Die Soldaten
mühsam auf den Kutschbock zurückkämpfte.
Gyffs’ Wagen wurde von drei Affenmenschen angesprungen. Einer durchriss rechterhand die Plane und klammerte sich mit Oberkörper und Ellenbogen fest. Mit verzerrtem Gesicht stemmte Sensa MerDilli sich diesem Oberkörper entgegen und drängte den zappelnden Affenmenschen zurück, bis dieser mit seinen Beinen unter das rollende Rad geriet. Kreischend wurde der sich festklammernde Oberkörper vom Rand der Ladefläche hinabgerissen. Die beiden anderen kamen von hinten. MerDilli machte sich lang und stach einem von ihnen vor die Brust, während Stodaert haarscharf an ihm vorbeischoss und den zweiten am Helm erwischte. Beide Angreifer ließen sich jedoch nicht so einfach aufhalten und enterten vom Heck her den Wagen.
Loa Gyffs peitschte zum ersten Mal in ihrem Leben Pferde. Sie waren immer noch viel zu langsam, selbst zu Fuß waren die Angreifer schneller als sie. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Leutnant Fenna von drei Affenmenschen gleichzeitig zu Boden gerissen wurde. Der Sand waberte an dieser Stelle hoch wie Rauch. Onjalban schien immer noch zu leben, er tat irgendetwas mit seiner Hand.
Fenna spürte die Hiebe in seinem Rücken und wie der Sand näherkam und sich um ihn schloss. Jetzt konnte er ganz deutlich die Haare der brennenden Kinder riechen. Dieses Detail war ihm lange entfallen gewesen.
»Ich lege mich zu euch«, dachte er. »Dann leidet ihr wenigstens nicht allein.«
Korporal Deleven bekam den Wagen nicht gewendet. Die Pferde sprangen in leidenschaftlicher Panik gegeneinander, anstatt in eine einträchtliche Richtung zu ziehen. »Runter!«, befahl Deleven Jovid Jonis. »Wir müssen den Wagen wechseln. Zu Gyffs!«
»Aber … Breff! Was machen wir mit Breff?«
»Der ist tot, Junge. Die Keule steckt in seinem Gesicht.« Deleven konnte nicht mehr abwarten. Er schoss einem der Affenmenschen in den Bauch, sprang vom Kutschbock und verfeuerte seine sämtlichen Pfeile auf alles, was sich bewegte und nicht nach Pferd, Wagen oder Uniform aussah. Mehr als zehn Affenmenschen stürzten in den unterschiedlichsten Haltungen aus vollem Lauf zu Boden, aber da waren immer noch zwanzig oder dreißig oder vierzig weitere, die vorher noch nicht da gewesen waren, die immer näher kamen. Der Bogen war leer. Den nächsten Gegner griff Deleven mit dem Säbel an. Der Kampf bestand nur aus sechs heftigen Bewegungen, aber Deleven war vollkommen außer Atem, als der Affenmensch endlich zu Boden sank. Jonis folgte ihm so zögerlich, dass er über sechzig Schritt entfernt war, als er endlich vom Wagen sprang. Zwei Affenmenschen hielten auf den Jungen zu. Deleven beeilte sich, Jonis durch den zähen Sand zu Hilfe zu eilen, und er bemerkte erst jetzt, dass er Teppels Blut im Auge hatte.
Stodaert schrie auf, als der Affenmensch ihn mit einer Klinge berührte, die ausgefranst war wie ein behauener Feuerstein. MerDilli rang mit dem zweiten Enterer. Aber jetzt war »Scheusal« Kertz an der Reihe. Er sprang waagerecht gegen MerDilli und seinen Gegner, sodass beide beinahe aus dem Wagen geschleudert wurden – nur dass Kertz MerDilli im letzten Augenblick noch festhielt. MerDilli übergab sich beinahe, so sehr rüttelte ihn dies alles durch. Der Sand rollte unter ihm, die Wolken wogten oben. Kertz hievte ihn hinein und kümmerte sich dann nicht weiter um ihn. Stodaert war in Bedrängnis, und Kertz hackte auf Stodaerts Gegner ein, bis dieser nicht einmal mehr zucken konnte und die gesamte Wagenplane als zerschnittene rote Fetzen flatterte. Das Gesicht des Affenmenschen war immer noch von seinem maskenartigen Helm verdeckt, aber niemand wagte es, den zerstückelten Leichnam zu berühren. In Gyffs’ Rücken kehrte andächtige Ruhe ein. Sie konnte sich umblicken.
Jonis stand alleine gegen zwei. Deleven war zu weit weg, sein Wagen kenterte gerade. Wo war Teppel? Von Fenna war nichts mehr zu sehen – dunkle, haarige Leiber begruben den Leutnant im empfänglich weichen Sandgemenge. Hauptmann Gollberg rüttelte verzweifelt und augenrollend an seinen eigenen Händen. Sein Mund war ein klaffendes Loch. Hatten ihm diese Ungeheuer etwa die Zähne herausgebrochen?
Zwanzig oder dreißig der Affenmenschen nahmen die Verfolgung auf. Sie rannten einfach den beiden Wagen hinterher. Von den Holtzenauen war in guter Fahrt und wurde immer schneller, aber Gyffs hatte drei Mann an Bord, unverhältnismäßig viel Proviant und zusätzlich noch den Leichnam eines Affenmenschen. Die Verfolger würden sie einholen.
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