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Die Söhne der Wölfin

Titel: Die Söhne der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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daran, daß all dies allein Ilians Schuld war, daß Ilian selbst ihre vielversprechende Zukunft zusammen mit Fastis Hoffnungen auf eine würdige Nachfolgerin fortgeworfen hatte. Also rührte sie sich nicht. Erst Jahre später fragte sie sich, ob sie damals die letzte Gelegenheit hatte verstreichen lassen, um dem Schicksal eine andere Wendung zu geben.

    Faustulus neigte im allgemeinen nicht zu hastigen Entscheidungen. Als er sich vor zwei Jahren an einem Raubzug beteiligt hatte, um den Tusci Vieh zu stehlen, hatte das weniger mit jugendlichem Übermut als mit Armut und bitterer Notwendigkeit zu tun gehabt. Die Herden seines Dorfes bestanden nach einer Seuche und einigen weiteren Unglücksfällen nur noch aus ein paar abgemagerten Tieren, die kaum zwei Familien ernährt hätten. Und jeder wußte, daß die Tusci reich waren, reich an allem, auch an Vieh, und obendrein waren sie Magier, so daß ihre Herden nie krank wurden.
    Also hatte er sich den anderen jungen Männern angeschlossen, und fast hätten sie mit ihrem Plan Erfolg gehabt. Es war geradezu lächerlich einfach gewesen, zwei Dutzend Schafe von den Herden der Tusci-Stadt Alba abzusondern und fortzutreiben. In einem jähen Anfall von Tollkühnheit hatte Faustulus geglaubt, auch noch nach einer Kuh Ausschau halten zu müssen. Seither hütete er sich davor, sich je wieder Erfolg zu Kopf steigen zu lassen, denn die Strafe ließ nicht lange auf sich warten. Der Bruder des Herrschers von Alba, der mit einem kleinen Trupp die Viehdiebe verfolgte, hatte ihn gefangen genommen.
    Bei einem Krieg hätte wohl die Möglichkeit bestanden, ausgelöst zu werden, aber sein Dorf führte keine Kriege, das konnte man sich nicht leisten. Also wurde er das Eigentum des Mannes, der ihn aufgespürt hatte. Er hätte es schlimmer treffen können. In die Steinbrüche geschickt zu werden oder in die Erzgruben, zu den Blasebälgen in der Nähe der heißen Feuer, die den Tusci ihren Reichtum sicherten, das war es, was jeder Latiner fürchtete. Doch sein neuer Herr war nicht grausam zu Faustulus, und wenn er zaubern konnte und mit Unterweltsdämonen im Bunde stand, so wie man das von den Tusci behauptete, dann ließ sich nichts davon erkennen. Und, so stellte sich heraus, er brauchte Krieger, deren Treue nicht seinem Bruder galt.
    Faustulus lernte, ein Schwert zu gebrauchen. Er war weder sonderlich gut noch sonderlich schlecht darin, aber als Arnth die Macht in Alba übernahm, tat Faustulus seinen Teil. Zu diesem Zeitpunkt beherrschte er die Sprache der Tusci, die sich sehr von der seinen unterschied, immerhin ausreichend, um nicht nur die Befehle der Anführer zu verstehen, sondern auch mit seinen Kameraden über die Dinge des Alltags reden zu können. Er war kein mißtrauischer Mensch, und so dachte er sich nichts dabei, von seiner Hoffnung zu sprechen, als Belohnung für seine Dienste vielleicht irgendwann einmal freigelassen zu werden. Nicht, daß es ihm in Alba schlecht erging; anders als in den letzten Jahren in seinem Dorf hatte er hier zumindest immer einen vollen Magen. Aber er fühlte sich unwohl inmitten der vielen Häuser aus Stein, ihm fehlten seine alten Freunde, seine Sprache, und er war sich wohl bewußt, daß die Tusci auf seinesgleichen herabsahen.
    Als er vor den König gerufen wurde, meinte Sico, der Sabiner, der weder die Tusci noch die Latiner besonders mochte, nun sei wohl die Zeit genommen, wo Faustulus für sein loses Maul büßen müsse. Dergleichen wäre Faustulus nicht eingefallen, und er weigerte sich, Angst zu zeigen, nun, da Sico ihm den Gedanken in den Kopf gesetzt hatte. Einen Schritt nach dem anderen, pflegte sein Vater zu sagen.
    Was der König ihm anbot, klang fast zu schön, um wahr zu sein. Er würde wieder frei sein und ein Hirte, mit zwei gedeckten Kühen und zehn Schweinen bestimmt der reichste Mann im Dorf. Als Gegenleistung mußte er nicht mehr tun, als ein schwangeres Mädchen als sein Weib mitzunehmen und dafür zu sorgen, daß sie nicht fortlief. Trotzdem wartete er erst ein wenig ab, ehe er einwilligte. Er war nicht dumm. Es gab verdienstvollere Krieger als ihn, und er verstand nicht, warum der König ausgerechnet ihn ausgewählt hatte.
    »Es stört dich doch nicht, daß sie das Kind eines anderen erwartet, oder?« fragte der König verwundert, als Faustulus nicht sofort sein Einverständnis erklärte.
    »Aber nein«, entgegnete Faustulus ehrlich. »Eine fruchtbare Frau ist gut.« Wäre der König seinesgleichen gewesen, dann hätte er vielleicht

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