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Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)

Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Die Sommerfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Kay Andrews
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inmitten ihrer lärmenden, liebevollen Familie nicht sang oder lachte oder einen Scherz machte.
    »Es sagt doch niemand, dass du das tun musst«, gab Ellis leise zurück.
    »Das glaubst du«, Julia ließ die Schultern hängen. »Könnten wir jetzt bitte über etwas anderes sprechen? Ich gehe schwimmen.«
    Ellis lief an den Streifen, wo der nasse auf den trockenen Sand traf. Dort lagen zerbrochene Muschelschalen und getrocknete Algen. Ellis streifte ihre Sandalen ab und grub die Zehen in den feuchten Sand. Ihre Finger schlossen sich um das Handy in der Tasche ihres Strandkleids. Sie hatte mehrere Bewerbungen verschickt. Eine ehemalige Kollegin hatte ihr einen vielversprechenden Hinweis auf eine Stelle bei einem Start-up-Unternehmen für finanzielle Dienstleistungen in Pittsburgh geschickt.
    Pittsburgh. Sie kannte keine Menschenseele in Pittsburgh. Noch mal in einer neuen Stadt von vorn anfangen? In einer neuen Firma, mit einem neuen Job? Ungewollt stellte sie sich vor, wie sie allein in einer neuen Wohnung saß und einen Stapel Speisekarten von Lieferdiensten studierte, ein leerer Abend, ein leeres Wochenende in entsetzlicher, bedauerlicher Einsamkeit vor sich.
    Sorgen, dachte Ellis, und wie. Das Wort »Sorgen« deckte nicht mal ansatzweise das ab, was sie momentan empfand.

10
    Erst als Maryns Magen knurrte, merkte sie, wie viel Hunger sie hatte. Sie hielt an der nächsten Einkaufsstraße, an der sie vorbeikam. Es gab ein Restaurant, das hieß The Picky Pelican . Dämlicher Name für einen Laden. Aber sie hatte wirklich riesengroßen Hunger.
    Und sie wollte unbedingt mit Adam sprechen. Ihrem einzigen Freund. Komisch, wenn man drüber nachdachte. Adam Kuykendall war der letzte Kandidat für einen besten Freund, den Maryn sich vorstellen konnte. Klein und untersetzt, schütteres blondes Haar, dazu eine Professorenbrille und ein dürftiges Kinnbärtchen. Dennoch hatten die beiden zusammengefunden, kaum dass Maryn bei Prescott & Partner angefangen hatte, einer mittelständischen Versicherungsfirma in Familienbesitz.
    Die anderen Frauen im Büro wollten nichts mit Maryn zu tun haben, sie warfen ihr tadelnde Seitenblicke zu, schlossen sie demonstrativ von ihren Mittagessen und Feierabendrunden aus. Die meisten waren älter, verheiratet und hatten Kinder, sogar Enkelkinder. Adam war der einzige männliche Kollege im gesamten Büro.
    Sie waren also beide Außenseiter. Zuerst hatte Maryn angenommen, Adam sei schwul. Aber er bot überraschend angenehme Gesellschaft, gleich in der ersten Woche im neuen Job hatte er Maryn mit seinen spitzen Kommentaren über die gehässigen Kolleginnen für sich gewonnen. Innerhalb kürzester Zeit hatten sie ihre eigenen Rituale entwickelt – das Mittagessen vom Italiener um die Ecke, Happy Hour am Freitagabend, sonntagvormittags Kino: Frauenfilme für Maryn, Horrorfilme für Adam.
    Bis vor achtzehn Monaten Don in ihr Leben getreten war. Und sich alles änderte.
    Maryn musste sofort mit Adam sprechen, musste ihn warnen: Don weiß Bescheid. Ich bin weg. Ich habe Angst. Angst, dass er mich sucht. Angst, dass er dich sucht. Sei vorsichtig. Ich bin abgehauen.
    Doch Adam würde warten müssen. Maryn gähnte, stieg aus dem Wagen, schloss ab und sah sich um. Beim Anblick eines schwarzen Geländewagens zuckte sie unwillkürlich zusammen, schalt sich aber genauso schnell dafür. Don fuhr einen Explorer, keinen Escalade. Don Shackleford wusste nicht, wo sie war. Noch nicht.
    Im Restaurant waren alle Tische besetzt. Nur ein Platz war frei, an der Theke, zwischen einem Mann, der wie ein Bauarbeiter aussah, und einer jungen Frau in Maryns Alter, die einen Sonnenbrand auf der Nase hatte und wirkte, als wäre sie gerade vom Strand gekommen.
    Es roch nach Hamburgern und Pommes Frites. Wieder knurrte Maryns Magen. Sie brauchte etwas zu essen, ein Bett, einen neuen Namen, eine neue Identität, ein neues Leben. Doch fürs Erste würde sie sich mit einem Sitz an der Theke des Picky Pelican begnügen müssen.

11
    Dorie saß an der Theke des Imbisses. Obwohl es schon fast zwei Uhr war, war der Laden noch gut besucht mit späten Gästen. »Bitte sehr, meine Liebe!« Die Kellnerin goss vorsichtig ein Schokoladenshake aus einem Edelstahlshaker in ein hohes geeistes Glas und stellte es auf einen geriffelten weißen Pappuntersetzer. »Moment«, sagte sie. Sie drehte sich kurz um und hielt dann ein Schälchen mit Schlagsahne in der einen und eine Maraschinokirsche in der anderen Hand. »So«, sagte sie und ließ die

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