Die Smaragdreihe 03 - Die Sieben unterirdischen Könige
riefen mehrere Stimmen.
»Wir dürfen keine Zeit verlieren! Die Frauen sollen ihre Kinder schlafen legen und auf sie achtgeben, die Männer aber eine Befestigung bauen!«
Bofaro wälzte den ersten Stein heran. Die anderen folgten, ihre Müdigkeit überwindend, seinem Beispiel. Sie schleppten Steine herbei und begannen eine Mauer zu errichten.
Nach mehreren Stunden stand eine dicke, feste Mauer von doppelter Mannshöhe da.
»Ich glaube, das reicht einstweilen«, sagte König Bofaro. »Später werden wir hier eine Stadt bauen.«
Bofaro stellte eine Wache aus mehreren Männern mit Pfeilen und Lanzen auf; die anderen, die vor Müdigkeit fast umfielen, begaben sich im unheimlichen Licht der goldgelben Wolken zur Ruhe. Ihr Schlaf sollte jedoch nur kurz sein.
»Alarm! Alarm!« schrie die Wache.
Die aufgeschreckten Menschen stiegen auf Vorsprünge an der Innenseite der Befestigung und blickten über die Mauer. Da gewahrten sie einige Dutzend seltsamer Tiere, die sich der Befestigung näherten.
»Sechsfüßer! Das sind Sechsfüßer!« riefen mehrere Leute.
Die Tiere hatten tatsächlich nicht vier, sondern sechs dicke, runde Beine, auf denen mächtige runde Rümpfe ruhten. Ihr Fell war schmutzigweiß, dicht und zottig. Sie starrten aus großen runden Augen auf die Befestigung, die so jählings entstanden war…
»Welch gräßliche Ungeheuer! Ein Glück, daß die Befestigung uns schützt!« riefen die Menschen.
Während die Bogenschützen Pfeile auflegten, kamen die Tiere immer näher. Sie schnüffelten, glotzten und schüttelten drohend ihre großen Köpfe mit den kurzen Ohren. Bald hatten sie sich auf Schußweite genähert. Die Schützen spannten die Bogen, die Pfeile schwirrten durch die Luft. Sie konnten aber die dicke Haut der Tiere nicht durchbohren und blieben in ihrem zottigen Fell stecken. Mit dumpfem Gebrüll kamen die Sechsfüßer näher. Wie alle Tiere des Wunderlandes konnten sie sprechen, aber sie sprachen undeutlich, denn ihre Zungen waren zu dick und unbeholfen.
»Verschießt eure Pfeile nicht umsonst!« befahl Bofaro. »Haltet die Schwerter und Lanzen bereit! Schafft die Frauen und Kinder in die Mitte der Befestigung!«
Die Tiere wagten es aber nicht, anzugreifen. Sie umstellten die Befestigung und hielten ihre glühenden Augen unverwandt auf sie gerichtet. Bofaro und seine Leute waren belagert.
Da begriff er, welchen Fehler er begangen hatte: Er hatte es unterlassen, für Wasser zu sorgen. Wenn jetzt die Belagerung lange anhielt, würden seine Leute verdursten.
Bis zum See waren es zwar nur ein paar Dutzend Schritt, aber wie sollte man die Umkreisung des Feindes durchbrechen, der gar nicht so schwerfällig war, wie er aussah?
Es vergingen ein paar Stunden. Als erste verlangten die Kinder zu trinken. Vergeblich versuchten die Mütter, sie zu beruhigen. Bofaro bereitete sich zu einem verzweifelten Ausfall vor.
Plötzlich rauschte es in der Luft, am Himmel tauchte eine Schar sonderbarer Geschöpfe auf, die sich schnell näherte. Sie sahen wie Krokodile aus, nur waren sie viel größer. Diese Ungeheuer schwangen ihre gewaltigen hautbespannten Flügel, und aus ihren schmutziggelben, schuppigen Bäuchen ragten mächtige Tatzen mit scharfen Krallen hervor.
»Wir sind verloren!« schrien die Belagerten. »Das sind fliegende Drachen; vor ihnen kann uns keine Befestigung schützen!«
Die Menschen bedeckten ihre Köpfe mit den Händen, und sie vermeinten schon zu spüren, wie die schrecklichen Krallen in ihr Fleisch eindrangen. Aber da geschah etwas Unerwartetes: Die Drachen stürzten sich heulend auf die Sechsfüßer und suchten deren Augen zu treffen. Diese schienen aber an solche Überfälle gewöhnt: Sie zogen tief die Köpfe ein, richteten sich auf den Hinterbeinen auf und schlugen wild mit den Vorderbeinen um sich.
Das Heulen der Drachen und das Brüllen der Sechsfüßer betäubte fast die Menschen, die das ungewöhnliche Schauspiel beobachteten. Einige Sechsfüßer hatten sich zusammengerollt, und die wütenden Drachen rissen ihnen mit den Zähnen ganze Büschel des zottigen Fells aus. Ein unvorsichtiger Drache, den ein mächtiger Tatzenhieb getroffen hatte, konnte nicht auffliegen und hüpfte hilflos umher. Dann stoben die Sechsfüßer, von den fliegenden Echsen verfolgt, auseinander.
Sofort ergriffen die Frauen ihre Krüge und eilten zum See, um Wasser für ihre weinenden Kinder zu holen.
Erst viel später, als die Menschen sich in der Höhle eingelebt hatten, erfuhren sie den Grund
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