Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
Cletus’ Kommandos in Wiesen und Feldern zurückgelassen hatten.
Der Treck marschierte direkt auf Armoy-Stadt zu, für Cletus’ leicht bewaffnete Dorsai ein Marsch von etwa drei Tagen. Lu May mußte Glück haben, um mit seinem Kommando den gleichen Weg in vier Tagen zurückzulegen, doch dieser zusätzliche Tag würde den General aus Spanierstadt gerade zum rechten Zeitpunkt in Armoy-Stadt in Erscheinung treten lassen, wie er vorausberechnet hatte, gerade zum richtigen Zeitpunkt, um jenen Augenblick zu nutzen, wo Cletus’ Truppen aufatmen würden, nachdem sie Armoy-Stadt und den Raumhafen erobert hatten.
Es war ein weiser Entschluß – dachte Lu May –, sich etwas Handlungsspielraum zu verschaffen, falls dies möglich war. Sollte er zu früh eintreffen, konnte er sich dann immer noch Zeit lassen, ohne die Spur zu verlieren, und rechtzeitig in der Stadt eintreffen. Also gab er nach dem Abendbrot den Befehl, die Verfolgung nach Einbruch der Dunkelheit unter dem mondlosen, aber hellen Sternenhimmel der Neuen Erde fortzusetzen. Er scheuchte sein Kommando durch die Finsternis, bis seine Leute am Steuer ihrer Fahrzeuge einzunicken begannen oder gar im Gehen und Stehen einschliefen. Schließlich ließ er drei Stunden nach Mitternacht widerwillig anhalten und für den Rest der Nacht eine Pause einlegen.
Kaum waren seine Leute eingeschlafen, als sie von einer Reihe scharfer Explosionen aufgeschreckt wurden. Was sie sahen, ließ ihnen das Blut in den Adern erstarren. Ihre Energiewaffen brannten lichterloh, und das Lager mit den Energieladungen schmolz in der Hitze wie Butter in einer Pfanne. Im gleichen Augenblick tauchten dunkel gekleidete Dorsai zwischen Lu Mays Truppen auf, entwaffneten die Leute und trieben sie unter den wachsamen Augen der anderen Söldner in Gruppen zusammen.
General Lu May, aus tiefem Schlummer erwacht, richtete sich auf seinem Feldbett auf und erblickte Cletus über sich, die Pistole im Gürtel. Lu May starrte ihn verwirrt an, als sei er eine Erscheinung.
„Aber … Sie müßten mir weit voraus sein …“ stammelte er, nachdem er sich einigermaßen gefaßt hatte.
„Ich habe Ihnen einen Konvoi ziviler Lastwagen vorausgeschickt“, erwiderte Cletus. „Diese Wagen waren leer bis auf die Fahrer. Meine Leute habe ich mitgebracht – und Ihr Kommando haben wir gefangengenommen, General. Es ist besser, Sie ergeben sich gleich, das vereinfacht die Sache.“
Lu May rappelte sich aus seinem Bett hoch. Plötzlich sah er sehr alt und hilflos wie ein begossener Pudel aus, als er in seinem Schlafanzug dastand. Fast demütig ergab er sich, ohne Widerstand zu leisten.
Cletus kehrte zu der Feldeinheit zurück, wo bereits ein provisorisches Hauptquartier eingerichtet worden war. Kanzler Ad Reyes wartete schon auf ihn.
„Sie können Ihrer Regierung mitteilen, Kanzler, daß die regulären Militärstreitkräfte des Zentralrings der Stadtstaaten unsere Gefangenen sind …“ begann er, brach dann aber ab, als Arvid eintrat und ein gelbes Meldeformular überreicht.
„Nachricht von Oberst Khan auf Dorsai“, sagte Arvid, „übermittelt von unserem Basislager bei Adonyer in der Kolonie Breatha.“
Cletus nahm das Formular, entfaltete es und las:
Angriff durch Etter-Paß von Neuland auf Bakhalla-Gebiet abgewehrt. Streitkräfte der Allianz und der Koalition in einer „Friedensarmee“ für die neuen Welten vereint. Dow deCastries hat Oberkommando dieser Streitkräfte übernommen.
Cletus faltete das Blatt zusammen und steckte es in eine Tasche seiner Kampfjacke. Dann wandte er sich an Reyes.
„Sie haben vierundzwanzig Stunden Zeit“, sagte er, „um die Breatha-Truppen hierherzubeordern und die Gefangenen zu übernehmen. Meine Truppen und ich müssen unverzüglich nach Dorsai zurückkehren.“
Reyes starrte ihn ehrfurchtsvoll und gleichzeitig verblüfft an. „Aber wir haben doch für den Fall eines Sieges einen Triumphzug vorgesehen …“ begann er unsicher.
„Vierundzwanzig Stunden“, erwiderte Cletus brüsk. Damit machte er auf dem Absatz kehrt und ließ den Kanzler stehen.
24
Nach seiner Landung auf Dorsai rief Cletus bei Major Arvid Johnson, jetzt diensthabender Feldkommandeur, an und bat ihn zu sich in das Grahame-Haus. Dann bestieg er ein Flugzeug nach Foralie und zum Grahame-Haus, immer noch in seiner Felduniform, gefolgt von Bill Athyer, der sich ihm wie ein krummnasiger Schatten an seine Fersen heftete.
Melissa, Arvid und Eachan kamen ihm an der Haustür entgegen.
Weitere Kostenlose Bücher