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Die Sirenen von Kalypso

Die Sirenen von Kalypso

Titel: Die Sirenen von Kalypso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Werning
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erklang die Stimme Ahirons.
    »Hierher, Tajima! Ich bin fast da. Zu zweit ist es einfacher …«
    Tajima orientierte sich an der Stimme und lenkte seine Libelle in die entsprechende Richtung. Ahiron und sein Geflügelter waren ein verschwommener Schemen vor milchigfinsterer Dunkelheit. Tief unten hockte ein undeutliches Etwas. Tajima blickte auf eine Vielzahl von Windarmen, auf Nesselfäden, die ihnen entgegenschwebten, sich teilten.
    »Staubmedusen sind teuer!« rief Ahiron. »Die Wyants müssen gewußt haben, daß Aimin Ohtani einen Joker setzt. Ein Spion in unseren Reihen, ich bin sicher. Es steht schlecht, mein Lieber.«
    Angst schnürte Tajimas Kehle zu. Die Meduse unter ihm war … gewaltig, kolossal, mehr als beeindruckend. Und eine einzige Berührung ihrer Nesselfäden genügte, um den sofortigen Tod zu bringen. Es war ein amorphes Etwas, das beständig seine Körperkonturen veränderte. Nur die Vielzahl der Windporen war stabil. Böen heulten zu ihnen hinauf, Sand, dessen einzelne Partikel wie Geschosse waren und den Glanz der metallenen Körperpanzer trübten.
    »Wir müssen noch tiefer hinab!« rief Ahiron. »Körperpanzer dicht!«
    »Aber …«
    »Ich weiß. Die Hitze. Wir halten es nur zwei oder drei Minuten aus. Aber das muß reichen. Das Risiko mit offenem Panzer ist zu groß. Ein einzelner Nesselfaden, der deine Haut berührt …«
    »Ich verstehe …«
    Die Libelle zirpte ängstlich, als Tajima sie mit einer Nervenknospenberührung weiter in die Tiefe zwang. Nesselfäden legten sich auf ihre Transparentschwingen. Wie lange mochte die Libelle die Giftberührungen ertragen? Sie war wesentlich unempfindlicher als ein Mensch … aber wie unempfindlich?
    Der Atem tönte laut und heiß im Innern des nun vollständig geschlossenen Helms. Die mit Biegmetall geschützten Hände strichen Nesselfäden fort, die sich auf dem Körperpanzer festgesaugt hatten. Und tiefer hinab. Den Winden und Böen der Meduse entgegen. Tajima hatte Mühe, überhaupt noch etwas durch die transparenten Sehschlitze des Helms zu erkennen. Und die Stimme Ahirons klang dumpf, als er rief:
    »Die Giftkapseln, Tajima. Jetzt!«
    Er löste die Vorratsbeutel und warf sie hinab, der Meduse entgegen. Die Winde erfaßten sie und schleuderten sie hin und her. Doch die Meduse beachtete die beiden winzigen Dinge nicht, die ihr entgegenfielen. Ihre Aufmerksamkeit galt nur den Libellen und ihren beiden Reitern.
    »Hinauf!« rief Ahiron. »Rasch. Ich … ersticke …«
    Die Streitlibellen schraubten sich mit schlagenden Flügeln wieder empor. Es ging leichter, es ging schneller, denn nun unterstützten sie die Winde der Staubmeduse. Helligkeit sickerte ihnen entgegen. Und kurz darauf durchbrachen sie die äußersten Staubsandwirbel und waren aus dem Strudel heraus.
    Im Strahlenlicht des Höllenfeuers verdorrten die Nesselfäden der Meduse und fielen vom Körperpanzer ab. Tajima wartete ungeduldig ab und riß dann das Visier des Helms empor. Hitze schlug ihm entgegen, aber im Vergleich zur Temperatur im Innern des Körperpanzers war sie wie ein kühler Hauch. Tajima atmete einige Male tief durch und blickte dann hinab.
    Der Windstrudel fiel in sich zusammen. Die Staubmeduse starb. Von zehn grauen Säulen existierten nur noch zwei. Sechs Streitlibellen des Ohtaniheeres schwebten in sie hinein.
    »Ahiron?«
    Keine Antwort.
    Kampfrufe der Wyantsoldaten erschollen. Heisere Stimmen, die Schmähungen und Beleidigungen brüllten.
    »Ahiron!«
    Tajima blickte sich suchend um. Schließlich entdeckte er die Streitlibelle seines Intimfreunds. Sie trudelte dem Boden der Ebene entgegen. Offenbar war sie verletzt. Ahiron versuchte, ihren Flug – ihren Sturz – zu kontrollieren. Zu schnell, viel zu schnell.
    »Hinab!« rief Tajima und berührte einen Nervenpunkt. Die Libelle stürzte in die Tiefe. Nesselfäden, die sich auf den Schwingen festgesaugt hatten, waren längst verdorrt und abgefallen. Die Libelle Ahirons schien den Aufenthalt im Innern des Sturmstrudels nicht annähernd so gut überstanden zu haben, wie die seine. Ahiron gelang es nicht, sie zu kontrollieren und den Sturz abzubremsen. Tajima sah den Aufprall aus einer Entfernung von etwa hundert Metern. Etwas krampfte sich in ihm zusammen.
    »Schneller. Schneller.«
    Nur unbewußt registrierte er, daß es mehreren Kampfgruppen des Ohtaniheers gelungen war, die Frontlinie der Wyantsoldaten zu durchbrechen. Und Höllenfeuer neigte sich inzwischen dem Horizont entgegen. Nicht mehr lange, und die Dunkelheit

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