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Die siebte Gemeinde (German Edition)

Die siebte Gemeinde (German Edition)

Titel: Die siebte Gemeinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Link
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erkennen.«
    Mit einem Tritt wurde er unsanft weitergeschoben. Aus den Türen im Gang drang ätzender Fäkalgeruch zu ihnen. Unentwegt hämmerten die Gefangenen von innen gegen die Schlösser und gaben bösartigste Flüche zum Besten. Irgendwann stoppten sie vor einer Tür. Einer der Wächter schloss sie auf und stieß die Gefangenen hinein. Zu Aruschs Überraschung wurden zuvor die Fesseln gelöst.
    »Macht es euch nicht allzu sehr gemütlich«, lachte einer der Wachen gehässig. »Wir kommen bald zurück. Dann werdet ihr unseren Folterknecht zu spüren bekommen.« Mit höhnischem Gelächter wurde die Tür zugeschlagen.
    Ihre Augen gewöhnten sich schnell an das schummrige Licht in der Zelle, da es heller im Raum war, als man es im dunklen Gang vermuten konnte. Die Decke war ungefähr zwei Mann hoch, und am oberen Ende drang ein schmaler Lichtstrahl durch eine vergitterte Öffnung. Man konnte den strahlend blauen Himmel über der Stadt erkennen.
    »Und was machen wir nun?«, fragte Pardus, nachdem die Wachen nicht mehr zu hören waren, nur noch das Hämmern aus den Nachbarzellen monoton zu ihnen drang.
    »Kannst du mich nicht mal was anderes fragen?«, fauchte Arusch ihn an. »Seit Tagen fragst du mich dasselbe. Du hast doch sonst so ein loses Mundwerk, da muss doch auch mal eine vernünftige Idee herauskommen.« Er rieb sich seinen rechten Arm. »Wenn du mich noch einmal fragst, was wir jetzt tun sollen, schwöre ich dir, schneide ich dir deine vorlaute Zunge aus deinem pausbäckigen Maul.«
    Pardus stand betreten da und blickte seinen Freund mit offenem Mund an. »Ich weiß zwar nicht, was mit dir los ist, doch wenn ich eine Idee hätte, wie wir hier herauskommen könnten, würde ich dich nicht fragen. Außerdem habe ich keine Pausbacken, merk dir das.«
    »Tut mir leid, Pardus«, sagte Arusch kleinlaut. Er sank mit schmerzverzerrtem Gesicht auf den feuchten Boden und legte den Kopf auf die Knie. »Ich habe nur überhaupt keine Ahnung, wie es weitergeht. Außerdem macht mir diese Wunde am Arm zu schaffen.«
    »Ist schon gut«, meinte Pardus besänftigt und setzte sich neben ihn. Er riss einen Fetzen Stoff von seinem Hemd ab und wusch Aruschs Wunde aus - ein Krug mit altem Wasser hatte in der Ecke gestanden - anschließend wickelte er den Stoff um Aruschs Arm und befestigte ihn mit einem Knoten. »Das wird schon. Die Blutung hat bereits aufgehört. Und wie wir hier herauskommen, wird uns auch noch einfallen.«
     
    Manuel Kranto rannte mit großen Schritten durch die Flure des Blachernen Palastes. Die Wut in seinen Augen war hinter seinen buschigen Augenbrauen kaum zu erkennen. Sein angegrauter Vollbart wippte mit jedem Schritt vor ihm auf und ab. Vor zwei Wachen, die ihm unterwegs begegneten, stoppte er abrupt. »He, ihr beiden, wo finde ich Balduin von Flandern?«
    Die Männer schauten ihn wortlos von oben bis unten an und deuteten zu einer Tür am Ende des Ganges. Manuel fuchtelte beiläufig ein Kreuzzeichen durch die Luft und ließ die Wachen stehen. Ohne anzuklopfen, stürmte er durch die Tür.
    »Was zum Teufel ...?« Balduin sprang ruckartig von seinem Stuhl und griff nach seinem Schwert. »Oh, ein Priester«, lächelte er und legte seine Waffe wieder zur Seite. »Ihr solltet weniger stürmisch sein, wenn Euch Euer Leben lieb ist. Wie kann ich Euch behilflich sein?«
    »Mein Name ist Manuel Kranto.« Er zupfte das schwarze Zingulum an seiner schwarzen Soutane mit den Silberknöpfen zurecht. »Ich bin Priester an der Heiligen St. Maria. Ich komme ohne Umschweife auf den Punkt Balduin: Eure Männer haben etwas, was mir gehört.«
    Balduin lehnte sich in dem rot gepolsterten Armsessel zurück. »Diese Stadt gehört dem Lateinischen Kaiserreich. Was darin sollte demnach dir gehören?«
    »Auf diese Weise könnt Ihr mit dem gemeinen Volk reden«, wütete Kranto, »doch nicht mit mir. Haltet mich nicht für einen Narren. Eure Männer haben die gesamte Kapelle geplündert und das Grabtuch Christi entwendet.«
    »Ihr seid ein mutiger Mann, Manuel Kranto, so mit Eurem Kaiser zu sprechen. Doch muss ich Euch sagen, dass dieses Tuch der Kirche und nicht Euch gehört. Wenn Ihr …«
    »Ich persönlich wurde vom Patriarchen mit der Kapelle und dem Tuch betraut …«
    »Jetzt reicht es!«, schrie Balduin und griff erneut nach seinem Schwert. »Zügelt Eure Zunge, Kranto, oder ich schneide sie Euch eigenhändig heraus. Ihr könnt froh sein, dass Ihr ein Diener Gottes seid, sonst …« Er ließ den Griff seiner Waffe los.

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