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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Tochter, sich auszuziehen. Als Sureya sich sträubte, versetzte Nerva ihr mit der offenen Hand einen kräftigen Schlag auf den Kopf, darauf bedacht, keine roten Striemen im Gesicht zu hinterlassen. Da folgte Sureya wortlos den Weisungen ihrer Mutter. Nachdem sie völlig nackt war, mußte sie bis zum Kinn in das kalte Wasser der Lauter steigen. Nerva reichte ihrer Tochter ein Stück Seife, etwas, das diese noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Sie wußte nicht, was sie damit anfangen sollte. So stieg Nerva gezwungenermaßen zu ihr ins Wasser und machte sich daran, den Mädchenkörper eigenhändig von oben bis unten einzuseifen und danach mit einem groben Tuch abzuschrubben. Erst als Sureya durch die ungewohnte und rauhe Reinigung am ganzen Körper beinahe wund war, ihre Haare gespült hatte, bis diese in einer schweren Masse bis zu ihrem Hinterteil hinabhingen, durfte sie das eisigkalte Wasser verlassen. Nachdem sich beide Frauen abgetrocknet hatten, griff Nerva nach ihrem Lederbeutel, in dem sie die Seife, Tücher und andere Dinge mitgebracht hatte, und zog ein kleines tönernes Gefäß heraus. Sie öffnete es, hielt es sich kurz unter ihre Nase, um sich an dem aufsteigenden Duft zu ergötzen, und reichte es schließlich ihrer Tochter. In dem Töpfchen befand sich eine honiggelbe Salbe, von der ein starker moschusartiger Geruch ausging. Mit dieser Salbe mußte sich Sureya am ganzen Körper einreiben, wobei Nerva darauf achtete, daß sie dabei auch ihr Hinterteil und die Stelle zwischen ihren Beinen nicht vergaß. Währenddessen beschäftigte sie selbst sich damit, die langen Haare ihrer Tochter zu entwirren, eine langwierige und schmerzhafte Prozedur, die von lauten Flüchen begleitet wurde. Doch schließlich war Nerva mit dem Ergebnis zufrieden. Wieder griff sie in ihrengroßen Lederbeutel, zog ein rotes, ärmelloses Kleid heraus, das sie jahrelang wie einen Schatz für diesen Augenblick gehütet hatte und das mehr zeigte, als es verbarg: Sureyas junge Brüste spannten sich unter dem dünnen Gewand, und die für ein Mädchen ihres Alters viel zu großen Brustwarzen zeichneten sich als dunkle Kreise ab. Sureya hielt beide Arme vor ihren Körper, so nackt fühlte sie sich in diesem Kleid, nachdem sie jahrelang nichts anderes als die schweren Kutten gekannt und getragen hatte. Doch Nerva war mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Rasch packte sie alles zusammen und ging mit ihrer Tochter zum Wagen zurück. Mittlerweile war das naheliegende Dorf erwacht. Nerva befahl Sureya, im Wagen zu bleiben und zu warten, bis sie wieder zurückkam. Sie versprach, eine Überraschung mitzubringen, was Sureya in höchstes Erstaunen und Aufregung versetzte. Eine Überraschung hatte sie noch nie in ihrem Leben bekommen. Sie schob sich eine Decke in den Rücken, machte es sich auf ihrer Schlafstätte im Wagen bequem und begann, auf die Rückkehr ihrer Mutter zu warten …
    Was danach kam, konnte Sureya später nur als die schlimmsten Stunden ihres Lebens bezeichnen, denen drei nicht minder schlimme Jahre folgten. Noch heute wurde sie von einem unendlichen Grauen erfaßt, wenn die Schlange in ihrem Kopf dorthin zurückwanderte. Und doch zwang sie sich von Zeit zu Zeit dazu, diese widerwärtigen Stunden im Geiste noch einmal durchzuleben. Sie wollte die Erinnerung daran nicht sterben lassen, wollte den abgrundtiefen Haß, den sie damals zum ersten Mal verspürte, immer wieder fühlen. Damals hatte sie sich geschworen, niemals mehr einem anderen Menschen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, sondern selbst diejenige zu sein, die ihr Leben bestimmte.
    Und daran hatte sie sich gehalten, sobald es ihr gelungen war, den grauenvollen Teil ihres Lebens zu beenden, der damals im Wagen ihrer Mutter begonnen hatte. Sie erkannte bald, daß kaum ein Mann ihren weiblichen Reizenwiderstehen konnte, ob Edelmann oder einfacher Bauer. Sureya, von ihrer Mutter für einfältig und dumm gehalten, begann ihren scharfen, kalten Verstand dazu zu nutzen, ihre Anziehungskraft in bare Münze umzuwandeln. Dazu gehörte unter anderem, daß kaum einer ihrer vielen Verehrer wußte, wie viele Männer es in Sureyas Leben außer ihm noch gab. Sicher, manche vermuteten schon den einen oder anderen Nebenbuhler, aber Sureya war viel zu schlau, als daß sie mit der Zahl ihrer Verehrer hausieren gegangen wäre. Und so fühlte sich ein jeder wie der einzige Nutznießer ihrer Dienste, was der männlichen Eitelkeit entgegenkam. Für die Befriedigung dieser Eitelkeit mußten

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