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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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müssen.« Abermals solch eine schlechte Ernte wie im Vorjahr würde die Familie nicht überstehen. Allein Cornelius’ weiser Voraussicht war es zu verdanken, daß alle unbeschadet durch den Winter gekommen waren. Schon im Herbst, als von allem noch reichlich da war, hatte er damit angefangen, die Vorräte zu rationieren. Mochten ihre Mägen anfangs auch noch so knurren, er war nicht zu erweichen gewesen, einen Topf Rüben oder ein Brot mehr auf den Tisch bringen zu lassen. Und obwohl jeder Haushalt ähnlich verfuhr, war es dennoch den allerwenigsten gelungen, die kalte Jahreszeit ohne Hunger und Kälte zu überstehen. Irgendwo fehlte es immer: Bei den einen ging schon im Dezember das Brennholz aus und wurde gegen kostbare Nahrung eingetauscht. Bei anderen wiederum war es gerade umgekehrt. Seit es den Bauern von Gesetzes wegen verboten war, im Wald herumliegendes Holz für ihre eigenen Öfen einzusammeln, war es besonders schlimm geworden.
    Jerg stand schon abmarschbereit vor der Tür, froh, der räumlichen Enge und den fragenden Blicken zu entkommen.
    Cornelius gab sich einen Ruck. Was nützte es, wenn er sich jetzt darüber Sorgen machte? War es im Augenblick nicht wichtiger, daß sie nicht zu spät zum Burgtor kamen? Den Jost oder gar den Herzog zu verärgern, würde schließlich auch niemandem weiterhelfen.

4.
    Herzog Ulrich liebte in der Tat Überraschungen über alles. Und es war unter seiner Gefolgschaft allseits bekannt, daß er immer bereit war, demjenigen ein fürstliches Gehalt zuzahlen oder ihn mit Geschenken zu überhäufen, dem es gelang, den Herzog auf amüsante Art und Weise zu unterhalten. Doch genausogern war er derjenige, der seine Ritter, seine engsten Freunde, manchmal gar den ganzen Hofstaat mit plötzlichen Entschlüssen überraschte. So konnte es ohne weiteres passieren, daß er aus einer Laune heraus abends beschloß, am nächsten Tag ein Turnier abzuhalten, zu dessen Teilnahme nicht nur die Recken des eigenen Hofes geladen waren, sondern auch die Grafen und Ritter aus der näheren und weiteren Umgebung von Stuttgart. Dabei verschwendete er nicht einen Gedanken daran, wie seine plötzlichen Entschlüsse in die Tat umgesetzt werden konnten. Dafür hatte er schließlich einen riesigen Hofstaat! Und so war es auch nicht weiter verwunderlich, wenn sich am darauffolgenden Tag wirklich zwanzig oder noch mehr Ritter zur Teilnahme an dem Turnier meldeten. Für ihre Unterkunft sowie die Unterbringung ihrer Pferde war bestens gesorgt. Darüber hinaus standen Speis und Trank im Überfluß zur Verfügung, Preisgelder und Prämien für die Sieger des Wettkampfes lagen parat, außerdem war die Unterhaltung am Rande des Turniers gewährleistet: Wie von langer Hand vorbereitet erschienen rechtzeitig zu Beginn Tänzerinnen, Tanzbären, Musikanten, gab es Hunde-und Hahnenkämpfe, auf die man Wetten abschließen konnte, und vieles mehr. Wie den meisten selbstsüchtigen Menschen kam es dem Herzog dabei niemals in den Sinn, daß nicht alles rechtzeitig gelingen würde, daß seine Pläne vielleicht die Pläne anderer durchkreuzen könnten. Er ging einfach davon aus, daß alle kamen, wenn er pfiff. Und derjenige mußte noch kommen, um diesen Grundsatz eine Lüge zu strafen!
    Bei allem, was er tat, hätte Herzog Ulrich niemals weniger als absolute Perfektion erwartet. Und seine Gefolgschaft hätte sich niemals erlaubt, weniger zu bieten! Denn fast jeder war schon einmal Augen-, zumindest aber Ohrenzeuge gewesen, wenn der Herzog wegen einer eigentlich unwichtigenKleinigkeit in Rage geriet. Ein Krug Wein, der für des Herzogs verwöhnte Zunge nicht süß genug, für sein übersättigtes Auge nicht rot genug war, konnte zur Folge haben, daß nicht nur der Krug samt Inhalt durch den Speisesaal flog, sondern der Kellermeister gleich hinterher! Besonders ungnädig konnte der Herzog auch sein, wenn es um die Musik ging: Da er selbst ein talentierter Sänger und begabter Komponist war, konnten ihm Mißklänge einer Laute oder Flöte beim abendlichen Spiel die Zornesröte ins Gesicht treiben. Waren Musikanten andernorts beneidete und als Künstler verehrte Mitglieder des Hofstaates, so hatte man am Stuttgarter Hof nur Bedauern für sie übrig. Denn der Herzog hatte schon mehr als einem Harfinisten die Hand abschlagen lassen, auf daß diese niemals mehr die Saiten seines Instrumentes ›quälen‹ konnte. Es wurde außerdem von einem Trommler erzählt, dem der Herzog eigenhändig die Trommelstöcke tief in den Rachen

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