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Die Sirenen von Kalypso

Die Sirenen von Kalypso

Titel: Die Sirenen von Kalypso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Werning
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zurückschreckt. Ein Gegner, der keine Gnade kennt. Er hat vor wenigen Langtagen erst unsere Ländereien im Nordwesten überfallen. Er hat unsere Ernte vernichtet und damit Leben. Die Wyants sind Blasphemiker, denn was ist wichtiger als sauberes Wasser und nahrhaftes Getreide? Wir müssen unsere Familien beschützen, unsere Heimat verteidigen, aus der die Wyants uns vertreiben wollen. Kämpft, Soldaten! Kämpft gut! Ihr seid die besten. Ihr seid unbezwingbar. Erinnert euch immer daran, Soldaten.« Aimin Ohtani warf beide Arme empor. »Möge der Sieg unser sein, Soldaten.«
    Die Fanfaren erschollen ein zweites Mal, und als ihre Melodien verklangen, setzte sich das Heer in Bewegung. Tajima vergewisserte sich, daß die Streitlibelle seines Intimfreunds an seiner Seite war. Ahirons rechte Hand lag auf dem breiten Griff des Schwertes. Die Miene war ausdruckslos, doch Tajima kannte seinen Kameraden gut genug, um die Vorfreude auf die bevorstehende Schlacht darin zu lesen.
    In die Ebene hinein, den Siebensteinen entgegen. Durch Trockenheit und Hitze und Ödnis. Manchmal lagen rechts und links die verdorrten Überreste eines Körperpanzers, oder bleiche Knochen, die den aufmerksamen Augen der Aufräumer entgangen waren. In Tajima krampfte sich etwas zusammen. Trommeln ertönten, und die Soldaten stimmten zu ihrem Takt ein Lied ein. Zehntausend Stimmen, und aus der Ferne erscholl die Antwort: das Heer des Gegners. Tajima vergewisserte sich ein letztes Mal, daß seine Waffen einsatzbereit und am richtigen Platz waren. Seine Nervosität nahm zu.
    Die Siebensteine wuchsen vor ihnen in die Höhe. Sieben Felsen, deren Konturen an die eines stilisierten Menschen erinnerten. Niemand wußte, ob dies nur auf die Laune der Natur zurückzuführen war, oder ob die Siebensteine eine rätselhafte Hinterlassenschaft der Mreyd waren.
    So viele Fragen, dachte Tajima ein wenig bekümmert, und so wenig Zeit, um Antworten zu finden. Ahiron warf ihm einen warnenden Blick zu. Er hatte recht. Es gab zu viele Diplomspitzel. Selbst unter den Soldaten.
    Die Kampfgruppenleiter gaben erneut ein Zeichen, und die Soldaten zügelten ihre Reittiere. Wieder Stille. Lauer Wind kam auf. Sein Atem war Hitze.
    Aimin Ohtani hieb seine silbernen Stiefel in die Flanken der grazilen Tanzspinne, die ihm als Reittier diente. Zehn schlanke, fast nackte Beine knickten ein. Das Geschöpf kroch einige Dutzend Meter nach vorn und wandte sich dann um. Aimin erhob sich in seinem Sattel. Mit beiden Händen umfaßte er ein glitzerndes Juwel.
    »Dies ist die heutige Trophäe!« rief er. Der Akustikverstärker machte seine Stimme zu einem brodelnden Vulkan. »Ein Weitauge aus dem Besitz meiner Familie. Eines der ältesten Kleinode, das die Ohtanis besitzen.« Er drehte es, und das Höllenfeuer licht rief seltsame Reflexe hervor. »Dies will ich euch sagen, Soldaten: Das Weitauge hat in dieser Schlacht die Bedeutung eines Jokers. Gehört der Sieg uns, so ist es, als hätten wir drei Schlachten gewonnen. Verlieren wir, so gehen drei Erfolge an den Feind. Ich setze das Weitauge als Trophäe, weil ich von eurem Sieg überzeugt bin, Soldaten. Kämpft gut!«
    Zwanzigtausend Arme kamen in die Höhe. Das Heer brüllte mit seiner gemeinsamen Stimme. Der Mönch der Asketischen Kirche – er verfügte ebenfalls über eine Tanzspinne – löste sich aus der Masse und lenkte sein Reittier an die Seite des Kriegsherren. Aimin Ohtani reichte die Trophäe dem Schlachtenbeobachter. Der betrachtete das Juwel von allen Seiten und gab es dann dem Ohtani zurück.
    »Hört meine Worte, Ohtanisoldaten! Ich bestätige die Ordnungsmäßigkeit der Setzung des Jokers.«
    Ein weiteres Mal ertönte der vielstimmige Jubel. Dann Stille.
    »Es wird ein harter Kampf werden«, flüsterte Ahiron Susla Tajima zu. »Die Wyants werden sich über die Bedeutung der Setzung eines Jokers im klaren sein.«
    Tajima beobachtete den Mönch der Asketischen Kirche. Es war eine unglaublich dürre Gestalt, die in eine scharlachrote Robe gehüllt war. Das Gesicht war schmal, und die Haut spannte sich straff über den Wangenknochen. Es hieß, die Mönche der Asketischen Kirche nähmen nur soviel Nahrung zu sich, wie es zur Aufrechterhaltung der Körperfunktionen erforderlich war. Es hieß weiter, sie verfügten über seltsame Kräfte, die manchmal sogar über die von starken Magiern hinausgingen. Es hieß, sie könnten das Wetter beeinflussen, und wenn sie der Überzeugung waren, daß eine Partei des Krieges gegen eine Alte Regel

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