Die siebte Gemeinde (German Edition)
»Und dort hinten befinden sich die tapfersten Männer des Frankenheers. Philipp von Troyes, Gottfried von Villehardouin, Bonifatius von Montferrat und Henry de Crién.« Dann beugte er sich zu Arusch hinunter. »Ich verlange mehr Respekt vor den Männern, die deine Stadt erobert haben.« Er gab Arusch einen kräftigen Tritt in die Seite. »Wir hatten Zeit eure erbärmliche Sprache zu lernen, während wir ein Jahr lang vor dem Stadttor hockten.« Hämisches Gelächter durchflutete den Raum. »Wir wollten euch schließlich Befehle erteilen können.« Balduin wandte sich dem Soldaten zu, der neben Pardus stand. »Sagt, habt ihr nichts gefunden, oder warum tritt dieser Narr so selbstherrlich auf?«
Der Offizier blickte auf den Boden. »Wir haben alles durchsucht, Herr. Selbst unter den Brettern des Holzbodens konnten wir keine Dokumente entdecken. Das Tuch unseres Herrn war ebenfalls nicht dort.«
Pardus schaute Arusch überrascht an, und seine Miene erhellte sich. Offensichtlich erkannte er, dass sein Leben noch einen Funken Wert hatte. »Ja, genau«, stieß Pardus breitbrüstig hervor. »Wir haben alles versteckt. Da staunt ihr, was?«
»Wer hat dich gefragt, Fettwanst?«, blaffte Balduin ihn an. »Du redest gefälligst erst, wenn ich dich frage.«
»Er hat recht«, meinte Arusch. »Wir haben etwas, was Ihr offensichtlich wollt, sonst wären wir nicht hier.«
Balduin zog Arusch wütend zurück auf die Beine. »Mir wurde berichtet«, sagte Balduin, »dass du auf der Suche nach dem Grabtuch des Herrn bist. Ein Vöglein hat mir gesungen, dass du schon einmal hier im Palast gewesen bist, um es zu stehlen. Außerdem hat es gezwitschert, dass du im Besitz von Dokumenten bist, die zu diesem Tuch gehören. Da das Tuch Eigentum der Kirche ist, sind die Dokumente ebenfalls Eigentum der Kirche. Also? Wo befinden sich diese Unterlagen?«
»Das stimmt«, nickte Arusch. »Ihr Vöglein hatte recht. Ich bin im Besitz von Dokumenten. Ich denke aber, dass sie mein Eigentum sind und nicht die der Kirche. Richtet Eurem geschwätzigen Vogel von mir aus, dass ich ihn rupfen werde, sobald ich ihn erwische. Und ich muss Euch enttäuschen, was das Tuch betrifft, Exzellenz. Mir scheint, Eure Männer haben dieses Gebäude vor Tagen bereits geplündert. Das Tuch befand sich nicht mehr hier.«
Balduin zog die Augenbrauen nach oben und drehte sich fragend zu seinen Begleitern um. »Wer war mit der Einnahme dieses Palastes beauftragt?«
»Othon de la Roche mit seinen Männern«, antwortete Bonifatius von Montferrat. »Er ist gestern zur Absicherung der Grenzen nach Norden geschickt worden.«
Balduin winkte gleichgültig ab und widmete sich Arusch. »Sei es, wie es sei.« Sein Gesicht veränderte sich zu einem teuflischen Grinsen. »Unsere Kerkermeister werden schon herausfinden, wo sich deine Unterlagen befinden. Du wirst es noch bereuen, so vorlaut mit deinem zukünftigen Kaiser gesprochen zu haben.« Mit einem Wink befahl er den Soldaten vorzutreten. »Bringt sie hinunter und tut, was ihr tun müsst.«
Ruppig und verfolgt von Balduins hallendem Gelächter wurden Arusch und Pardus aus dem Palast getrieben. Man brachte sie in ein nahe gelegenes Bauwerk, was von außen nicht wie ein Gefängnis wirkte. Zwar waren die Fenster vergittert, und die Mauern schienen dick genug, doch vermutete Arusch, dass das Gebäude in den vergangenen Tagen zu einem Gefängnis umfunktioniert wurde. Es gab einfach zu viele Gefangene in der Stadt. Im Inneren wurde er in seiner Vermutung bestätigt. Teile des Bodens und der Wände waren mit bunten Mosaiken verziert. Offensichtlich handelte es sich bei diesem Komplex um keinen Kerker.
Sie wurden über eine Treppe hinab in das Gewölbe geführt, wo sie die Atmosphäre begrüßte, die sie von vornherein erwartet hatten. Schon auf den letzten Stufen schlug ihnen eine erbitterte Kälte entgegen. Dunkelheit umströmte sie. Die Lichtkegel der viel zu kleinen Fackeln wurden von der Finsternis beinahe vollständig verschluckt, sodass man die Länge des Ganges nur erahnen konnte. Eiskalte Tropfen fielen von der Decke und die, die einem nicht schmerzhaft auf die Haut tropften, klatschten mit einem unheimlichen »Pitsch« auf den feuchten Steinboden. Unzählige Spinnennetze zogen sich über die Decke, und man musste sich bücken, um nicht eines mit den eigenen Haaren abzureißen. Pardus schüttelte sich vor Ekel, als er nach oben blickte. »Gott sei Dank, kann ich in dieser gottverdammten Dunkelheit nicht alles
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