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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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das Ruckeln aufhören, und die Schützen konnten ihre Pflicht tun.
    Die Pferde waren verängstigt und überstrapaziert und bedurften dringend der Schonung. Loa Gyffs riss an den Zügeln und machte ein möglichst beruhigendes »Brrrrrr!«. Die Pferde wurden langsamer, als hätten sie schon darauf gewartet, endlich zur Ruhe kommen zu dürfen.
    Im Nu waren die drei Verfolger heran, an dem Planwagen vorüber und wendeten nun vor Gyffs in ihren eigenen Staubwolken ihre fremdartigen Tiere. Gyffs fühlte sich allein gegen drei. Sie sahen größer aus als die, die vorhin zu Fuß angegriffen hatten. Im Inneren des Wagens war schon Bewegung. Von den Holtzenauen kämpfte sich wieder nach vorne durch. MerDilli und Kertz schienen nur aus sperrigen Gliedmaßen zu bestehen und machten ihrer Nutzlosigkeit durch unleidliches Knurren Luft.
    Die drei Affenmenschen ritten auf Gyffs und den Wagen zu, langsamer jetzt. Noch stand der Wagen nicht ganz, die Pferde waren immer noch am Austraben.
    »Bewegt Euch nicht, Leutnant«, sagte von den Holtzenauen, die militärische Etikette völlig außer Acht lassend. Gyffs spürte, wie er sie an der Schulter berührte und sah eine Pfeilspitze neben ihrer Schläfe. Der Soldat von den Holtzenauen benutzte seine Vorgesetzte als Stütze.
    Dann schoss er. Dieser Pfeil traf. Einer der Affenmenschen ächzte und bäumte sich im Sattel auf. Er war nicht tot, aber sein Reittier verhielt. Die anderen beiden waren heran. Gyffs fiel auf, dass sie überhaupt keine Waffen in Händen hielten. Stattdessen waren ihre Hände rot und feucht, als wären sie in frisches Blut getaucht. Das Blut von Gollberg? Von Deleven? Von Eremith?
    Die Reiter wurden immer schneller, machten Anstalten, links und rechts an dem Wagen vorbeizupreschen. Von den Holtzenauen legte einen neuen Pfeil auf. »Sie tauchen gleich hinten auf, dann hast du sie im Schussfeld«, sagte er, an Stodaert gerichtet, doch der antwortete nicht. Von den Holtzenauen schoss noch einmal, doch dieser Pfeil ging ins Nichts, die Reiter waren bereits vorüber.
    Gyffs hörte ein eigenartiges Geräusch. Die Wagenplane wurde von außen berührt. Gyffs vermeinte, gegen das Sonnenlicht rötliche Spuren auf dem Stoff zu sehen. Sie folgte mit den Augen den Spuren zum Heck des Wagens. MerDilli machte, dass er vom Rand weg- und in die Mitte kam.
    Die beiden Reiter tauchten hinten in der Blicköffnung wieder auf wie ein gerahmtes, bewegliches Bild und wendeten abermals.
    »Mit Stodaert stimmt etwas nicht«, sagte »Scheusal« Kertz kleinlaut. »Ich glaube, sie haben Stodaert erwischt.«
    »Verfluchter Mist!«, knirschte von den Holtzenauen. Ein weiteres Mal drängelte er sich an MerDilli und Kertz vorbei, um die Position zu wechseln und nach hinten zu gelangen.
    Bujo Stodaert war an der Ladeklappe in sich zusammengesunken. Von den Holtzenauen ließ seinen Bogen los und untersuchte ihn kurz. »O nein!«, entfuhr es ihm. »Das waren nicht die Reiter. Das muss schon vorhin passiert sein, im Nahkampf. Er hat die ganze Zeit über Blut verloren, und ich habe es nicht bemerkt.«
    »Stimmt«, bestätigte MerDilli. »Einer der Affen hat ihn geschlagen. Es gab einen Kampf, als wir noch im anderen Wagen waren.«
    »Warum hast du denn nichts gesagt, Junge?«, tadelte von den Holtzenauen den bewusstlosen Stodaert, während er versuchte, die Blutung durch so etwas wie einen Druckverband zumindest abzuschwächen. »Warum musst du denn immer so ein verflucht tadelloser Soldat sein? Kannst du nicht mal Meldung machen, wenn du am Verrecken bist?«
    In Gyffs‘ Kopf drehte sich alles. Von hinten näherten sich die beiden Reiter wieder. Das gerahmte, bewegliche Bild ging zum neuerlichen Angriff über. Und ausgerechnet jetzt musste Fergran von den Holtzenauen, ihr letzter verbliebener Fernwaffenmann, seinen Bogen weglegen und Wunden versorgen. Die beiden Angreifer trugen noch immer keine Waffen. Gyffs fragte sich, was das alles nur bedeuten mochte. Was schwerer wog für einen jungen Mann wie von den Holtzenauen: das Erschießen von Gegnern oder das Retten von Kameraden. Sie konnte einen Befehl geben. Es war ihre Pflicht, einen Befehl zu geben. Aber sie wusste nicht, welchen.
    Und dann wurde sie plötzlich vom Kutschbock gerissen. Für einen Augenblick begriff sie überhaupt nicht, was los war. Etwas Hartes, Klimperndes, Vielgliederiges prallte gegen sie und zerrte sie mit sich. Dann roch sie den Affenmenschen über ihr. Sie hatte den Verwundeten völlig vergessen. Während alle – auch sie selbst

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