kann tun und lassen, was mir beliebt – auch wenn es um mein Leben geht!«
    Mr. Trelawny verbeugte sich voller Ernst und sagte nun zu Mr. Corbeck: »Lieber Freund, ich kenne Ihre Ideen und Vorstellungen, seit vielen Jahren. Ich brauche Ihnen daher keine Fragen zu stellen. Margaret und Malcolm Ross haben mir ihre Wünsche unverblümt zu erkennen gegeben.« Er hielt inne, als müsse er erst Ordnung in seine Gedanken und Worte bringen. Und dann fing er an, uns seine Ansichten und Absichten darzulegen. Er drückte alles mit großer Vorsicht aus, immer eingedenk der Tatsache, daß einige seiner Zuhörer mit dem Ursprung und der eigentlichen Natur der Dinge, um die es ging, nicht vertraut waren.
    »Das vor uns liegende Experiment soll den Beweis erbringen, ob die Magie der Alten wirklich Kraft besitzt, ob sie Wirklichkeit ist. Die Voraussetzungen für diesen Versuch könnten gar nicht günstiger sein. Und es ist mein Bestreben, alles nur Mögliche zu tun, um dem ursprünglichen Ziel zum Durchbruch zu verhelfen. Daß es eine solche Kraft gibt, davon bin ich fest überzeugt. Es mag zwar unmöglich sein, in unserer jetzigen Zeit eine solche Kraft zu schaffen, zustande zu bringen oder zu erzeugen. Doch gehe ich von der Annahme aus, daß – falls in alter Zeit eine solche Kraft existierte – sie außerordentliche Überlebensmöglichkeiten hat. Schließlich und endlich ist die Bibel kein Phantasiegebilde, und wir lesen in ihr, daß die Sonne auf Befehl eines Menschen stillstand und daß ein Esel – kein menschlicher – sprechen konnte. Und wenn die Zauberin zu Endor den Geist Samuels vor Saul erscheinen lassen konnte, könnte es doch andere mit ähnlichen Kräften gegeben haben. Und warum könnte nicht eine dieser Kräfte überleben? So erfahren wir aus dem Buch Samuel, daß die Zauberin von Endor nur eine von vielen war und daß Saul sie rein zufällig erwählte. Er suchte eine von den vielen auf, die er aus Israel vertrieben; »alle die Schutzgeister hatten und die Magier«. Nun, diese Tera, eine ägyptische Königin, die knapp zweitausend Jahre vor Saul herrschte, hatte einen Schutzgeist und war überdies Magierin. Ihr müßt euch vorstellen, wie die Priester ihrer Zeit und die nach ihr ihren Namen vom Angesicht der Erde tilgen wollten, und den Eingang zu ihrer Gruft mit einem Fluch belegten, so daß niemand mehr ihren vergessenen Namen entdecken sollte. Und dies ist ihnen wahrhaftig gelungen, so daß nicht einmal Manetho, der Chronist der ägyptischen Könige ihren Namen finden konnte, er, der im zehnten Jahrhundert vor Christus schrieb und aus dem Wissen der Priesterschaft von vierzig Jahrhunderten schöpfen konnte und Zugang zu sämtlichen

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