Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)
ebenso spärlich möbliert wie die anderen, es hatte ein Doppelbett mit einer traurig dünnen Matratze. Unter der Decke hing kein Ventilator wie in den Zimmern im ersten Stock, dafür gab es zwei Nachttische, jeweils mit einer niedlichen kleinen weißen Milchglaslampe. In einer Ecke stand ein weißer Schrank mit Spiegeln, und die Klimaanlage steckte in einem Loch, das direkt neben dem Bett in die Wand gebohrt war. So konnte sie demjenigen, der auf der Seite schlief, die ganze Nacht lang ins Ohr dröhnen. Leider war es das schönste Schlafzimmer im ganzen Haus. Ellis war froh, dass es Dorie und Stephen bekamen. Na ja, nicht gerade wegen Stephen. Schließlich hatten sie sich damals im April bei der Beerdigung von Julias Mutter eigentlich geeinigt, dass es ein reiner Frauenurlaub werden sollte.
Aber Dorie und Stephen waren erst seit einem Jahr verheiratet. Da sie beide an der Schule unterrichteten, war August der letzte Monat, in dem sie Urlaub machen konnten. Niemand, nicht einmal Julia, hatte es übers Herz gebracht, Dorie ihren Wunsch auszureden. Außerdem war Stephen wirklich sehr nett. Er kochte gerne und war ein ruhiger Zeitgenosse, er würde die meiste Zeit am Strand liegen und lesen, hatte Dorie versprochen. So hatten die Frauen nachgegeben und eingewilligt, dass Stephen sie begleiten durfte.
Zumindest würde Stephen ihnen nicht in die Quere kommen, dachte Ellis. Wenn er hier oben im zweiten Stock schlief, würden sie sich keine Gedanken darüber machen müssen, ihm unten in Unterwäsche über den Weg zu laufen, oder ständig die Toilettenbrille wieder herunterklappen müssen.
Dennoch war Ellis entschlossen, Mr Culpepper gehörig den Marsch zu blasen! Wahrscheinlich war es jetzt zu spät, die Buchung noch zu stornieren, da Ellis die Hälfte der Miete im Voraus bezahlt hatte, doch sie rechnete bereits aus, wie viel Minderung sie in Anbetracht der miesen Betten, der lächerlichen Klimaanlagen und – nicht zu vergessen! – der Ameisen verlangen würde.
Da war es wieder, das quälende, beharrliche Jucken, gegen das sie nicht ankratzen konnte: Geld. Hatte sie genug? Was würde geschehen, wenn dieser Monat vorüber war? Und wie lange würde es dauern, bis ihr das Geld ausging?
6
Ellis hörte draußen den Kies knirschen. Dann hupte mehrmals ein Auto. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und schaute aus dem Fenster über ihrem Bett. Ein dunkelroter Minivan hielt in der Einfahrt, eine Blondine lehnte sich aus dem Beifahrerfenster und rief aus vollem Halse: »Huhu! Wir sind da-ha!«
Ellis flitzte die beiden Treppen hinunter, durch die Haustür, über die Veranda und sprang auf den Wagen zu.
»Gott sei Dank!«, rief sie und fiel in Julias ausgestreckte Arme. »Endlich seid ihr da! Es ist August. Kaum zu glauben, dass wir endlich alle zusammen sind!«
Sie hielt Julia auf Armeslänge Abstand und musterte sie kritisch. »Du bist viel heller als sonst. Sieht gut aus, aber seit wann bist du so hellblond?«
Noch ehe Julia antworten konnte, war Dorie aus dem Minivan gestiegen, und die drei umarmten sich johlend, plapperten und hüpften umeinander.
»Entschuldigt mal kurz«, sagte Dorie und entzog sich den anderen beiden. »Ich kann’s wirklich nicht erwarten, das Haus zu sehen und das Neuste zu hören. Aber ihr müsst mal kurz ohne mich auskommen. Hab vor einer Stunde einen Eistee getrunken, und ich halt’s schon nicht mehr aus.«
»Na, los«, sagte Ellis lachend. »Du hattest ja immer eine schwache Blase. Julia und ich packen schon mal aus.«
Sie ging zum Kofferraum des Minivans und tastete nach dem Öffner der Heckklappe. »Wo sind die anderen?«, fragte sie Julia. »Kommen Willa und Stephen mit einem zweiten Auto? Davon hat Dorie gar nichts gesagt, als ich vorgestern mit ihr telefoniert habe.«
Julia hob eine elegant geschwungene Augenbraue. »Es gibt so einiges, was Dorie nicht erzählt hat. Keinem von uns. Sie kommen nicht, Süße.«
»Gar nicht?«, fragte Ellis bestürzt. »Was ist passiert?«
»Die blöde Kuh hat uns sitzenlassen! Dorie hat mir eben erzählt, Willa hätte sie gestern Abend angerufen, kurz bevor sie sie abholen wollte, und ihr einfach so mitgeteilt, sie könnte nicht mitkommen.«
»Einfach so?«
Julia zuckte mit den Achseln, und der Träger ihres orangefarbenen Tanktops rutschte von ihrer sonnengebräunten Schulter. »Willa hat Dorie erzählt, es wäre was mit einem der Kinder. Ist das nicht typisch für sie? Erst lädt sie sich selbst ein, und weil wir Dorie nicht wehtun wollen,
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