Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)
gedacht, ich würde es nicht merken? Gehst mit ihr in dieselben Restaurants, wo du vorher mit mir gewesen bist? Und anschließend in dieselben miesen Motels? Behalt deinen Ring. Schenk ihn deiner kleinen Hure Tara. Soll sie ihn tragen.«
Ty und Ellis standen wie festgenagelt auf dem Holzsteg und beobachteten, wie der Mann im obersten Stock ausholte und die Frau schlug. »Wir müssen was unternehmen«, sagte Ellis.
»Zuerst müssen wir raus aus dem Regen«, entgegnete Ty und griff nach ihrer Hand. Sie liefen den Holzsteg hinauf zur hinteren Veranda. Als sie sicher unter dem schützenden Dach standen, erinnerte sich Ellis an ihr Handy, das sie kurz zuvor in die Tasche ihres Kleides geschoben hatte.
»Ich rufe die Polizei«, sagte sie. »Dorie und Julia sind im Haus. Was ist, wenn er ihnen auch was antut?«
»Neun-eins-eins«, sagte eine Frauenstimme vom Band. »Sie haben den Notruf von Dare County gewählt. Diese Nummer ist ausschließlich für lebensbedrohende Situationen bestimmt. Wenn Sie sich über die Leistungen der Behörden informieren wollen, legen Sie bitte auf und wählen Sie die Nummer, die in Ihrem Telefonbuch angegeben ist. Wenn es sich tatsächlich um einen Notfall handelt, bleiben Sie bitte in der Leitung, bis jemand für Sie frei ist.«
Es ertönte ein schwaches Summen.
»Ich bin in der Warteschleife!«, rief Ellis. Sie hörte mehrere Piepser. »Verdammt noch mal, dies ist ein echter Notfall. Los, macht schon!«
Ty zog sein eigenes Handy aus der Tasche und gab eine Nummer ein. »Ich rufe Connor an«, sagte er. »Er ist noch in der Bar, aber wenn er drangeht, kann er in zehn Minuten hier sein.« Er wartete, lauschte und runzelte die Stirn. »Bin weitergeleitet worden zur Mailbox«, erklärte er. »Wahrscheinlich hört er das Klingeln nicht.« Ty wartete kurz. »Hey, Connor, hier ist Ty. Hör mal, wir haben einen Eindringling in Ebbtide, im obersten Stock. Ich glaube, er hat eine der Frauen in seiner Gewalt. Wir haben schon 911 angerufen, hängen aber in der Warteschleife. Wenn du diese Nachricht hörst, dann beweg deinen Arsch rüber, so schnell es geht.«
»Wir können nicht länger warten«, sagte Ellis. »Die Mädels sind allein im Haus. Sie müssen da raus.« Sie ging zur Küchentür. »Ich schleiche mich nach oben, sag ihnen, was los ist, und komm so leise wie möglich mit ihnen raus.«
»Okay. Aber sei vorsichtig! Ich bleib hier und beobachte die Hintertreppe, falls er versucht, Madison wegzubringen. Bleib in der Leitung!«
»Gut.« Ellis zog die Küchentür nur so weit auf, dass sie hineinschlüpfen konnte.
Auf Zehenspitzen ging sie die Treppen hinauf, hoffte, mit den nackten Füßen den knarrenden Bohlen ausweichen zu können und unbemerkt bis in den ersten Stock zu gelangen.
Im Badezimmer hörte sie Wasser laufen, unter Julias Zimmertür sah sie einen Lichtstreifen. Ohne anzuklopfen, platzte sie hinein. Julia zog sich gerade ein rosa Hemdchen über den Kopf.
»Julia!«, flüsterte Ellis. »Habt ihr Adam reingelassen?«
»Wen?«, fragte Julia und schlüpfte in ihre Yogahose.
»Adam, den Freund von Madison. Er ist oben in ihrem Zimmer. Ty ist unten und beobachtet die Hintertreppe.«
»Wie kommst du darauf? Wir haben niemanden hereingelassen!« Julia klang beunruhigt.
»Es fing an zu regnen, deshalb sind wir weg vom Strand. Ich hab zufällig hochgeguckt zu Madisons Fenster. In ihrem Zimmer sind zwei Personen, und eine davon ist ein Mann. Er hat sie geschlagen!«
»Wie zum Teufel …?«, rief Julia. »Wie ist er hier reingekommen?«
»Keine Ahnung, ist er jedenfalls«, gab Ellis zurück. »Wir müssen was unternehmen.«
»Was denn?«
»Weiß ich nicht«, sagte Ellis. »Ich bin in der Warteschleife beim Notruf, und Ty hat Connor eine Nachricht hinterlassen, damit er sofort herkommt, aber zuerst mal ist der Typ da oben bei Madison!«
»Wo ist Dorie?«, fragte Julia. »Es sähe ihr total ählich, einfach nach oben zu gehen und noch ein letztes Mal mit Madison zu quatschen.«
Am anderen Ende des Flurs hörten sie Wasser laufen. Beide schlichen zum Badezimmer. Julia klopfte vorsichtig an, doch es antwortete niemand.
»Dorie«, flüsterte sie. »Mach auf!«
»Ich bin noch nicht fertig!«, rief Dorie, und ihre Stimme hallte von den Kacheln. »Mensch nochmal, wenn du es so eilig hast, dann geh doch unten auf die Toilette!«
»Lass mich rein, verdammt nochmal!«, flüsterte Julia heiser. »Und halt den Mund!«
Verärgert öffnete Dorie die Tür. Sie hatte das Haar mit einem
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