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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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als sie auf seine Kleider und den venezianischen Dolch zeigte, die auf einem herrlich geschnitzten Fußschemel neben dem Bett lagen, kehrte die Erinnerung zu ihm zurück. Er war nicht tot, nicht im Paradies.
    Sein Herr, der Kaufmann, war tot. Er war in dessen Kleider geschlüpft. Sein eigentlicher Herr würde es ihm nie verzeihen, wenn er seine Mission nicht erfüllte. Also hatte er die Karten an sich genommen, um den Weg nach Cathay fortzusetzen.
    Den langen Weg über den Mongolenpfad.
    Bertha hatte sich bei Ethlinds Vater ausgeweint. Soviel stand fest. Als der Bauer gegen Abend in die Stube polterte und nach ihr rief, wußte Ethlind, daß sie sich etwas einfallen lassen mußte. Ärger lag in der Luft.
    »Ich will den Kerl nicht länger in meinem Haus haben«, knurrte der Bauer, nachdem er einen flüchtigen Blick auf den Fremden geworfen hatte. »Hast du mich verstanden, Ethlind?« Er warf die knarrende Tür der Kammer ins Schloß und trat ihr entgegen. Ohne Vorwarnung packte er seine Tochter derb am Handgelenk. Seine Augen blitzten bedrohlich, während er sie hinter ihrem Webrahmen hervor und zum prasselnden Feuer zerrte.
    »Bertha sollte auf mein Geheiß zum Haupthaus hinauf, um Ritter Hartmann von dem Fremden zu erzählen«, sagte er zornig und spuckte in die Glut. »Dafür hatte ich sie persönlich beim Vogt angemeldet. Der Bruder des Herrn ist nämlich zurückgekehrt. Er möchte den Frühling auf Gut Repgow verbringen und wüßte gewiß …«
    »Herr Eike ist zurück?«
    »Hab ich doch gesagt, Mädchen!« Der Bauer stieß Ethlind so kräftig von sich, daß sie taumelte und mit der Hüfte gegen die Kante des wuchtigen Eichentisches stieß. Ihr Schmerzensschreischien ihn zur Besinnung zu bringen, denn er rührte sie nicht mehr an. Statt dessen ergriff er einen gefüllten Krug mit Buttermilch, der neben der steinernen Werkplatte stand, setzte ihn an und trank in so gierigen Zügen, daß sich die Flüssigkeit wie eine weiße Viper über sein Kinn schlängelte.
    »Vielleicht ist der Kerl unter meiner Decke ja ein gemeiner Totschläger«, sagte er eine Weile später mürrisch. »Du kennst nicht einmal seinen Namen.« Er lachte höhnisch auf und wischte sich die Milch mit seinem Ärmel aus dem Gesicht. » Cathay wird er doch wohl nicht heißen, oder? Das ist kein Name für einen Christenmenschen!«
    Ethlind schwieg. Es war sinnlos, mit ihrem Vater zu diskutieren. Besonders, wenn er gerade von Bertha kam und nach dem betörenden Gift roch, welches ihre scharfe Zunge ihm regelmäßig in die Ohren träufelte.
    Cathay war, wenn sie den Worten eines Fiebernden glauben durfte, ein fernes Land unermeßlichen Reichtums. Es lag jenseits des Mongolenpfads, und kein Untertan des Kaisers hatte es bislang jemals betreten. Nachdem der Bauer sich mit einer Schüssel lauwarmen Gemüsebreis in seine Kammer zurückgezogen hatte, öffnete Ethlind die Falltür zum Vorratskeller und ließ sich geräuschlos in die Finsternis hinabgleiten. Sie mußte ihre Zinnkrüge holen, ehe das Fieber ihres Schützlings wieder anstieg. Anschließend schlich sie sich leise in die Kammer zurück. Draußen begann der Wind zu heulen und gegen die Holzläden zu wüten. Gewitterwolken teilten sich den grauen Himmel auf wie eine Kriegsbeute. Wenig später zuckten die ersten grellen Blitze durch die Winternacht.
    Er hat von einem Mädchen phantasiert, dachte Ethlind fröstelnd. Sie versuchte, sich die wirre Beschreibung des Mannes ins Gedächtnis zurückzurufen. Ein Kleid aus fließendem Stoff, das im Glanz der Sonne geschillert habe wie der Flügel einer Libelle? Schmale schwarze Augen? Aber da war noch etwasanderes gewesen: Der Mann hatte vom Drachensamen gesprochen. Einem Samen, der die Macht besaß, das Ende der Welt heraufzubeschwören.
    Er hatte sie also getäuscht. Nein, nicht er, die Kleider und Waffen seines Herrn waren es, die den Blick seiner Gastgeber vernebelten. Menschen sehen nur das, was sie wirklich sehen wollen, dachte er, während er sich von dem Alten, dem Vater seiner Wächterin, durch dessen Anwesen führen ließ. Der Alte hatte gewiß keinen so jungen Handelsmann erwartet, aber er stellte glücklicherweise nur wenige Fragen. Zum Dank für die großmütige Pflege wechselte der venezianische Dolch seines verstorbenen Dienstherrn den Besitzer.
    Der alte Mann sprach ein paar Worte Persisch, so wie er selbst. Er erklärte ihm die Funktion der Sonnenuhr, der Garküchen und der hohen Mauern seines Handelshofes. Letztere sollten einen drohenden

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